Immerath, RWE und das Sterben der Dörfer

Ein Rückblick auf Erlebnisse und Begegnungen am Tagebau

Als ich vor fünf Jahren am 
9. Januar während der Mittagspause den im Osten der Stadt Erkelenz gelegenen Ortsteil Immerath aufsuchte, drückte nach kaum mehr als einem Arbeitstag ein Bagger die Reste des zweiten Kirchturms ein.

Die mehreren Hundert Anwesenden in dem einst wunderschönen Ort werden die Bilder vom Abriss der alten Immerather Kirche im Januar 2018 sicherlich so wenig vergessen können wie ich. Mit vom Staub des in Rekordtempo zerstörten Kirchengebäudes bedeckten Schuhen fuhr ich zu meiner Arbeitsstelle zurück. Das Erlebnis sollte mich länger beschäftigen, als ich damals ahnte.

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Die Rückwärtsfalle

Warum in der Energiekrise die Frage nach der Transformation des Energiesektors entscheidend ist

Eigentlich wollte Robert Habeck Klimaschutzminister werden. Endlich das vereinen, was in der deutschen Politik traditionell im Konflikt miteinander zu stehen schien: Wirtschaft und Klima. Dem Bundesministerium für Wirtschaft verpasste er mit Amtseintritt ein großes K für Klimaschutz: BMWK.

Seine Berufung zum Wirtschafts- und Klimaschutzminister war jedoch keinesfalls als Abschied von der ressourcenfressenden Wachstumsideologie gedacht. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt sollte lediglich grüner werden. Mehr Tempo bei der Energiewende, ein beherztes Klimaschutzprogramm, deutliche Reduktion der Treibhausgas-Emissionen; das wurde von Minister Habeck erwartet. Das größte Hindernis schien zunächst der kleinere Koalitionspartner zu sein: die FDP, die Klimaschutz nur gut findet, solange er nicht die Komfortzone ihrer Klientel berührt.

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Deutschlands beste Böden

Fortgesetzte Zerstörung landwirtschaftlicher Flächen durch den rheinischen Braunkohle-Tagebau

Mit dem Auslaufen der Kohleförderung im rheinischen Tagebau steht die Renaturierung der zurückbleibenden gigantischen Gruben an. Der Groß-Betreiber RWE verspricht Agrarflächen und idyllische Seenlandschaften anzulegen. Doch die dazu nötigen Massen an Erde und Wasser übersteigen die Ressourcen. Der Region drohen langfristige Verwüstungen.

Im Westen Nordrhein-Westfalens liegt der Kreis Heinsberg, an dessen östlichem Rand das Gebiet der Stadt Erkelenz seit etwa zehn Jahren durch den in westliche Richtung vorrückenden Braunkohletagebau Garzweiler II abgetragen wird. Im Kreis Heinsberg betrug der Verlust an landwirtschaftlicher Fläche bis 2020 binnen fünf Jahren mehr als vier Prozent.

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Die Bla-bla-Klima-Konferenz in Glasgow

Vom drohenden Überschreiten roter Linien

Greta Thunberg, Galionsfigur der Fridays-for-Future-Bewegung, hat es in ihrer erfrischenden Art auf den Punkt gebracht. Die diesjährige UN-Klimakonferenz hat aus der Sicht der Klimaschützer, der besonders bedrohten Inselnationen und indigenen Gemeinschaften mal wieder herzlich wenig gebracht. Nichts als „Bla, bla, bla“ eben, wie Thunberg es Mitte November auf Twitter zusammenfasste.

Das ist aus der Sicht der Klimaschutzbewegung sicherlich richtig. Der Fortschritt ist in den nun bereits seit über 30 Jahren geführten Verhandlungen noch immer eine Schnecke. Die Erde erwärmt sich zusehends. Inzwischen ist klar, dass sich der Meeresspiegelanstieg beschleunigt und der letzte Bericht des UN-Klimarates, des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), hat unter anderem festgestellt, dass ein Meeresspiegelanstieg um bis zu zehn Meter bis zum Ende des Jahrhunderts möglich, wenn auch äußerst unwahrscheinlich ist.

Aber um einen Meter wird das Meer wohl auf jeden Fall steigen. Und dies im globalen Mittel. In einigen Regionen kann es auch etwas mehr sein, da sich Rotation und Schwerkraftfeld der Erde durch das Abtauen der Eismassen verändern. Besonders in den Tropen, dort wo viele flache Inselstaaten liegen, wird das Meer überdurchschnittlich steigen.

Doch werfen wir einen Blick in die Abschlusserklärung, um die hart gerungen wurde. Mehr als 24 Stunden wurden die Verhandlungen überzogen, solange wie selten zuvor bei ähnlicher Gelegenheit. Und derlei Konferenzen gab es schon viele. Bereits zum 26. Mal waren die Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention, 195 Staaten sowie die EU, zusammengekommen. Conference of Parties heißt das Spektakel, daher die Abkürzung COP26.

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Atompolitik unter Angela Merkel:

Atomkraft? Jein!

Als Angela Merkel 2005 ins Kanzleramt einzieht, ist die promovierte Physikerin bekennende Atomkraftbefürworterin und fest entschlossen, die von Rot-Grün 2000 beschlossene Einschränkung der AKW-Laufzeiten über kurz oder lang zu kippen. Doch in der Großen Koalition mit der SPD ist ein Zurück zur Atomkraft undenkbar. Merkels Chance auf eine andere Atompolitik kommt erst mit der zweiten Amtszeit.

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Atomkraft: Irrweg in der Klimakrise

In den Medien mehren sich die Stimmen, die angesichts der Klimakrise eine Renaissance der Atomkraft fordern. Mit Klimaschutz hat die neu aufgekeimte Atom-Debatte jedoch wenig zu tun.

Weil Atomkraftwerke im Betrieb kaum Treibhausgase erzeugen, sei Atomenergie klimafreundlich und für die Energieversorgung der Zukunft unverzichtbar, behauptet die internationale Atomlobby.

Dagegen konstatieren die „Scientists for Future“ in einer aktuellen Studie, „weder Kernspaltung noch Kernfusion“ seien „Optionen für eine klimafreundliche Energieversorgung Deutschlands“. Noch deutlicher wird der Klimaforscher Mojib Latif in einem Interview mit dem Deutschlandfunk: „Es ist Schwachsinn, weiterhin auf Atomkraft zu setzen.“ Die Frage, wie eine klimagerechte, nachhaltige und zukunftsfähige Energiestrategie aussähe, lässt sich nicht allein anhand des CO2-Kriteriums beantworten. Ebenso wenig bedeutet der Umstand, dass die nukleare Stromerzeugung deutlich weniger Treibhausgase verursacht als fossile Brennstoffe, dass Atomkraft klimafreundlich wäre. Denn in der Gesamtbetrachtung spielt auch die Konkurrenzsituation zu den Erneuerbaren Energien eine entscheidende Rolle.

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It´s the water, stupid!

Der Braunkohle-Tagebau hinterlässt Löcher gewaltigen Ausmaßes – deren Renaturierung hat ihre Tücken

Wer hat nicht gern als Kind im Sandkasten oder am Strand gespielt und Hügel, Burgen und Wassergräben erschaffen? Ob Bergrutsch oder Dammbruch, im Sandkasten gibt es eigentlich kein Problem, das sich nicht mit Schaufel und Eimer, ein wenig herbeigeholtem Wasser und Kreativität beheben ließe.

In Deutschland finden sich drei derart große Sandkisten, dass man sie auf Google Maps schon in der Gesamtansicht der Bundesrepublik erkennen kann: die Braunkohlereviere im Rheinland, in Mitteldeutschland und in der Lausitz. In den vergangenen 70 Jahren ist in diesen Revieren eine Fläche von rund 1800 Quadratkilometern in einer Tiefe bis zu 400 Metern umgepflügt worden, und mehr als 100.000 Menschen mussten vor der Zerstörung ihrer Heimatorte umgesiedelt werden.

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Nachhaltig sind nur die Umweltschäden

300 Jahre Braunkohleabbau im Rheinland

„Zögert man die Entscheidungen so lange hinaus, bis sich die Probleme verschlimmert haben, so wird sich der Spielraum für wirkungsvolles Handeln drastisch verringern“, lautete das Resümee einer Studie zum Zustand der Erde, die der Präsident der Vereinigten Staaten in Auftrag gegeben hatte. Der Präsident hieß Jimmy Carter, und die Studie „Global 2000“ wurde ihm im Oktober 1980 vorgelegt. 35 Jahre später unterzeichneten in der Folge der Pariser Klimakonferenz mehr als 190 Staaten ein Maßnahmenpaket, das als Einstieg in eine weltweite Umweltpolitik verstanden werden kann. In diesem Jahr erleben wir seit der Ausbreitung des Corona-Virus, zu welch drastischen Maßnahmen die Politik bereit ist, wenn unmittelbare Gefahr droht.

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Zahlen und „Hotspots“ bei Covid-19

Feinstaub in Norditalien und Bioaerosole in den Fleischfabriken

Selten beherrschten Zahlen so heftig und anhaltend die Medien wie in den letzten Wochen und Monaten. Zahlen suggerieren Transparenz und Exaktheit. Doch Transparenz beschränkt sich nicht darauf, dass man Zahlen nennt, sondern es erfordert auch, dass erläutert wird, wie sie entstehen und was sie bedeuten. Fehlende Transparenz ermöglicht, unliebsame Zusammenhänge auszublenden, stiftet Verwirrung und bietet Verschwörungstheorien einen Nährboden.

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(capitalist) system change – not climate change!

Am 27. September und am 29. November, den Tagen weltweiter Aktivitäten gegen die drohende Klimakatastrophe – gingen Hunderttausende – überwiegend sehr junge – Menschen auf die Straßen und Plätze. Sie demonstrierten unter der gemeinsamen Losung „System change not climate change“. Einen Auftakt bildete die Rede von Greta Thunberg in New York am 23. September vor den Vereinten Nationen (siehe Seite 34). Thunberg dürfte – nach dem Redaktionsschluss dieser LP21-Ausgabe – auch auf der Weltklimakonferenz, die kurzfristig von Chile nach Madrid verlegt wurde, sprechen.

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