Die GDL hat ihre Versprechen erfüllt

Sieg bei scharfem Gegenwind

Der Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) lieferte in den letzten Monaten den Stoff für zahlreiche Schlagzeilen. Der Tenor war meist gegen ihn gerichtet. Nun gibt es eine Einigung, bei der die GDL ihre Kernforderungen durchsetzen konnte. Über einen Arbeitskampf, der zeigt, dass sich zu kämpfen lohnt.

Neun Monate haben die Tarifverhandlungen zwischen GDL und Bahn AG gedauert. Jede Tarifverhandlung endet mit einem Kompromiss, selten kann eine Seite alle Forderungen durchsetzen. Immer geht es um einen Interessengegensatz zwischen den Forderungen des Unternehmens und denen der Beschäftigten. Bis vor wenigen Wochen war noch offen, wie dieser Konflikt ausgeht und alles andere als eine routinierte Tarifrunde, wie man sie aus anderen Branchen kennt. Besonders waren die mediale Begleitung und die notwendige Härte, mit der das Ergebnis vor dem Hintergrund des Tarifeinheitsgesetzes errungen wurde.

Der GDL ist es gelungen, keine Versprechen zu brechen. Drei hatte GDL-Vorsitzender Claus Weselsky formuliert: keine Nullrunde für die Beschäftigten, Ausweitung des Geltungsbereichs auf andere Beschäftigtengruppen und Sicherung der betrieblichen Altersvorsorge. In allen konnte die Gewerkschaft punkten. Wie ist es also dazu gekommen?

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Der Spargel ist sicher

Das Elend der Erntehilfskräfte in Deutschland wurde verlängert

Homeoffice und Maskenpflicht – und dann auch noch keinen Spargel? Aber soweit ließ es Julia Klöckner nicht kommen.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat ihn gerettet – wie bereits im Jahr zuvor drohte Ausfall wegen der Pandemie, denn die verlässlichen Hilfskräfte hätten möglicherweise nicht einreisen können oder in Quarantäne gemusst – da reichte die Ministerin die rettende Hand und ließ den Bundestag per Gesetz die Aufenthaltsdauer von Saisonarbeitskräften für deren kurzfristige Beschäftigung von 90 auf 102 Tage verlängern.

Alles wieder gut? Kein Ernteausfall wegen fehlender Erntekräfte und Corona-Erkrankungen? Kein Gestümper mehr mit Schülerinnen und Schülern, Studierenden und Langzeiterwerbslosen, die für die erfahrenen, aber verhinderten ausländischen Kräfte einspringen und nach wenigen Tagen aufgeben – weil die Arbeit zu schwer und zu schlecht bezahlt ist?

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Meldungen: Deutsche Bahn und GDL

Die Auseinandersetzung zwischen Deutsche Bahn AG und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) spitzte sich im gesamten ersten Halbjahr 2021 zu. Dabei fährt der Bahnkonzern einen konfrontativen Kurs, in dem er vom Eigentümer Bund, also seitens der Bundesregierung und CDU/CSU und SPD, unterstützt wird. Die materiellen Forderungen der GDL lauten Mitte Juni: Entgelterhöhung von 3,2 Prozent und eine Corona-Beihilfe von 600 Euro wie im Abschluss 2020 im öffentlichen Dienst vereinbart. Die DB will stattdessen den 1,2-Prozent-Abschluss, den sie im Herbst 2020 mit der DGB-Gewerkschaft EVG tätigte, auf die GDL übertragen. Das jedoch würde einen Reallohnverlust zur Folge haben. Als Antwort erklärte die GDL das Scheitern der Verhandlungen und kündigte Streiks an.

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Zum Tod von Baha Targün

Ein Nachruf auf den Sprecher der Streikleitung des Ford Streiks 1973

Der Streik bei Ford in Köln im August 1973 war ein tiefer Einschnitt in der Geschichte der Arbeiterbewegung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg – der Arbeiterbewegung in Deutschland, nicht der „deutschen Arbeiterbewegung…“ Der Ford-Streik markierte als Teil der breiten Streikbewegung von Mai bis Oktober 1973 das Ende einer Zeit relativen „Klassenfriedens“. Die Periode des oft und gerne verklärten „Wirtschaftswunders“ war endgültig vorbei.

An den „wilden“ – nicht von den Gewerkschaften geführten – Streiks im Sommer 1973 beteiligten sich 300.000 Arbeiterinnen und Arbeiter. Betriebe, in denen die Belegschaften aufbegehrten, waren unter anderem John Deere in Mannheim, die Klöckner-Hütte Bremen, die Hella-Werke Lippstadt, Pierburg in Neuss, AEG-Küppersbusch in Gelsenkirchen, Opel in Bochum, Philips/Valvo in Bremen, Rheinstahl in Bielefeld/Duisburg und Buderus in Lolla/Hessen.

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Nuit de la honte

welt & bilder

Die Nacht der Schande

Neuneinhalb Meter misst die bronzene Marianne und überblickt von ihrer Säule die Place de la République. Zu ihren Füßen sitzen in Stein gemeißelt die Liberté, die Egalité und die Fraternité. In die Obhut dieser Gigantinnen, die die Errungenschaften der Französischen Revolution verkörpern, hatten sich am 23. November etwa 450 Migrantinnen und Migranten geflüchtet, mit Zelten, Schlafsäcken und Decken, nachdem sie ein paar Tage zuvor aus ihrem Camp im Pariser Vorort vertrieben worden waren. Hier, im Zentrum der Hauptstadt wollten sie auf ihre Situation aufmerksam machen. Doch die Demonstration war nur von kurzer Dauer.

Am Abend fährt die Gendarmerie mit starken Kräften in Kampfmontur auf, um den Platz zu räumen. Die Polizisten bilden Ketten und dringen mit Schild und Schlagstock in die Menge ein. Sie reißen die Zelte fort, vertreiben Männer, Frauen, Kinder und gehen mit gleicher Härte gegen Angehörige von Presse und Flüchtlingsorganisationen vor, bis Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit schließlich allein auf dem Platz verbleiben.

Die Gendarmen verfolgen die Flüchtenden, setzen Tränengas ein und liefern Bilder, die der Innenminister tags darauf als schockierend bezeichnet. Anderntags beschließt die Nationalversammlung, die Veröffentlichung von Aufnahmen, die geeignet sind, Ordnungskräfte in „ihrer physischen oder psychischen Integrität“ zu beeinträchtigen, zu verbieten. Das schien nun aber zuviel des Bösen und alsbald verkündete die Regierung, das Gesetz sei neu zu formulieren.

Fotos: Anne Paq (siehe Seite 74).

Schuldenbremse und „Schwarze Null“

Wem sie nützten und wer sie begründete

Die Festlegung, öffentliche Schulden dürften den Wert von 60 Prozent des Bruttoinlandprodukts nicht überschreiten, ist in der EU in der Krise über Bord geworfen worden. Vergleichbares erfolgte für die in Deutschland beschlossene, nochmals schärfere Regel einer „Schwarzen Null“, wonach Einnahmen und Ausgaben grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. Doch die Aufgabe dieser Schuldenbremsen erfolgt nur auf Zeit – verbunden mit der Verpflichtung zur baldigen Rückführung der Staatsschuld. Diese Regelungen können und sollten verschwinden – denn es handelte sich von Beginn an nicht um wissenschaftlich gestützte Erkenntnisse, sondern um Zahlen-Märchen mit dem Ziel, bisheriges Eigentum und Aufgabengebiete des Staates der privaten Verwertung zugänglich zu machen.

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„Betriebsräte zetteln keine Revolution an“

100 Jahre Betriebsrätegesetz

Der Düsseldorfer „Industriekurier“ schrieb 1968: „Die Demokratisierung der Wirtschaft ist so unsinnig wie eine Demokratisierung der Schulen, der Kasernen und der Zuchthäuser“. Für Ludwig Erhard waren Mitbestimmung und eine „Demokratisierung der Wirtschaft“ Teufelswerk, das den „Schutz und die Verfügung über Eigentum entgegen den moralischen und rechtlichen Normen der gesitteten Welt in Frage“ stellt. Der gegenwärtige Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, beschreibt in einem FAZ-Interview Anfang 2020 seine Sicht auf 100 Jahre Betriebsverfassungsgesetz wie folgt: „Betriebsräte waren und sind für uns keine Einrichtungen zum Anzetteln einer Revolution. […] Für viele Unternehmen heute lässt sich sagen, dass auch sie Betriebsräte als Errungenschaft ansehen – auch im Hinblick auf ihre eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. […] Das geht nicht immer konfliktfrei. Aber dafür gibt es e in geregeltes Verfahren des Interessenausgleichs. Dass es trotzdem noch immer Unternehmer gibt, die in Betriebsräten einen Angriff auf ihre Dispositionsfreiheit sehen, ist völlig unverständlich“.

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Der AWO-Skandal und die Ökonomisierung des Sozialen

Die Affäre kam für die Arbeiterwohlfahrt zur Unzeit. Gerade erst hatte der Wohlfahrtsverband mit etwas Pomp und viel Pathos sein hundertjähriges Bestehen gefeiert, da erschütterte ihn ein Skandal bislang ungekannten Ausmaßes. Anlass waren Berichte über die Ehefrau des Frankfurter SPD-Oberbürgermeisters Peter Feldmann, die als Leiterin einer AWO-Kita ein ungewöhnlich hohes Gehalt bezogen und einen Dienstwagen gestellt bekommen hatte – was bei einer Kita-Leitung nicht gerade üblich ist. Der OB selbst steht in Verdacht, als ehemaliger AWO-Mitarbeiter Einfluss genommen zu haben.

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Aufruf der Initiative für ein egalitäres Europa

Soforthilfe für die von der Corona-Pandemie besonders betroffenen Gesellschaften und Mitgliedsländer der Europäischen Union!

Hier kann der Aufruf online unterzeichnet werden.

6.4.2020

In Italien, Spanien und Frankreich sind mehrere zehntausend Menschen schwer am Corona-Virus erkrankt. Ihr Überleben ist von einer gut ausgestatteten Krankenhausversorgung mit ausreichenden intensivmedizinischen Einrichtungen abhängig.

Das Gesundheits- und Krankenhauswesen dieser Länder wurde während und nach der Euro-Krise massiv eingeschränkt. Es ist infolgedessen nicht mehr in der Lage, diesen schwer erkrankten Menschen angemessen beizustehen.

Wir fordern deshalb die leitenden Instanzen der Europäischen Union, der Eurozone und die Regierungen ihrer weniger betroffenen Länder Deutschland, Niederlande und Österreich sowie des De Facto-Mitgliedslands Schweiz auf, diesen Menschen und dem um ihr Überleben kämpfenden Beschäftigten der italienischen, spanischen und französischen Krankenhäuser beizustehen.

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„Wohnen müsste Menschenrecht sein!“

BLOCK 5: WIDERSTAND

Lucy Redler in der Sendung „Hart aber Fair“ vom 11. März 2019 – Auszüge

Frank Plasberg [FP]: Frau Redler: Was unterscheidet für Sie eine Wohnung von einem normalen Konsumartikel, von einem normalen Teil des Wirtschaftskreislaufs, wo Angebot und Nachfrage sich regeln und der Preis entweder hoch oder runter geht?

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