„Green Jobs“ müssen auch „good jobs“ sein

Grußwort der DGB-Regionalgeschäftsführerin Julia Friedrich zur Konferenz „Klimabahn“

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich darf Sie und Euch hier in unserem – wie ich finde – wunderschönen Willi-Bleicher-Haus begrüßen! Dass Sie ihre Klimabahn-Konferenz in die vermeintliche Autostadt Stuttgart legen und dazu noch in das Gewerkschaftshaus, das sind zwei willkommene und schöne Signale in die Öffentlichkeit. Und es legt die Komplexität des Themas offen: Während wir auf der einen Seite für eine Stärkung der Schiene und des ÖPNV – wie auch des Rad- und Fußverkehrs – und eine Steigerung der Lebensqualität jenseits zugeparkter Innenstädte streiten, steht der Stuttgarter Bahnhof als Mahnung, dass allein Geld in das System zu pumpen, uns in Sachen Mobilitätswende nicht weiter bringt.

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Bahn-Misere erfordert enge Zusammenarbeit der Bahn-Initiativen

Bericht zur Stuttgarter Konferenz „Klimabahn statt Betonbahn“

Die ersten Ideen für eine „Klimabahn-Konferenz“ gab es bereits im November 2021, damals noch im Rahmen des Bündnisses „Bahn für Alle“. Ursprünglich war daran gedacht, eine solche Konferenz mit der 600. Montags-Demo gegen Stuttgart 21 zu verbinden. Daraus wurde dann nichts – weil diese „Nr. 600“ bereits im Februar war und die Vorbereitungen für die Konferenz sich viel länger hinzogen.

Parallel zu den Diskussionen über eine solche Konferenz kam es zu Versuchen, die Arbeit verschiedener bestehender „Pro-Schiene“-Bürgerinitiativen zu vernetzen. Ausgangspunkt war da zunächst einerseits der Süden der Republik. Daraus erwuchs, nach zahlreichen „Zoom“-Treffen, das Bündnis ABBD – Aktionsbündnis Bahn Bürgerinitiativen Deutschland. Es wurde offiziell im März 2022 gegründet. Inzwischen gibt es eine Website und gemeinsame Ziele und Vorhaben. Und es gab, vom Norden – von Prellbock Altona – ausgehend – erste engere Kontakte zum Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21. So nahm der Gedanke einer Klimabahn-Konferenz im Januar 2022 konkrete Umrisse an.

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Editorial zum LP21-Extra

Liebe Leserin, lieber Leser,

am Wochenende, 14. und 15. Mai 2022, fand in Stuttgart eine Konferenz zum Thema „Klimabahn“ statt. Ort war das DGB-Haus, dort der große Saal, der tatsächlich auch weitgehend gefüllt werde konnte. Die Auswahl des Themas und die Stadt sind zu erklären. Zu Letzterem: Stuttgart 21 ist mit einem Umfang von mehr als 10 Milliarden Euro weiterhin das größte Infrastrukturprojekt in Deutschland überhaupt – und zugleich dasjenige, das den Bahnverkehr am deutlichsten schwächt. In weiten Teilen des Landes geht – vor allem aufgrund des medialen Boykotts – die Mär um, Stuttgart 21 sei längst gebaut. Oder eben so gut wie fertiggestellt. Das ist nicht der Fall. Aktuell behauptet der Konzern Deutsche Bahn AG, eine Inbetriebnahme erfolge Ende 2025. Realistisch dürfte 2028 sein. Wobei es längst neue „Ergänzungsbauten“ gibt, die auch seitens der baden-württembergischen Landesregierung als notwendig erachtet werden, und deren Fertigerstellung frühestens 2035 vorstellbar ist. Vor allem gilt – und das wird bundesweit viel zu wenig beachtet: Es gibt weiter einen lebendigen Widerstand gegen Stuttgart 21. Mit Demonstrationen seit zwölf Jahren an jedem Montag. Am 26. September 2022 gab es die 630. Montagsdemo. Und es gibt die Mahnwache gegenüber dem Stuttgarter Hauptbahnhof, die dort ebenfalls seit zwölf Jahren präsent ist. Über den Stand bei S21 und den Widerstand gegen das Monstrum S21 wird in diesem Heft berichtet.

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Die Bahn-Misere als Teil des Klimanotstands und die Notwendigkeit einer Klimabahn

Zwölf Ebenen des Versagens von Politik und Bahn – Zwölf Ebenen der Konkretion der Klimabahn

Vorab: Wir gehen davon aus, dass die verschiedenen Formen von Schienenverkehr (mit Tram, S-Bahn und Eisenbahn) unter den motorisierten Verkehrsarten am ehesten den Anforderungen einer klimagerechten Verkehrspolitik gerecht werden. Das heißt, dass diese Schienenverkehre mit relativ wenigen CO2-Emissionen verbunden sind. Davon unbenommen ist:

• Der beste Verkehr ist derjenige, der nicht stattfindet; der vermieden wird. Vermiedener oder deutlich reduzierter Verkehr bedeuten, dass damit CO2-Emissionen direkt reduziert werden.

• Die zweitbesten Verkehrsarten sind die nichtmotorisierten: Zufußgehen und Radfahen. Damit sind so gut wie keine CO2-Emissionen verbunden.

• Ideal ist sodann bike & ride; die Verbindung von Rad und öffentlichen Verkehrsmitteln.

Jenseits allen Engagements für die Schiene treten wir also für eine umfassende und grundsätzliche Verkehrs- und Mobilitätswende ein, die auch eine entsprechende „Strukturpolitik der kurzen Wege“ erfordert.

Nach dieser notwendigen Vorrede konkret zu den zwölf Ebenen einer KlimaBahn.

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Die Klimabahn und Lobbystrukturen im Verkehrssektor

Gesetze um den ständigen Geldfluss für den Bau von Fernstraßen sicherzustellen

Ausgangssituation

Man braucht kein Verkehrsexperte zu sein, um die elementaren Unterschiede zwischen den Verkehrsträgern Fußgänger, Radverkehr, Eisenbahn- und Autoverkehr zu kennen: Für den gleichen Zweck sind Boden- und Energieverbrauch von F, R und Eisenbahnen um Größenordnungen kleiner als für den Autoverkehr – und damit auch die Auswirkungen auf das Klima. Das gleiche gilt auch für die Unfall- und Tötungsrisiken.

Weniger bekannt ist der für eine verantwortungsbewusste staatliche Planung und Regelung wesentliche Unterschied zwischen dem geschlossenen System Eisenbahn mit dem kontrollierten Zugang und der weitgehend geschlossenen Verantwortungskette und dem offenen System Autoverkehr mit unkontrolliertem räumlichen Zugang und der unzusammenhängend aufgesplitterten Verantwortungskette mit laxen Kontrollsystemen und Sanktionen. Die Eisenbahnen als Netz waren eine seit mehr als einem halben Jahrhundert erprobte Verkehrsstruktur auf dem Weg zur technischen Weiterentwicklung, als das Relikt aus dem Dritten Reich, die Autobahnen als Verkehrswege des privaten Autoverkehrs, zum Zentrum der Wirtschaft- und Verkehrspolitik gemacht wurden. Gemacht genau von jenen Machtstrukturen von Auto- und Energiekonzernen, die schon in den USA dem Schienenverkehr in den Städten das Ende bereitet hatten1. Die Strategie: ihre Ziele zu Zielen der Politik und ihre Gewinninteressen zu Wünschen der Gesellschaft nach Autobesitz zu machen.

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Angesichts der Klima-katastrophe: Es ist allerhöchste Eisenbahn!

Rasender Stillstand

Dieser Beitrag vertieft die auf der Kundgebung vor dem Hauptbahnhof und bei der abschließenden Podiumsdiskussion vorgetragenen Thesen, dass die deutsche, europäische und internationale Klimapolitik ungenügend und das Emissions-Restbudget der Menschheit weitestgehend aufgebraucht ist.2 Hiermit wird das Anliegen der Gegner von Stuttgart 21 unterstrichen, dass Großbauprojekte wie der geplante bauemissions- und betonintensive Megabahnhof mit einem Zement- und Stahlverbrauch von rund zwei Millionen Tonnen, zahlreichen nachgereichten Tunneln und explodierenden Kosten bereits vor Fertigstellung ein museales Mahnmal einer seit Jahrzehnten mangelhaften Verkehrspolitik ist. In Deutschland sind seit 1990 die CO2-Emissionen des Verkehrssektors im Unterschied zu allen anderen Sektoren nicht gesunken.

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Takt vor Tempo

Bahn an sich ist noch keine Klimabahn

Liebe Klimabahn-Engagierte!

Es gibt einen Riesenriss zwischen Klimaanspruch und Realität. Dabei meine ich NICHT den klassischen SUV-Fahrer … sondern ich spreche von den Menschen im ökologischen Spektrum. Von Menschen, die einerseits radikalste CO2-Senkungs-Forderungen erheben – aber andererseits die klimaschädlichen Bahntendenzen überhaupt nicht wahrnehmen:

• zum Beispiel beim EU-Green-Deal, der das Ziel eines dichten EU-Hochgeschwindigkeitsnetzes proklamiert

• zum Beispiel in meiner Partei, den Grünen Baden-Württembergs, wo die Kritik an S 21 verstummt

• oder das Desinteresse des Klimaforschers Mojib Latif an der konkreten Bahnpolitik.

Dieser Riss unter Klima-Bewegten hat mich motiviert, diese Tagung mit vorzubereiten.

Mit der falschen Annahme, „Bahn an sich“ sei gut fürs Klima, wird falsche, klimaschädliche Politik gemacht. Stattdessen müssen wir die Frage stellen: Welche Bahn braucht das Klima?

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Klimabahn – Betonbahn: Welche Ideen, welche Schwerpunkte

Auszüge aus der Podiumsdiskussion vom 14. Mai 2022

Werner Sauerborn Die Podiumsdiskussion auf der Klima-Bahnkonferenz spitzt viele der angesprochenen Fragen auf klimapolitische Grundsatzfragestellungen zu. Sie bringt dafür wichtige Stimmen auf diesem Podium zusammen. Als da sind: Helge Peukert, Professor für Plurale Ökonomik von der Uni Siegen, der viel zur Finanzkrise geschrieben und geforscht hat. In ihrer Jobbeschreibung stehen Themen wie Sozialpolitik, Wirtschaftsgeschichte und vieles zur Finanzkrise. Ihr Hauptthema ist die Klimagerechtigkeitsbewegung. Da haben sie zwei Bücher geschrieben, die gelten schon so ein bisschen als Standardwerke für alle Menschen, die sich mit Klima fachlich auseinandersetzen wollen. Zwischenruf Peukert „Die sind aber anstrengend, also kein Stoff zum ruhig einschlafen!“

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Quo vadis Deutschland-Takt:

Noch mehr Tunnel und Beton oder „KlimaBahn nach Maß“?

Seit mehr als 30 Jahren erheben Bahn-Fans, Umweltverbände und Verkehrs-Clubs Forderungen nach einer systematischen Neuorientierung des deutschen Bahnverkehrs. So sollen im Personenverkehr die Züge schneller und dichter im Taktbetrieb verkehren. Besser verknüpfte Anschlüsse müssen für optimale Reiseketten sorgen, um damit die Reisezeiten signifikant zu verkürzen. Als Ausgangspunkt dient der „Integrale Taktfahrplan“ (ITF). Bewährte Vorläufer gibt es seit den 1980/90er Jahren u.a. in der Schweiz, den Niederlanden sowie in deutschen Ländern und Regionen.

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Ein Handlungsleitfaden für eine erfolglose Bahn

Oder: Wie schlaue Unternehmer:innen schlaue Bahnpolitik machen würden

Japan misst die Pünktlichkeit am Bahnsteig nicht nur zeitlich in Sekunden, sondern auch räumlich in dm, damit die Menschen auch auf dem Punkt an ihrer Tür stehen. „Heute in umgekehrter Wagenreihung“, sprich „sehen Sie zu, wie sie binnen 30 Sekunden durch die Fahrgastmassen ans andere Zugende kommen“, ist dort ebenso unbekannt wie „heute ohne Wagen 3; 6 & 7“ oder „Das einzig funktionierende WC in Wagen 1“. Würde unsere Bahn es nicht so erschweren, könnte man im Zug ganz entspannt schlafen, arbeiten, essen, trinken, ausruhen oder mit den Kindern spielen.

Doch diese Bahnprobleme verdecken nur die wahren Grundprobleme: Autos parken vor der Tür und Menschen wohnen meist nicht im Bahnhof. Je kürzer die An- und Abreise zur Station ist, desto besser. Jahrzehntelanges Stilllegen von Halten und Strecken verlängerten diese Wege. Unternehmer lieben Kundschaftsnähe und würden somit viele Halte neu bauen bzw. reaktivieren – Auf dem Land sowie in Städten, Stadtteilen und Vororten.

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