Care oder Computer

Wie das Sorge-Paradigma Frauen weiter aus wesentlichen Einflussbereichen heraushält

Es gibt keine Ausrede mehr. Welche sich in den Ländern des globalen Nordens als Frau definiert oder als solche gesehen wird, ist nicht mehr entlastet durch ihre Nähe zur Natur, zur materiellen Basis des Menschseins, die sie »unschuldig« bleiben lässt an den Zerstörungen der Technik, die mitzugestalten Frauen jahrhundertlang vorenthalten wurde.

Vor ziemlich genau 50 Jahren begannen Feministinnen in der Bundesrepublik das kostengünstige patriarchal-kapitalistische Reproduktions-Arrangement aufzukündigen, den umfassenden Gratis-Service – von Kinderproduktion über Koch- und Putzdienste bis zur Psycho-Betreuung und Sexarbeit. Sie wollten »die Welt aus den Angeln heben« und zumindest mal die Männerdomänen erobern, aus denen sie, mit Ausnahmen, sorgsam ferngehalten worden waren. Alsbald aber erwuchs aus der Erkenntnis, dass die Arbeiten am Menschen doch einen ganz besonderen Wert haben, ja dass sie fundamental für alles menschliche Handeln sind, eine feministische Theorierichtung mit einer ziemlich einseitigen Fixierung auf deren gesellschaftliche Anerkennung und Aufwertung.

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Und doch: Etwas Neues zum § 218

Nach den Ergebnissen der Kommission zu Schwangerschaftsabbruch und Leihmutterschaft liegt nun auch ein Gesetzentwurf vor.

»Die Strafbarkeit der Abtreibung ist zumindest in den ersten zwölf Wochen auch verfassungsmäßig nicht haltbar« – so lautet das Votum der von der Ampelkoalition Ende 2022 eingesetzten Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und zur Fortpflanzungsmedizin. Der Kommissionsbericht fiel also ganz zugunsten einer Liberalisierung aus, wie sie die Ampel in ihren Koalitionsvereinbarungen angeregt hatte. Doch Jubel blieb bei SPD, Grünen und FDP aus.

80 Prozent der Bevölkerung befürworten eine Liberalisierung oder Abschaffung des § 218. Doch Marco Buschmann (FDP) und  Karl Lauterbach (SPD), die Minister für Justiz und Gesundheit, gaben sich zurückhaltend. Man werde prüfen und nachdenken. Das hatte die Kommission gemacht, dazu Fachleute aus ärztlicher Praxis und Beratung angehört, NGOs konsultiert und gestritten, und ist am Ende einstimmig zu einem Ergebnis gekommen.

Das Gremium arbeitete in zwei Gruppen. Die erste sollte klären, ob und gegebenenfalls wie eine Regulierung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuchs erfolgen kann. Eine zweite Arbeitsgruppe hatte sich mit der Frage der Liberalisierung von Eizellspende und Leihmutterschaft zu befassen. Mitgearbeitet haben Juristinnen, Sozialwissenschaftlerinnen, Ethikerinnen und Medizinerinnen – 15 Frauen und 3 Männer, der eine Psychologe die beiden anderen Juristen.

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Und doch: Etwas Neues zum Paragraphen 218

[erscheint im Heft 63, vorab online]

Im April hat eine Kommission zu Schwangerschaftsabbruch und Leihmutterschaft ihre Ergebnisse vorgelegt

„Die Strafbarkeit der Abtreibung ist zumindest in den ersten zwölf Wochen auch verfassungsmäßig nicht haltbar“ – so lautet das einstimmige Votum der von der Ampelkoalition Ende 2022 eingesetzten Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und zur Fortpflanzungsmedizin. Der Kommissionsbericht fiel also ganz zugunsten einer Liberalisierung aus, wie sie die Ampel in ihren Koalitionsvereinbarungen angeregt hatte. Doch Jubel blieb bei SPD, Grünen und FDP aus.

80 Prozent der Bevölkerung befürworten eine Liberalisierung oder Abschaffung des § 218. Doch Marco Buschmann (FDP) und Karl Lauterbach (SPD), die Minister für Justiz und Gesundheit, gaben sich zurückhaltend. Man werde lesen, prüfen und nachdenken.

Genau das hat die Kommission ja nun über ein Jahr gemacht, dazu Fachleute aus der ärztlichen Praxis und der Beratung angehört, NGOs konsultiert und um die Sache gestritten, und ist am Ende einstimmig zu dem vorliegenden Ergebnis gekommen.

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Schön gesund – gesund schön

Weltweit boomt der Markt für Schönheits-OPs mit einem Umsatz von mehr als 100 Milliarden Dollar, während das Gesundheitswesen immer stärker verschlankt wird.

Was das eine mit dem anderen zu tun hat, könnte eine zu fragen geneigt sein. Kosmetische Korrekturen sind doch ein reines Privatvergnügen, nicht einmal ein besonderer Ausdruck kapitalistischer Auswüchse – allenfalls in der Mixtur von Machbarkeitsdenken und Selbstoptimierungsdruck.

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Bewusstsein und Verantwortung

Die Frauenfriedensbewegung im Kalten Krieg

In den letzten beiden Jahren treibt mich die Frage um, warum die Menschen aus der Geschichte nicht lernen. Warum haben sie aus den Erfahrungen der beiden großen Weltkriege mit den vielen Verlusten nichts gelernt? Warum herrscht – auch bei weiten Teilen der Feministinnen – die Ansicht vor, man könnte, indem man Bomben auf ein Land wirft, Konflikte lösen?

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Feministische Außenpolitik, ein netter Versuch

Bilanz des ersten Jahres

Eine Feminist Foreign Policy hat sich die deutsche Ampel-Regierung in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Nur eines der Zuckerle an die woke
Mittelstandswähler:innenschaft?

Die Überzeugung der Koalierenden scheint jedenfalls nicht von tiefem Verständnis getragen, was sich auch darin spiegelt, dass die bescheidenen fünf Zeilen, die dazu im Koalitionsvertrag stehen, mit den Schlagworten Recht, Repräsentanz, Ressourcen (3R) plus Diversität, bislang, wie aus der Website des Auswärtigen Amtes zu entnehmen ist, nicht mit Inhalt gefüllt sind. Das wiederum erklärt, warum die neue Regierung die ihr gleich bei Amtsantritt mit der russischen Aggression gegen die Ukraine gebotene Gelegenheit, eine solche Politik wenigstens ansatzweise umzusetzen, so gründlich vertan hat und stattdessen geschlossen auf die überwunden gehoffte archaische Auseinandersetzungsebene einstieg, die Putin vorgab und die nur eine Richtung kennt, die der Eskalation.

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Gleichstellung im Krieg

Stimmen zur Lage der Frauen in der Ukraine

„Zum ersten Mal führen wir den Ukrainischen Frauenkongress unter Kriegsbedingungen durch.“ Mit diesen Worten begrüßte eine der Initiatorinnen am 30. Juni 2022 die Teilnehmerinnen, die in großer Zahl online und die wenigen, die in einem kleinen Saal in Kiew anwesend waren.

Es war der sechste Ukrainische Frauenkongress, der seit 2017 jährlich mit Hunderten von Teilnehmerinnen stattfindet und es ging um die Rolle von Frauen im Krieg und nach „dem Sieg der Ukraine“, wie es in der Ankündigung hieß.*

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Von der (Un)Möglichkeit zu kapitulieren

Der Ukraine-Krieg und die fatale Wiederentdeckung des Heldentums

Putin hat die Ukraine angreifen lassen, und die ist Leidtragende des Überfalls – soweit die unzweifelhaften Fakten. Alles weitere ist Interpretation, und die erfolgt, mit wenigen, schnell beiseite gewischten Gegenstimmen wie dem Emma-Brief, bislang sehr tendenziös.

Das beginnt schon mit den für diesen Krieg gebrauchten emotionalisierenden Adjektiven: „verbrecherisch“ oder „völkerrechtswidrig“, „brutal“, derer es offenbar bedarf, um die öffentliche Stimmung zu vereindeutigen. Doch welcher Krieg wäre kein Verbrechen, welcher völkerrechtskonform? Dieser Krieg war nicht mal überraschend, Putin hat ihn mehr als deutlich angekündigt – was ihn auf gar keinen Fall rechtfertigt – und er ist so brutal wie all die vergangenen und die derzeit auch und schon länger wütenden Kriege dieser Welt, die sämtlich Menschen opfern und Menschen zu Verbrechern machen. Kein Krieg nimmt je Rücksicht auf die Zivilbevölkerung, und auch die Soldaten der angegriffenen Seite vergewaltigen. Oder ist ernsthaft anzunehmen, irgendwelche brutalisierten Frontsoldaten, irgendwelche Warlords oder Muslimbrüder hielten sich an die Genfer Konventionen oder sonstige internationale Vereinbarungen, die festlegen, wer sich legitimerweise gegenseitig umbringen darf? Diese dürftige Legitimierung der eigenen vorgeblich ehrenhaften Kriegführung! Und wer sich an die Anti-ABC-Waffen-Konventionen hält, tut es auch nicht unbedingt aus völkerrechtlichen Erwägungen.

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Sind wir alle aus der Zeit gefallen?

Kriegsgewalt und ihre Folgen

„Wenn uns zugemutet werden soll, auf unsere französischen Brüder zu schießen, so sagen wir: Nein, das tun wir nicht!“ Diese Worte sprach Rosa Luxemburg im Herbst 1913 während einer Rede in Frankfurt am Main. Die Worte waren ein Verbrechen, für das sie ein Jahr ins Gefängnis musste.

Rosa Luxemburg wusste, dass die große Masse der arbeitenden Männer und Frauen die Folgen der Kriege zu tragen haben. Unter ihnen würde es keine Kriegs-Gewinner:innen geben. Unzählige tote und verletzte Soldaten und Zivilpersonen, zerstörte Städte, Dörfer, Landschaften und Industrieanlagen würden der Preis für die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Ländern um Kolonien, Rohstoffe und Absatzmärkte sein. „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“, schrieben sich Sozialistinnen nach den beiden Weltkriegen auf die Fahnen.

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Reproduktions-Zwang

Großartig! Die neue Regierung will endlich die Zivilgesellschaft modernisieren und die längst gelebte Realität der Bürger:innen rechtlich untermauern.

Im Sinne der Freiheit zur Selbstdefinition und der Vielfalt anzuerkennender Lebenskonzepte sollen lesbische Paare nun endlich die doppelte Mutterschaft erhalten, „Verantwortungsgemeinschaften“ aller Art Rechte bekommen, die bislang nur nahen Verwandten, vorzugsweise Ehepaaren, zustehen, und Minderjährige dürfen sich ohne Zustimmung der Eltern „geschlechtsanpassend“ verstümmeln lassen, obwohl vielen der pubertierenden Mädchen, die derzeit verstärkt zu dieser Prozedur neigen, mehr mit einer wirklich geschlechtergerechten Politik geholfen wäre und sie vor der immer häufigeren Retransition bewahren würde. Während hier 14-Jährige vom „Leidensdruck der Zwangsberatungen“ entlastet werden, ist erwachsenen Frauen, und natürlich auch minderjährigen Schwangeren, gerade mal in Aussicht gestellt, sich endlich rechtssicher darüber informieren zu dürfen, wie sie eine ungewollte Schwangerschaft beenden könnten. Doch es ist noch immer kei n vordringliches Thema, dass sie über diese, ihr ganzes weiteres Leben bestimmende, Entscheidung allein befinden dürfen. „Eine Politik für Erwachsene, die wissen, was gut für sie ist“, wie sie die FDP proklamiert?

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