Die Politik hat den Ernst der Lage nicht begriffen

Gemeinsame Erklärung von Wissenschaftlern, Autoren, Politikern, Klimaaktivisten und Bürgerrechtlern zur gewaltsamen Räumung von Lützerath

Schon die ersten Tage des Jahres erinnerten uns daran, dass 2023 viel auf dem Spiel steht. Bei sommerlichen Temperaturen zu Silvester und einem bisher etwa 10 Grad zu warmen Januar hat jeder empfindende und denkende Mensch mittlerweile das mulmige Gefühl, dass wir ganz bestimmt keine 20 Jahre Zeit mehr haben um die Klimakatastrophe noch zu verhindern.
Doch die Stimmen des fossilen „Weiter so!“ sind noch viel zu laut in der Gesellschaft und die Macht der Fossillobby scheint ungebrochen.

Es macht uns fassungslos, dass sich die Politik entgegen der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Klimakatastrophe für die Zerstörung des Dorfes Lützerath und weitere Braunkohleverstromung entschieden hat. Lützerath ist ein Beleg dafür, wie wenig ernst die Politik den Klimaschutz und ihre eigenen Gesetze nimmt.

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The Turn of the Screw

Künstliche Intelligenz – ein fortschrittliches Werkzeug im Arsenal der Ausbeutungstechniken

„Künstliche Intelligenz ist eines der wichtigsten Dinge, an denen Menschen arbeiten. Ihre Bedeutung ist grundlegender als Elektrizität oder das Feuer“, so Google-Chef Sundar Pichai 2018 auf einer Veranstaltung in San Francisco. Und Microsoft-Chef Satya Nadella: „Künstliche Intelligenz ist nicht einfach nur eine weitere Technologie, es könnte eine der wirklich grundlegenden Technologien sein, die Menschen jemals entwickelt haben.“

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Streiks gegen Waffenlieferungen in Genua

Interview mit José Nivoi

José Nivoi ist Mitglied der Gewerkschaft Unione Sindicale di Base und Sprecher des autonomen Hafenarbeiterkollektivs CALP in Genua.

Wie haben Sie herausgefunden, dass über den Hafen von Genua Waffen verschifft werden? Und wohin sollte das Kriegsgerät gebracht werden?

Aus einer Zeitschrift erfuhren wir 2019, dass aus Le Havre ein Schiff mit Waffen in Genua einlaufen würde. Es sollte in den Jemen weiterfahren. Wir haben uns zum Streik entschieden. Seitdem haben wir viermal Waffentransporte blockiert. Als nächstes sollten Waffen über Genua und den türkischen Hafen Iskenderun nach Syrien gebracht werden. Unsere dritte Blockade richtete sich gegen eine Waffenlieferung in die Kaschmir-Region. Der vorerst letzte Versuch einer Blockade fand im Mai 2021 statt. Wir haben eher zufällig erfahren, dass wieder Waffen über unseren Hafen verladen würden, und dass Israel Raketen erhalten sollte. Zeitgleich fand die israelische Offensive „Operation Guardian of the Walls“ im Gaza-
streifen statt. Wir haben landesweit mobilisiert. Die Häfen von Neapel und Livorno haben sich uns unter dem Motto „Stoppt die Waffenlieferung nach Israel“ angeschlossen. Das waren die Höhepunkte unseres Kampfes.

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Ausgeblättert

Streik an NRW-Unikliniken (1)

Seit dem 4. Mai streiken Beschäftigte der sechs Unikliniken in NRW für einen Tarifvertrag Entlastung (TVE), der die Qualität der Pflege und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen ermöglichen soll. 98,31 Prozent der ver.di-Mitglieder hatten für den Streik gestimmt. Die Stimmung bei den Streikposten soll kämpferisch sein. Das Land NRW und die Unikliniken haben sich bisher kaum bewegt. Erst nach zwei Wochen Streik begannen die ersten Verhandlungen. In den Medien taucht der Streik kaum auf, die meisten Menschen haben nicht mitbekommen, was an den Unikliniken passiert.

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Obdachlosigkeit – strukturelle Gewalt in einem reichen Land

Obdachlosigkeit ist neben dem (Ver-)Hungern, (Ver-)Dursten, dem (Er-)Frieren und dem Fehlen einer medizinischen Grundversorgung die krasseste Form der Armut, wobei die genannten Leidenszustände von Menschen oft miteinander verbunden sind. Entgegen dem vorherrschenden Armutsbild gibt es diese existenzielle Not nicht bloß in den Entwicklungsländern des globalen Südens, sondern auch in der Bundesrepublik. Menschen, die in einem so reichen Land keine Wohnung haben und obdachlos werden, sind „struktureller Gewalt“ (Johan Galtung) ausgeliefert.

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Leistung, Kapital, Staat und Kommunalpolitik

Biontech basiert auf öffentlichen Geldern und bewirkt die Senkung von öffentlichen Einnahmen aus Kapitalerträgen

In der vorigen Lunapark21-Ausgabe besprach Jürgen Bönig das Sachbuch „Projekt Lightspeed“, das der Journalist Joe Miller zusammen mit Özlem Türeci und Ugur Sahin verfasst hat. Wer es liest, wird voller Bewunderung für die wissenschaftliche und unternehmerische Leistung eines Forscher-Ehepaars sein, das 2020 sehr schnell einen Impfstoff gegen das Covid-19-Virus entwickelt hat.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Johannes Vogel befindet, die Erfolgsgeschichte von Biontech „zeige auf, wie wir als Land sein könnten.“ Er folgt der liberalistischen Doktrin für die Lösung aller gesellschaftlichen Probleme: Hightech, forciert durch geniale große Einzelne und findige Ingenieure plus Marktwirtschaft. Diese Erzählung soll im Folgenden geprüft werden.

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… und jetzt wird enteignet?

Interview mit Rouzbeh Taheri

Zum erfolgreichen Berliner Volksentscheid ein Interview mit Rouzbeh Taheri, dem Sprecher der Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“, die den Volksentscheid parallel zur Bundestagswahl und zur Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 26. September organisiert hat. Knapp 60 Prozent und über eine Million Berlinerinnen und Berliner votierten für eine Enteignung.

Am 26. September gab es ja auf Bundesebene wenig ermutigende Ergebnisse für diejenigen, die fortschrittliche Politik machen wollen. Ganz anders sah das in Berlin aus. Dein Kommentar dazu war: „Die Berlinerinnen und Berliner haben heute Geschichte geschrieben. Zum ersten Mal in Deutschland haben sie für die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne gestritten.“ Warum „Geschichte“? Und: Tickt Berlin anders als der Rest des Landes?

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Stimmen mit Gewicht

Vonovia übernimmt Deutsche Wohnen

Von ein paar Hedgefonds lässt sich die Nummer Eins nicht ihre Strategie diktieren. Vonovia, der größte börsennotierte Wohnungskonzern der Bundesrepublik, hatte Ende Mai 2021 ein Übernahmeangebot für die Nummer zwei, die Deutsche Wohnen, vorgelegt. Zwei Monate später musste der Vorstand einräumen, dass die angestrebte Mehrheit knapp verfehlt wurde. Doch das war kein Grund aufzugeben. Anfang August folgte ein leicht aufgebessertes Angebot an die Aktionäre des Konkurrenten: Statt 18 waren es nunmehr 19 Milliarden Euro, die auf dem Tisch lagen. Und Mitte September erklärte der Vonovia-Vorstand, dass er den Kampf auf jeden Fall gewinnen will: Die Mindestannahmeschwelle wurde aus dem Übernahmeangebot gestrichen, als größter Aktionär werde man die Deutsche Wohnen (DW) auch mit einem Anteil von weniger als 50 Prozent in den Griff kriegen. Die Botschaft kam an, auch die letzten Hedgefonds sahen es ein und verkauften. Anfang Oktober lag der Anteil der Vonovia an der DW bei 60, Ende Oktober bei knapp 90 Prozent. Es gibt an den Finanzmärkten auch wankelmütige Aktionäre, die sich nur von kurzfristigen Überlegungen leiten lassen. Es gibt aber daneben kapitalkräftige Investoren, die zu langfristigen Planungen und ihrer Umsetzung in der Lage sind. Ihre Stimmen haben Gewicht. Vonovia und ihre Großaktionäre, der Vermögensverwalter Blackrock und der Norwegische Staatsfonds, gehören dazu.

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Bürokratieabbau, endlich

Ein- und Ausreise polnischer Pflegekräfte während der Pandemie

500 Euro die Woche, Kost und Logis frei, und ein freier Tag pro Woche. Was hätten wir nur ohne Milena und Aneta gemacht? In ein Heim wollte meine Mutter nicht, aber mit über 90 Jahren brauchte sie Hilfe, bei allem.

Die Damen aus Polen, beide Ende Fünfzig, ihre Kinder erwachsen und aus dem Haus, wechselten einander im Rhythmus von fünf oder sechs Wochen in der Betreuung ab.

Sie besorgten den Haushalt, kauften ein, bereiteten die Mahlzeiten –
Milena ist eine exzellente Köchin –
machten die Wäsche und halfen meiner Mutter beim Waschen, beim Anziehen und schoben sie im Rollstuhl auf Spazierfahrt. Und waren liebevolle, großartige Gesellschafterinnen.

Im Souterrain des Bungalow hatten sie ihr Zimmer und schliefen offenbar mit aufgerichtetem Ohr und waren zur Stelle, wenn ihre Patientin nachts zur Toilette tappte.

Und dann war Pandemie. Mitte März 2020 verkündete Innenminister Seehofer, die Grenze sei dicht. Wer weder Bundesbürger sei noch als Ausländer dauerhaft in Deutschland lebe, dürfe nur noch aus „triftigem Grund“ einreisen – etwa als Berufspendler.

Milena war in Polen und sollte Aneta in zwei Wochen ablösen. Was war zu tun?

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Die GDL hat ihre Versprechen erfüllt

Sieg bei scharfem Gegenwind

Der Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) lieferte in den letzten Monaten den Stoff für zahlreiche Schlagzeilen. Der Tenor war meist gegen ihn gerichtet. Nun gibt es eine Einigung, bei der die GDL ihre Kernforderungen durchsetzen konnte. Über einen Arbeitskampf, der zeigt, dass sich zu kämpfen lohnt.

Neun Monate haben die Tarifverhandlungen zwischen GDL und Bahn AG gedauert. Jede Tarifverhandlung endet mit einem Kompromiss, selten kann eine Seite alle Forderungen durchsetzen. Immer geht es um einen Interessengegensatz zwischen den Forderungen des Unternehmens und denen der Beschäftigten. Bis vor wenigen Wochen war noch offen, wie dieser Konflikt ausgeht und alles andere als eine routinierte Tarifrunde, wie man sie aus anderen Branchen kennt. Besonders waren die mediale Begleitung und die notwendige Härte, mit der das Ergebnis vor dem Hintergrund des Tarifeinheitsgesetzes errungen wurde.

Der GDL ist es gelungen, keine Versprechen zu brechen. Drei hatte GDL-Vorsitzender Claus Weselsky formuliert: keine Nullrunde für die Beschäftigten, Ausweitung des Geltungsbereichs auf andere Beschäftigtengruppen und Sicherung der betrieblichen Altersvorsorge. In allen konnte die Gewerkschaft punkten. Wie ist es also dazu gekommen?

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