Zum Jubiläumsheft Nr. 50

Liebe Leserin, lieber Leser,

das Jubiläumsheft Nummer 50 hatten wir uns ganz anders vorgestellt: eine Ausgabe mit dezent eingehauchten Weihrauch-Wölkchen und Beiträgen zur Eigendarstellung, mit einem ausführlichen Rückblick auf zwölf Jahre, fünfzig Quartalshefte und 21 Extrahefte von Lunapark21, mit ein paar Ideen zum „Wie weiter“ und einer kleinen öffentlichen Werbekampagne. So wurde dieses neue Heft vor einem Vierteljahr, in Heft 49, angekündigt. Und ein Dutzend Menschen bedachte uns auch mit finanzieller Unterstützung – ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle dafür.

Doch dann kam Corona. Und bei allen Menschen, so auch bei den Leuten im Lunapark21-Team, veränderte sich die Welt erheblich. Ausfall dutzender Veranstaltungen, Nachvollziehen von Begriffen wie „Faktor R“,„Mortalität“, „Letalität“, „Übersterblichkeit“; Übungen mit Skype, Zoom- und anderen Video-Konferenzen.Heftige neue Debatten rund um Corona & Krise. Die Anforderungen an das Heft mit der runden Nummer 50 erschienen uns nun ebenfalls andere zu sein.

Und so, wie sich im wirklichen Leben ein erheblicher Teil der Debatten um die Epidemie und dieneue soziale und Wirtschaftskrise dreht, so produzierten wir jetzt ein Lunapark21-Heft, in dem die Themen Corona, Kapital und Krise im Zentrum stehen.

Dennoch feiern wir uns auf vermittelte Art mit dieser Nr. 50 auch etwas selbst. Anstelle eines Heftes mit 64 Innenseiten hat dieses LP21-Heft 80 Seiten im Innenteil (wobei wir trotz dieser Seitenzahl-Erhöhung und wegen des alles überwölbenden Themas „Corona & Krise“ kaum ausreichend Platz für all die Beiträge fanden, die wir bringen wollten – und nicht den eigentlich eingeplanten Raum für großzügige Fotostrecken freiräumen konnten).

Während der „normale“ Lunapark im Schwarz-Weiß- Druck mit einer „Schmuckfarbe“, also einer zusätzlichen Farbe, gedruckt wird, leisten wir uns bei dieser Ausgabe durchgehend Vierfarbdruck. All das zu gleichbleibenden Preisen und ermöglicht durch die erwähnten Spenden.

Dabei sind wir natürlich gespannt, ob wir von diesem doch recht praktischen (z.B. im Fall von Grafiken) und schicken Vierfarbdruck-Design wieder herunter und zurück zur schlichteren Farbgebung kommen. Und wir lassen uns etwas feiern: Sieben Verlage, bei denen Bücher (in einem Fall: CDs) von Lunapark21-Autorinnen und Autoren erscheinen, sind mit Anzeigen im Heft vertreten. Von unserem Gestalter Joachim Römer gibt es eine LunArt-Seite (Seite 60); seine Arbeiten wurden in der Zeit, seit es LP21 gibt (und vielleicht auch etwas durch die Arbeiten mit LP21 inspiriert), in bislang vier Museen (in Bingen, Duisburg, Frankfurt/M. und Zons) gezeigt.

Auch wenn eine Bilanz zu „50 Ausgaben LP21“ in diesem Heft entfällt, so seien doch drei Dinge festgehalten:
1. Vom ursprünglichen LP21-Team sind mit Hannes Hofbauer, Bernd Köhler, Thomas Kuczynski, Gisela Notz, Joachim Römer, Gerold Schmidt und Winfried Wolf fast zwei Drittel noch im aktuellen Team aktiv und diese alle (eher zufällig) in diesem Heft mit Beiträgen vertreten. Ein knappes Dutzend neue Leute stieß zu diesem Team.
2. Wir haben die Abo-Preise in den gut zwölf Jahren LP21 nur zwei Mal erhöht; insgesamt nur um 18,2% (von 22 Euro auf 26 Euro beim Normalabo); die letzte Preiserhöhung liegt vier Jahre zurück (was jetzt nicht die Ankündigung einer baldigen Preiserhöhung sein soll!). Der Sozialabo-Tarif blieb seit LP21-Gründung und damit zwölf Jahre lang konstant (16 Euro beim Quartalsheft).
3. Der Untertitel „Zeitschrift zur Kritik der globalen Ökonomie“ wirkt mit der fünfzigsten Ausgabe auf bemerkenswerte Weise aktuell: Wir starteten im Frühjahr 2008 am Beginn der damaligen Finanzkrise mit der Cover-Adaption eines kanadischen Stromversorgers und der Schlagzeile „Vorsicht Konjunkturschlag! Von einstürzenden US-Neubauten zur weltweiten Rezession“.

Vier Dutzend Ausgaben lang verfolgten wir, wie sich „der Schwelbrand im Haus des Weltkapitals von Stockwerk zu Stockwerk ausbreitet.“ Wie dieser „Schwelbrand immer wieder an anderer Stelle aufflammt und es ständig neue Brandherde gibt. Wie die Feuerwehr des Kapitals die Flammen nur unzureichend austreten kann. Und wie gerade diese Feuerwehr-Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise oftmals einen ´zündenden Beitrag´ für die nächste Krise darstellen“ (Aus einem LP21-Flyer des Jahres 2016).

Und nun, mit Nr. 50, also Beiträge zur größten Weltwirtschaftskrise seit derjenigen von Anfang der 1930er Jahre.

Aufklärung durch Lektüre wünscht

Winfried Wolf · LP21-Chefredakteur

PS: Ab sofort gibt es für eine begrenzte Zeit bei einem Neuabo bzw. bei einem Geschenkabo Buch-Werbegeschenke unserer Autorinnen und Autoren Jürgen Bönig, Nikos Chilas, Georg Fülberth, Hannes Hofbauer, Bernhard Knierim, Bernd Köhler, Tomasz Konicz, Andrea Komlosy, Thomas Kuczynski, Gisela Notz, Werner Rügemer, Carl Waßmuth und Winfried Wolf. Siehe auch Seite 2 und www.lunapark21.net

LP21 Inhalt Heft 50

2 lunart Asphaltprotest

3 editorial

4 quartalslüge II/MMXX „Die Corona-Epidemie konnte in Deutschland so gut eingedämmt werden, weil der Abbau der Bettenkapazitäten hierzulande moderat war“

6 kolumne winfried wolf Eine neue Weltwirtschaftskrise wie in den 1930er-Jahren

corona-welt & corona-wirtschaft

8 Tomasz Konicz Die Corona-Krise wird zur Euro-Krise – Das 500-Milliarden-Euro-Hilfspaket

12 Gerold Schmidt Mexiko: Lockerungen auf dem Höhepunkt der Pandemie

13 Verena Kreilinger Indien: Lehrreiche Erfahrungen im Bundesstaat Kerala

15 Tomasz Konicz Zerbröselnde Mittelschicht – Der sozioökonomische Kollaps der USA

feminismus & ökonomie

17 Therese Wüthrich Wann, wenn nicht jetzt? Frauen wollen mitreden!

19 Carolina Hutmacher Schweiz: Feministische Entwicklungshilfe aus dem Süden

22 Ruth Becker & Eveline Linke: Corona & bedingungsloses Grundeinkommen: Krönung des Neoliberalismus?

historisch-kritisches wörterbuch des marxismus

24 Finanzkrise

26 Meldungen Finanzkrise

spezial >> kapitalistische krisen in den zeiten der pandemie

28 Hannes Hofbauer · Andrea Komlosy Corona-Panik: Schrittmacher einer kybernetischen Wende

33 Winfried Wolf Die Pandemie ist real – das Versagen der Regierenden ist global

38 Peter Clausing Feinstaub in Norditalien & Bioaerosole in den Fleischfabriken

40 Peter Clausing Neuer Feudalismus: Corona & die Gates-Stiftung

42 Gisela Notz Chancen oder Rollback-Gefahr? Neue Solidarität in pandemischen Zeiten

44 Gerhard Ruiss Kunst in „herausfordernden“ Zeiten

46 Jürgen Hahn-Schröder Uniklinik Gießen/Marburg: Rücknahme der Privatisierung – jetzt!

50 Verena Kreilinger · Winfried Wolf · Christian Zeller Krankenhäuser als Fabrik: Wie der Klinik-Sektor zu Profitcentern umgebaut wurde

52 Manfred Braasch · Martin Mosel Vollbremsung in der Luft

54 Erika Feyerabend Spuren im Körper – Der Krieg gegen das unsichtbare Virus. Aus den Corona-Alltagen von redaktion & autorenschaft

57 Hannes Hofbauer Ein Praxistest aus Wien Im Kampf gegen das Virus: Kurzarbeit

58 Therese Wüthrich Skizzen aus dem Leben mit Corona

59 Bernd Köhler Corona-Konzert, der 7.3.2020 & die Entschleunigung danach

60 Joachim Römer weitermachen

61 André Geicke Grundrecht auf staatliche Aktivität

61 Gisela Notz Wieder auf Liebe, Schnaps & Revolution am Tresen anstoßen

62 Volker Lösch Nach der Krise ist vor der Krise

63 Bernhard Knierim Plötzlich alles zu Hause – Familienleben im Corona-Lockdown

finanzsektor

64 André Geicke Blasenbildung: Die Finanzbranche als Klotz am Bein des Kapitalismus

200 jahre engels quartalsbericht 01/2020

68 Jürgen Bönig Industrie 1.0 und der schlesische Weberaufstand

der subjektive faktor

70 Burkhard Ilschner Mehr als Meer: Bilanz Aktionskonferenz Nordsee & von WATERKANT

ort & zeit

73 Christan Bunke Diamond Princess: Kreuzfahrtschiffe – globalisierte Kapitalismusminiaturen

geschichte & ökonomie

76 Thomas Kuczynski Die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise – einer historische Orientierung

geisterbahn

80 Jürgen Bönig Leistungsträger

Bild links: Tagebau Hambach im März 2020 Foto: J. Römer

Titel: Joachim Römer unter Verwendung eines Fotos von einem Graffiti aus dem Jahr 2011 · www.unterblicken.de