Sebastian Gerhardt arbeitet in Berlin in der „Topographie des Terrors“ und im Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst. Aktuelle Kommentare, Materialien, Archiv unter http://planwirtschaft.wordpress.com
Lohnstückkosten, reale Lohnstückkosten und ganz andere Probleme
Gesamtmetall, der Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie, macht sich Sorgen. Gestützt auf die Forschungen des Instituts der deutschen Wirtschaft teilte der Arbeitgeberverband Ende Januar mit, dass die Lohnstückkosten in der deutschen Metall- und Elektroindustrie über denen der Wettbewerber lägen:
»Im vorliegenden Vergleich weist die deutsche M+E-Industrie zwar die höchsten Löhne, aber nicht die höchste Produktivität auf. Im Resultat liegen die Lohnstückkosten rund 14 Prozent über dem Durchschnitt wichtiger Wettbewerber.«
Bei den Konkurrenten wird unterschieden zwischen den »traditionellen Wettbewerbern« – das waren Österreich, Belgien, Dänemark, Griechenland, Spanien, Finnland, Frankreich, Italien, Japan, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Schweden, das Vereinigte Königreich und die USA – und den »neuen Wettbewerbern« Bulgarien, Zypern, Estland, Kroatien, Ungarn, Lettland, Malta, Polen, Rumänien, Slowenien, Slowakei, Tschechien und Litauen. Wohlgemerkt, weder China noch Indien tauchen auf dieser Liste auf. Doch selbst ohne Berücksichtigung der Schwellenländer liege die deutsche Industrie zurück. Als Gegenmittel werden eine Steigerung der Produktivität, eine Senkung der Lohnnebenkosten oder eine Verlängerung der Arbeitszeit vorgeschlagen.
Was die Beschreibung der Lage betrifft, äußert sich die amtliche Statistik ähnlich: »Die Arbeitsproduktivität, gemessen als preisbereinigtes BIP je Erwerbstätigenstunde, stagnierte ersten Berechnungen zufolge im Jahr 2024 nahezu (-0,1%). Gemessen an der Zahl der Erwerbstätigen verringerte sich die Arbeitsproduktivität um 0,4 %. Die durchschnittlichen Lohnkosten, gemessen als Arbeitnehmerentgelt pro Kopf beziehungsweise pro Stunde, stiegen im Jahr 2024 kräftig (+5,2% beziehungsweise +5,3%). Folglich nahmen die Lohnstückkosten – definiert als Relation der Lohnkosten zur Arbeitsproduktivität – zu. Sowohl nach dem Stundenkonzept (+5,4%) als auch nach dem Personenkonzept (+5,5 %) waren die Lohnstückkosten deutlich höher als 2023. Verglichen mit dem Jahr 2019 waren die Lohnstückkosten je Stunde sogar um 20,8% höher.«
Dann allerdings folgt beim Statistischen Bundesamt ein Satz, der dem Alarmismus von Gesamtmetall nicht entspricht: »Der Anstieg liegt jedoch im Durchschnitt der EU-Mitgliedstaaten.«
Es gibt noch ein weiteres Problem. Die amtliche Definition der Lohnstückkosten berücksichtigt Preisveränderungen – aktuell also Preissteigerungen – bei der Berechnung der Arbeitsproduktivität. Abgekürzt, wenn auch nicht präzise, schreibt das Statistische Bundesamt vom »preisbereinigten BIP«. Das stimmt strenggenommen natürlich nicht: Ohne Preise könnte man gar kein Bruttoinlandsprodukt ausrechnen. Tonnen von Stahl und Schiffsschrauben, Gebäudereinigung und Gesundheitsdienstleistungen können ohne Preise nicht zusammengezählt werden. Es handelt sich nicht um eine Preisbereinigung, sondern um Bereinigung des Bruttoinlandsproduktes um Veränderungen des Preisniveaus. Wenn bloß ein höherer Preis gezahlt wird, ohne eine Verbesserung des Produkts, steigert das zwar das BIP. Für das »preisbereinigte BIP« wird das aber wieder rausgerechnet – und damit auch für die Berechnung der Arbeitsproduktivität.
Einfach sind solche Berechnungen nicht. Wie die Veränderung von Preisen erfasst wird, wie Qualitätsänderungen berücksichtigt werden, wie die aus den Preisveränderungen verschiedener Waren ein realistischer Durchschnitt bestimmt werden kann – das ist eine Wissenschaft für sich. Aber es ist möglich, und die Ergebnisse solcher wissenschaftlichen Arbeit sollten dann auch verwendet werden.
Sie werden aber nicht immer verwendet. Die zweite Größe, die in die Berechnung der Lohnstückkosten eingeht, sind die Lohnkosten. Hier werden die Preisveränderungen in der amtlichen Definition nicht berücksichtigt. Sachgerecht ist, dass im Arbeitnehmerentgelt nicht nur die ausgezahlten Nettolöhne, sondern auch die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer berücksichtigt werden. Nicht sachgerecht ist, dass bei den Lohnkosten die Preisveränderungen nicht berücksichtigt werden. Wir müssen in realen Geschäften steigende Preise bezahlen. Deshalb haben die Leute ein Gefühl für das Realeinkommen. Die Statistiker rechnen es so aus: Sie teilen die Einkommensentwicklung durch den Index der Verbraucherpreise. Sie verwenden das Realeinkommen nur nicht bei der Bestimmung der Lohnstückkosten, die damit ein merkwürdiger Zwitter sind: Über dem Bruchstrich steht die nominale Einkommensentwicklung, unter dem Bruchstrich die reale, pr eisveränderungsbereinigte Wertschöpfung.
Was die amtliche Statistik nicht tut, kann man nachholen. Regelmäßig vor Tarifverhandlungen veröffentlichen die Gewerkschaften Berechnungen der »realen Lohnstückkosten«. So kommen die Gewerkschaften zu dem Ergebnis, die deutsche Wirtschaft solle das Jammern lassen und den vorhandenen Verteilungsspielraum anerkennen. Selbstverständlich wissen auch die Ökonomen beim Institut der deutschen Wirtschaft, wie da gerechnet wird. Nur sprechen sie nicht gern darüber. Der Logiker Ludwig Wittgenstein schrieb einst: »Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.« Die Grenzen ihrer Sprache sind die Grenzen ihrer Welt. In ihrer Welt soll die Entwicklung der Realeinkommen für die Wettbewerbsfähigkeit im Kapitalismus keine Rolle spielen.
Ebenfalls vom Institut der deutschen Wirtschaft wurde aktuell eine Analyse des leicht gesunkenen Marktanteils der deutschen Exportwirtschaft vorgelegt. Über die Gründe dieser Stagnation gibt es darin aber keine genaue Auskunft: »Insgesamt ist der Befund nicht eindeutig. So hat sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gegenüber den wichtigsten Handelspartnern auf Basis der verschiedenen realen effektiven Wechselkurse seit 2015 tendenziell leicht verschlechtert, am meisten tendenziell auf Lohnstückkostenbasis. Es erscheint aber kaum plausibel, die leicht verschlechterte preisliche Wettbewerbsfähigkeit als alleinige Ursache für die starke Verschlechterung der deutschen Exportperformance und der deutschen Anteilsverluste bei den globalen Exporten und Importen anzusehen.«
Während Gesamtmetall sich noch ganz sicher gibt, dass ohne Lohndrückerei kein Aufschwung machbar ist, geht diese Analyse etwas unbeholfen von einer deutlich schlechteren »nicht-preislichen Wettbewerbsfähigkeit« aus – um dann festzustellen, dass sich diese »nicht-preisliche Wettbewerbsfähigkeit« nicht so richtig messen lasse.
Interessant ist schließlich, dass überhaupt soviel Aufhebens von den Lohnstückkosten gemacht wird. Nach der herrschenden Lehre sollen doch im Außenhandel nur die komparativen Kostenvorteile eine Rolle spielen, die absoluten Kosten dagegen unerheblich sein. Tatsächlich wissen die Unternehmer selbstverständlich, dass es anders ist. Tatsächlich ist die Entwicklung der realen Lohnstückkosten zentral für die Entwicklung der Konkurrenz wie für die Veränderung der realen Wechselkurse der Währungen. Doch lieber wird auf die Untersuchung solcher Zusammenhänge verzichtet, statt auf ein Argument, welches die Belegschaften auf größere Lohnzurückhaltung verpflichtet.
Der Logiker Wittgenstein schrieb auch: »Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.« Die Schriftstellerin Christa Wolf antwortete darauf: »Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man allmählich zu schweigen aufhören.«
Quellen:
iwconsult für Gesamtmetall: Elfter Strukturbericht für die M+E-Industrie in Deutschland. Mit den Schwerpunktthemen »Beschäftigung in der M+E-Industrie unter Druck« und »Arbeitszeiten und Lohnstückkosten im Vergleich«.
Jürgen Matthes, Samina Sultan: Deutsches Exportmodell unter Druck – eine Analyse der Exportentwicklung nach 2015. Wirtschaftsdienst 2/2025, 118-124.
In the summer of 2016, a piece under the above title was published in the newspaper FaktenCheck Europa, where I explored the role of migration as a trigger for nationalist mobilization around Brexit. A few months later, Donald Trump won the U.S. presidency—following a similar script to that of the Brexiteers. By now, hardly anyone denies that Brexit has failed to deliver on any of the promises made by the „Take back control“ campaign. And yet, the right-wing mobilization left a lasting impact. By the time the inevitable damages set in, they could no longer be easily undone.
„Compete for the last job! Join your employer in the battle for market share! Realize that you’re too expensive!“ Donald Trump’s speech before both houses of the U.S. Congress on March 4, 2025, didn’t include these exact words, but it certainly conveyed their meaning. From Elon Musk’s attacks on social benefits and public service workers to the tariff hikes, from claims on foreign territory to the blatant extortion of Ukraine, the U.S. president proudly listed all he has achieved and still aims to achieve.
Reshuffling the World
Commentators are fond of calling Donald Trump a narcissist. But that doesn’t mean he’s the only one who thinks he’s great. His program has a societal base: corporate leaders eager to secure their place in the redivision of global spheres of influence. They rearrange their capital assets and aim to restructure the world with the help of politics. Some observers have even described the process as a “defragmentation” of the global economy.
Users of older Windows computers may still recall the term. The operating system had a tendency to scatter fragments of edited files across the hard drive. Again and again users had to run a defragmentation tool if they didn’t want to wait too long for applications to load. The world economy, after decades of globalization, now shows a high degree of fragmentation. The production of everyday goods is distributed across hundreds of producers in dozens of countries—depending on the most profitable conditions. Across the globe, people cooperate under corporate command, in the name of higher profits. But rising geopolitical uncertainty has cast doubt on this division of labor. A more direct control is the new objective: control over production, over supply chains, over people. Trump’s deportation schemes and tighter border regimes are designed to ensure no one escapes their assigned place in the global hierarchy of inequality.
Some don’t want to escape their assigned places—because some of those places are rather comfortable. And they are fiercely defended. Back in the 2008 financial crisis, the buzzword for key players was “systemic relevance”—“too big to fail.” These days, banks are no longer the stars of the business pages. Even well-informed observers have to look up the name of the U.S. Treasury Secretary—Scott Bessent, billionaire, long-time manager for George Soros. But Trump’s supporters are no longer just IT billionaires. They now include Jamie Dimon, CEO of JPMorgan Chase, the largest U.S. bank. He recently declared an end to his business quarrels with Elon Musk, calling Trump’s tariff hikes no real problem—if only the rest of the world would finally accept them. Yet even Dimon sees cause for concern in rising inflation and global tensions. He has already issued a pre-emptive warning to his shareholders. As for Wall Street’s own role in creating these risks—such as backing a president both pro-capital and authoritarian—he had nothing to say.
Not that the shareholders needed warning. Since April 2024, the markets had welcomed the prospect of a second Trump presidency with rising stock prices—the mere promise of continued tax giveaways to the wealthy was reason enough. But since early December, both the Dow Jones and the broader S&P 500 have been treading water. Trump may disregard the republican institutions of the United States—but he cannot ignore the mood of the capital markets.
The U.S. president has admirers across American society—as long as he is successful. And internationally he is not alone in his ambitions. Like Pope Alexander VI in 1493, Trump and Putin would love to divide the world between them as great men of history. Can they do it? Of course not. They lack the political, economic, and even military power to do so. But that doesn’t mean the current governments of the U.S. and Russia are incapable of inflicting massive suffering. Their power may not be enough to achieve their goals, but it’s more than enough for large-scale destruction. The hope—not only in Washington—is that other states will cave in to cheap blackmail.
Successes and Failures
In fact, even the apparent successes of this policy carry the seeds of its failure. Whatever goals the U.S. government hoped to achieve with its pressure on Ukraine, or with punitive tariffs on Mexico, Canada and China—Donald Trump has, at the very least, succeeded in one long-term goal: European NATO states are rearming. The British Prime Minister is coordinating weapons deliveries to Ukraine. The European Commission is looking to lift the Maastricht restrictions to facilitate national defense plans, mobilizing around 650 billion euros. Additionally, the Commission plans a coordinated procurement program worth 150 billion euros. In Germany, the conservative CDU and the Social Democrats have have joined forces to exempt massive military spending from constitutional debt brake. Trump has won. Yet the rearmament of Europe’s NATO members today is not a contribution to the transatlantic alliance—it is a signal of profound distrust toward the former leader of the free world.
These are the conflicts fought between competing elites. Are there any others? Although majorities in most countries are clearly opposed to war, it has no effect. Wars are started by those in power. And as long as the powerful are not stopped from ruling, wars will end—if at all—on their terms. How could wars be prevented by populations who have been losing the struggle for a modest livelihood for decades, disorganized and without a shared vision of a more hopeful future?
Today’s international politics are built on the defeats of the labor movements in the industrial countries of East and West—and the defeats of anti-colonial liberation movements in the Global South. Organizations attempting to independently articulate the interests of the working classes in their own countries rarely gain national, let alone international significance. As a result, the class struggle has vanished from the global political stage. It will not return through nostalgia for the good old days and their colorfully painted enemy stereotypes. It will return through the fight for peace, here and abroad, for health and clean water, for decent housing and smart textbooks, for free work and free time.
Im Sommer 2016 erschien in der Zeitung »FaktenCheck Europa« ein Artikel unter obigem Titel, in dem ich der Bedeutung der Migrationsfrage für die nationalistische Mobilisierung in der Brexit-Kampagne nachging. Wenige Monate später gewann Donald Trump die US-Präsidentschaftswahl. Er folgte demselben Muster wie die Brexetiers. Inzwischen bestreitet kaum jemand mehr, dass der Brexit keines der Versprechen erfüllt hat, mit denen die »Take back control«-Kampagne angetreten war. Die rechte Mobilisierung war dennoch nachhaltig wirksam. Als die absehbaren Schäden eintraten, waren sie nicht mehr leicht rückgängig zu machen.
»Konkurriert um den letzten Arbeitsplatz! Zieht mit Eurem Arbeitgeber in die Schlacht um Marktanteile! Seht ein, dass ihr zu teuer seid!« Die Rede Donald Trumps vor beiden Häusern des US-Kongresses am 4. März 2025 enthielt nicht den Wortlaut dieser Aufforderungen, nur den Inhalt. Von Elon Musks Angriffen auf die Sozialleistungen und die Beschäftigten im öffentlichen Dienst bis zu den Zollerhöhungen, von den Ansprüchen auf fremdes Territorium bis zur offenen Erpressung der Ukraine lobte sich der US-Präsident für alles, was er bisher erreicht hat und noch erreichen will.
Neusortierung der Welt
Gern beschreiben Beobachter Donald Trump als narzisstisch. Aber das heißt nicht, dass nur er allein sich großartig findet. Sein Programm hat eine gesellschaftliche Basis: Unternehmenslenker, die bei der Neueinrichtung von Einflusssphären nicht zu kurz kommen wollen. Sie sortieren die Bestandteile ihres Kapitals, sie wollen mit der Politik die Welt umsortieren. Bei einigen Kommentatoren findet sich die Formulierung von einer »Defragmentierung« der Weltwirtschaft.
Leidgeprüften Nutzer:innen älterer Windows-Rechner ist das Wort noch vertraut. Das Betriebssystem des Marktführers neigte dazu, Teile von bearbeiteten Dateien irgendwo auf der Festplatte zu verteilen. Von Zeit zu Zeit musste man ein Defragmentierungstool laufen lassen, wollte man nicht ewig auf Antwort der Anwendungsprogramme warten. Die Weltwirtschaft weist nach Jahrzehnten der Globalisierung einen hohen Grad an Fragmentierung auf. Abhängig von der Lage der günstigsten Produktionsbedingungen ist die Herstellung alltäglich genutzter Waren auf viele Hundert Teilproduzenten in Dutzenden Ländern verteilt. Nach den Vorgaben ihrer Chefs kooperieren Menschen aus allen Ecken der Welt zum Zwecke größeren Profits. Doch die gewachsene weltpolitische Unsicherheit hat die bisherige Aufteilung der Produktion in Frage gestellt. Eine direktere Kontrolle soll her. Eine direktere Kontrolle der Produktionen und Vertriebswege. Eine direktere Kontrolle der Menschen: Trumps Dep ortationspläne wie die Ausweitung von Grenzkontrollen sollen dafür sorgen, dass niemand seinem Platz in der globalen Ungleichheit entflieht.
Manche wollen ihren Plätzen nicht entfliehen, denn manche Plätze sind komfortabel. Sie werden verteidigt. In der Finanzkrise 2008 gab es für die entscheidenden Akteure das Wort der Systemrelevanz – »too big to fail«. Heute stehen die Banken in der Wirtschaftsberichterstattung nicht im Zentrum. Wer der US-Finanzminister ist – Scott Bessent, etwa eine Milliarde Dollar schwer, lange Zeit Manager beim Investor George Soros – müssen auch informierte Zeitgenossen erst einmal nachschlagen. Doch zur Unterstützung Trumps treten nicht nur IT-Milliardäre an, sondern auch Jamie Dimon, Chef von JPMorgan Chase, der größten US-Bank. Frühere geschäftliche Kontroversen mit Elon Musk erklärte er jüngst für beendet und die Zollerhöhungen Trumps für kein Problem – wenn nur der Rest der Welt sie endlich widerstandslos akzeptieren würde. Aber im US-Inflationsdruck und in den geopolitischen Spannungen sieht selbst Dimon einen Grund zur Besor gnis. Er warnte seine Aktionäre schon einmal vorsorglich. Über den Beitrag der Wall Street zu diesen Risiken, etwa über ihre Unterstützung eines ebenso kapitalfreundlichen wie autoritären Präsidenten, hatte er nichts zu sagen.
Die Aktionäre hatten nicht gewarnt werden müssen. Seit April 2024 hatten die Märkte die Aussicht auf Trumps Präsidentschaft mit Kurssteigerungen begrüßt: Die angekündigte Fortsetzung der Steuergeschenke an die Reichen allein war Grund genug. Doch seit Anfang Dezember dümpeln der Dow Jones und der breitere S&P-500-Index vor sich hin. Mag Trump auch die republikanischen Institutionen der USA missachten, auf die Stimmung an den Kapitalmärkten muss er achten.
Der US-Präsident hat Bewunderer quer durch die US-Gesellschaft, solange er Erfolg hat. Auch international ist er mit seinen Ambitionen nicht allein. Wie weiland der Papst 1493 würden Trump und Putin als große Männer gern die Welt aufteilen. Die Frage ist, ob sie es können. Die Antwort liegt auf der Hand: Sie können es nicht. Es fehlt ihnen die politische, die wirtschaftliche und auch die militärische Macht. Das heißt nicht, dass die derzeitigen Regierungen der USA und Russlands nicht riesiges Leid hervorrufen können. Für ihre Ziele reicht ihre Macht nicht, für ungeheure Zerstörungen leider schon. Die Hoffnung nicht nur der Regierung in Washington ist, dass sich andere Staaten billig erpressen lassen.
Erfolge und Niederlagen
Tatsächlich steckt selbst in den Erfolgen dieser Politik ihr Scheitern. Welche Ziele auch immer die US-Regierung mit der Erpressung der Ukraine, mit der Einführung von Strafzöllen für Mexiko, Kanada und China erreichen wollte, eines seiner langfristigen Ziele hat Donald Trump immerhin erreicht: Die Aufrüstung der europäischen Nato-Staaten ist beschlossen. Der britische Premier koordiniert die Lieferungen an die Ukraine. Die EU-Kommission will die Maastricht-Beschränkungen zugunsten nationaler Rüstungspläne aufheben, mit denen etwa 650 Milliarden Euro mobilisiert werden sollen. Zusätzlich will die Kommission ein koordiniertes Beschaffungsprogramm von 150 Milliarden Euro auflegen. In Deutschland haben sich Union und SPD zusammengefunden, um eine massive Aufrüstung von den Auflagen der Schuldenbremse auszunehmen. Trump hatte Erfolg. Nur ist die Aufrüstung der europäischen Nato-Staaten heute kein Beitrag zur transatlantischen Allianz, sondern Ausdru ck tiefen Misstrauens gegenüber der ehemaligen Führungsmacht der freien Welt.
Dies sind die Konflikte, die konkurrierende Eliten untereinander führen. Gibt es auch andere? Obwohl die Mehrheiten in den meisten Ländern klar gegen Kriege eingestellt sind, hat dies keine Konsequenzen. Kriege werden von den Herrschenden begonnen. Und solange man die Herrschenden am Herrschen nicht hindert, werden die Kriege auch nach ihren Maßgaben beendet werden. Wie sollte auch ein Krieg verhindert werden von Bevölkerungen, die schon in den alltäglichen Auseinandersetzungen um ein bescheidenes Auskommen regelmäßig und seit Jahrzehnten den Kürzeren ziehen, unorganisiert und ohne Vorstellungen über eine freundlichere gemeinsame Zukunft.
Voraussetzung der heutigen internationalen Politik sind die Niederlagen der Arbeiterbewegungen in den Industrieländern in Ost und West und der antikolonialen Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt. Organisationen, welche die Interessen der arbeitenden Klassen in einzelnen Ländern selbständig zu formulieren versuchen, erreichen nur selten nationale, in keinem Falle internationale Bedeutung. Der Klassengegensatz ist damit von der Oberfläche der Weltpolitik abgetreten. Nicht die Sehnsucht nach besseren alten Zeiten mit ihren schön kolorierten Feindbildern wird ihn wieder auf die weltweite Tagesordnung setzen, sondern der Kampf um Frieden hier und in fernen Ländern, um Gesundheit und sauberes Wasser, um lichte Wohnungen und kluge Schulbücher, um freie Arbeit und freie Zeit.
Donald Trump macht es sich gerne leicht. Er hat immer wieder Zollerhöhungen auf Einfuhren in die USA gefordert und sie immer wieder wirtschaftspolitisch gerechtfertigt. Kaum im Amt, führte er erhöhte Zölle auf Einfuhren aus Kanada, Mexiko und China ein. Um aber die politische Auseinandersetzung in den USA und Regelungen internationaler Verträge zu umgehen, begründete er sie mit einem »nationalen Notstand« aufgrund illegaler Einwanderung und der Einfuhr von Drogen.
Offiziell handelt es sich also um Strafzölle, die solange in Kraft bleiben sollen, bis der »Notstand« behoben ist. Tatsächlich nahm schon die erste Verordnung vom 1. Februar 2025 direkt Bezug auf die Wirkungen von Zollerhöhungen als einem wirtschaftspolitischen Druckmittel während seiner ersten Amtszeit: »Präsident Trump setzte schon immer Amerika im Handel an die erste Stelle.« Selbstverständlich findet Donald Trump sich gut, auch in dieser Frage. Für alle Kapitalisten in der USA gilt das in dieser Frage aber nicht.
Nach einem Aufschub von 30 Tagen gegenüber Mexiko und Kanada setzte Trump die Zollerhöhungen am 4. März voll in Kraft. Einschränkungen galten zunächst nur für Energieträgerimporte aus Kanada (nur 10 Prozent), dann für die Lieferketten der Autokonzerne Ford, GMC und Stellantis. Dann verkündete die US-Regierung, die meisten Zöllerhöhungen für Mexiko ab Anfang April wieder auszusetzen. An welcher Stelle des Hin und Her dieser Konflikt sein wird, wenn diese Zeitschrift bei den Abonnent:innen ankommt, lässt sich Anfang März nicht absehen. Auf die wirtschaftlichen Folgen der entstehenden Unsicherheit nimmt die Trump-Administration keine Rücksicht. Sie geht davon aus, der Zugang zum größten Absatzmarkt der Welt sei Unternehmen in aller Welt einige Kosten wert. Sie wollen übersehen, welche Alternativen es gibt.
Mexiko und Kanada sind das nahe Ausland der USA. Der Konflikt mit China trägt einen anderen Charakter. Die Strafzölle gegenüber der Volksrepublik wurden am 4. März auf 20 Prozent erhöht. Daraufhin erklärte Lin Jiang, der Sprecher des Außenministeriums der Volksrepublik: »Wenn die Vereinigten Staaten tatsächlich das Fentanylproblem lösen wollen, dann wäre der richtige Weg, sich mit China auf der Grundlage der Gleichheit, des gegenseitigen Respekts und des gemeinsamen Vorteils zu verständigen, um die beiderseitigen Anliegen zu erörtern. Sollten die USA eine andere Agenda haben, wenn die USA einen Zollkrieg, einen Handelskrieg oder eine andere Art von Krieg wollen, so sind wir bereit, bis zum Ende zu kämpfen. Wir fordern die USA auf, ihr Dominieren zu beenden und rasch auf den richtigen Weg des Dialogs und der Kooperation zurückzukehren.« Zwei Tage später erläuterte er den Sinn dieser scharfen Intervention genauer: »Die USA sollte n nicht länger versuchen, China unter dem Slogan eines strategischen Wettbewerbs zurückzudrängen oder anzugreifen. Wir haben immer klar die Position vertreten, dass jede Art von Krieg, sei es ein Handelskrieg, ein kalter oder ein heißer Krieg, nicht geführt werden sollte und nicht gewonnen werden kann.«
Der Glaube an den Markt
Die martialische Rhetorik von Notstand und Kritik zeigt, dass alle Seiten in diesen Konflikten von der Annahme ausgehen, ein ungehinderter Handel sei eigentlich für alle Seiten gleichermaßen bekömmlich, dass es nur gewaltsame Eingriffe sind, die im internationalen Handel zu Problemen führen. Im verbalen Lob für unbegrenzte Konkurrenz lassen sich Donald Trump oder Elon Musk von keinen globalisierungsfreundlichen Liberalen übertreffen. Für sie ist selbstverständlich, dass ein freier Markt allen irgendwie zugutekommen müsste. Die dabei beliebte Metapher von der »steigenden Flut, die alle Boote anhebt«, wird in Zeichen der Klimakatastrophe auch im republikanischen Florida irgendwann außer Gebrauch kommen. Es sitzen einfach nicht alle in einem stabilen Boot, manchen steht heute schon das Wasser bis zum Hals. Aber ausgehend vom Dogma der positiven Wirkung des Marktes gibt es eine klare Antwort auf die unbestreitbaren, und von Trump und anderen Rechtsradi kalen immer wieder hervorgehobenen Kehrseiten der Globalisierung selbst in den USA: Da muss jemand betrogen haben! Weil Markt und Privateigentum immer gut sind, kann die schlechte Lage hart arbeitender armer weißer Männer nur auf unfaire Privilegien für andere Länder und Menschen zurückzuführen sein, auf illegale Betätigungen, Währungsmanipulation oder Diebstahl geistigen Eigentums.
Das Beispiel Chinas oder der EU zeigt, wie auch die handelspolitischen Gegner Trumps auf gleicher Grundlage argumentieren. Die EU hat nicht nur auf dem Binnenmarkt alle Zollschranken beseitigt, sondern setzt auch im Handel mit Drittstaaten auf Freihandel. China senkte mit dem Beitritt zur WTO Ende 2001 seine Zölle massiv. Für andere Länder sind es die Zölle der US-Regierung, die den Wettbewerb verzerren. (Grafik Weltbank)
Adam Smith, Freihandel als Kampf
Der Kampf um den Weltmarkt hat zu ganz verschiedenen Konzepten Anlass gegeben. Die Position von Adam Smith (1723-1790) war einfach: Es ist auf dem Weltmarkt im Prinzip nicht anders als auf nationalen Märkten. Die kostengünstigsten Hersteller können ihre Preise so setzen, dass sie einen guten Marktanteil und gute Gewinne erreichen. Wer teurer produziert, kann weniger hohe Gewinne einfahren und hat Schwierigkeiten zu wachsen. Wer zu teuer produziert geht irgendwann pleite. Eine harmonische Geschichte von vorherbestimmtem Gleichgewicht auf den Märkten hat Adam Smith nie erzählt. Er hatte nichts gegen Arbeitsteilung und Konkurrenz, nahm ihre gesellschaftlichen Folgen aber ernst.
Im internationalen Warenverkehr spielen die Kosten für den Transport eine große Rolle – allerdings war es 1780 billiger, Waren von London nach Amsterdam zu verschiffen, als sie von London nach Birmingham zu schaffen. Die Meere sind die Hauptverkehrsadern des Handels, von der Antike bis heute. Die Masse des internationalen Warenhandels wird von etwa zwei Millionen Seeleuten über die Meere gefahren. Der Anteil der Containerschiffe an der Tonnage der Welthandelsflotte ist von 2 Prozent im Jahr 1980 auf 14 Prozent im Jahr 2024 gestiegen. Öltanker (28 Prozent) und Trockengutfrachter (43 Prozent), die etwa Eisenerz von Australien nach China transportieren, machen immer noch den größten Teil der Tonnage aus, auch wenn die riesigen Containerschiffe der Neopanamax-Klasse mit 14.000 Standardcontainern das beliebtere Fotomotiv sind. Die kapitalistische Entwicklung hat die Kosten des Transportes massiv gesenkt und die Sicherheit erhöht. Moderne Datenverarbeitung erm öglicht die Kontrolle einer international verteilten Produktion von Waren auf jedem Schritt. Adam Smith könnte sich in seinen Vorhersagen über die Möglichkeiten der Arbeitsteilung wie in seinen Warnungen vor den Folgen bestätigt fühlen.
Ricardo: Freihandel als Harmonie
David Ricardo (1772-1823) fand Smiths Analyse falsch. Anders als auf nationalen Märkten käme es im Außenhandel nicht auf die absoluten Kostenvorteile, sondern auf die »komparativen Vorteile« an. Auch ein Land, das in jeder Hinsicht unterlegen ist, könne auf dem Weltmarkt Erfolge und eine ausgeglichene Handelsbilanz erreichen. Dazu müsse es sich nur auf die Produktionen spezialisieren, in denen es ein bisschen besser dasteht. In einem prominenten Beispiel geht es um England und Portugal, um Wein und Tuch, die übrigens beide in Portugal billiger hergestellt wurden. Ricardo kam aus einer Familie sephardischer Juden, die aus Portugal nach England gekommen waren. Die Zahlenbeispiele zeigten, dass alle gewinnen können, wenn durch Spezialisierung alle Arbeitskräfte und Produktionsmittel möglichst effizient eingesetzt werden. Im Ostblock gab es Diskussionen, ob im Rahmen einer Planwirtschaft dieses Herangehen genutzt werden könnte. Auch da klappte es nicht : Denn die Grundlage von Ricardos Idee war ja, dass der Produktivitätsunterschied der beiden Länder nicht beseitigt werden muss, das unterlegene Land also weiter absolut unterlegen bleibt. Kein regierender Sozialist wollte das für sein Land gern akzeptieren.
Wie aber soll eine wundersame Arbeitsteilung zwischen Starken und Schwachen auf einem kapitalistischen Weltmarkt funktionieren, auf dem private Unternehmen für ihren privaten Profit handeln, und nicht für den Wohlstand der Nationen? Bei Ricardo sollten Goldtransporte und seine Quantitätstheorie des Geldes den schrittweisen Ausgleich der Leistungsbilanz erklären: Das unterlegene England müsse seine Importe aus Portugal in Gold bezahlen, womit der Geldbestand in England sinkt – und damit nach Ricardo auch alle Preise. Dagegen erhöht der Goldzustrom nach Portugal dort den Geldbestand – und damit alle Preise. So wird die Produktion in Portugal teurer und in England billiger, bis sich ein Gleichgewichtspreis ergibt, der eine ausgeglichene Leistungsbilanz garantiert. Soweit Ricardos Theorie, die von anderen ausgebaut und verfeinert worden ist.
Gleichgewicht der Ungleichgewichte
Gegen die Quantitätstheorie des Geldes spricht eine Menge guter Argumente. Gegen die hier vorgenommene Anwendung sprechen schon die empirischen Befunde. In der kapitalistischen Weltwirtschaft ist kein Automatismus zu erkennen, mit dem unterlegene Ökonomien den produktiveren gleichgestellt werden. Auch wenn sich alle Länder entwickeln – der relative Abstand zwischen den Zentren und den Peripherien will einfach nicht verschwinden. Eine Tendenz zum Ausgleich der Leistungsbilanzen ist nicht festzustellen. Ein Minus im Außenhandel muss durch internationale Kapitalbewegungen gedeckt werden. Die Verlierer der Weltmarktkonkurrenz müssen sich verschulden und ihre Schulden dann bedienen – was in vielen Fällen dafür sorgt, dass sie Verlierer bleiben. Auch unter Linken ist die Vorstellung beliebt, die Währungskurse könnten die Produzenten in ärmeren Ländern schützen. Diese Vorstellung scheitert genau hier. Denn Angebot und Nachfrage auf den Devisenmär kten bilden sich nicht nur durch den Import und Export von Waren und Dienstleistungen, sondern durch Kapitalbewegungen aller Art, die von der Suche nach den besten Anlagemöglichkeiten getrieben werden.
Es gibt die Beschränkungen des Marktes, die Ungleichheit hervorbringen oder reproduzieren. Die außerordentlich hohen Einkommen von etablierten Ärzten und Rechtsanwälten, sind eine Folge von Zugangsbeschränkungen zu diesem Teil des Arbeitsmarktes, die durch Zulassungen und Prüfungen realisiert werden. Die außerordentlich hohen Preise von Medikamenten sind das Ergebnis einer ganz speziellen Gestaltung und Weiterentwicklung des Patentrechts und der Marktgestaltung durch private Krankenkassen. Mit freiem Wettbewerb hat beides nichts zu tun.
Das heißt aber nicht, dass der Markt ausgleichend wirken würde. Im Gegenteil: Das Ergebnis der ungehinderten Konkurrenz ist regelmäßig, dass die Starken stärker werden und die Schwachen schwach bleiben, international nicht anders als auf nationalen Märkten. Deshalb schreibt der amerikanische Marxist Anwar Shaikh (geb. 1945) vom Imperialismus als dem »höchsten Stadium der freien Konkurrenz«. Und deshalb lieben Donald Trump und Elons Musk und die anderen Milliardäre, die bei Trumps Amtseinführung auf der Tribüne standen, die ungehinderte Konkurrenz, solange sie die Stärkeren sind – während sie zugleich den Armen erklären, dass noch mehr ungehinderte Konkurrenz gut für sie wäre, solange sie besser arbeiten, als arme Leute anderswo. Macht bei uns mit, wir sind die Macht!
Zollpolitik als Mittel wofür?
Die Sache ändert sich, wenn große Kapitale feststellen müssen, dass sie nicht oder nicht mehr die Stärkeren sind. Dann werden Schuldige gesucht und gefunden, am freien Markt kann es ja nicht liegen. Dann beginnen politische Konflikte mit den Eliten und unter den Eliten.
Jahrelang haben Gewerkschafter in den USA ihre Kritik an der Deindustrialisierung des Landes unter den verschiedenen Freihandelsabkommen vorgetragen. Als ihr Gegner Donald Trump 2018 Zölle einführte, konnten sie nicht ganz dagegen sein. Die Biden-Regierung hat im wesentlichen die Handelsbeschränkungen fortgeführt, die sie beim Amtsantritt vorfand. Auch jetzt weisen Adam Hersh und Josh Bivens vom gewerkschaftsnahen Economic Policy Institute darauf hin, dass Zölle kein Ersatz für Industriepolitik sind, sie das Leistungsbilanzdefizit kaum verringern und am Ende von den Konsumenten in den USA bezahlt werden – sie beschreiben sie als »Steuer«, die kaum die Reichen trifft und hohe Nebenkosten hat. Aber in einem ersten Punkt beschreiben sie den möglichen Nutzen, den Einfuhrzölle haben könnten: Sie könnten einheimische Produktionen in spezifischen Sektoren schützen. Sie könnten US-Beschäftigte vor unfairer Konkurrenz von bestimmten Handelspartn ern schützen, etwa solchen mit schlechten Arbeitsbedingungen. Und sie könnten die Klimapolitik des Landes ergänzen, wenn Handelspartner weniger strenge Maßstäbe anlegen. Die Frage, welche dieser guten Ziele die Trump-Administration verfolgt, stellen sie lieber nicht. Jenseits von Bernie Sanders gibt es kaum eine Stimme, die in den USA das Gesamtprogramm von Trump & Co kritisiert.
Die Konflikte in den Eliten tragen einen anderen Charakter. Hier wird ausgefochten, welche Unternehmen und Branchen sich mit ihren Interessen durchsetzen. Dabei werden auch Koalitionen geschmiedet, Kompromisse ausgehandelt, Bündnisse geschlossen, wieder aufgelöst und Bündnispartner auch wieder verraten. Vor allem aber werden Verträge geschlossen, wird gekauft und verkauft und damit täglich die Regierungspolitik bewertet. Wo lohnt es sich, Geschäfte zu machen? Und die Stimmen an den Finanzmärkten haben ein Gewicht, das in Milliarden Euro oder Dollar gemessen wird.
Zweifellos nehmen Unternehmen Rücksicht auf die Vorhaben der Regierung. Doch werden sie vermeiden, was ihnen schadet. So ist eine nennenswerte Ausweitung der US-Erdölförderung – »Drill, baby, drill!« – nicht in Sicht. Warum sollten die Förderer den Marktpreis durch ein Überangebot drücken? Zurzeit steht das Barrel der Marke Brent bei 70 Dollar. Das ist mit den Kosten der Förderung vereinbar und gibt noch guten Profit. Also bohren die Unternehmen in dem Umfang, in dem sie erschöpfte Kapazitäten ersetzen müssen. Nur bei deutlich höheren Preisen wären auch neue Projekte profitabel. Donald Trump hat mit den Preissteigerungen der vergangenen Jahre gegen die Demokraten Stimmung gemacht. Für ihn wären fallende Preise an den Tankstellen sehr nützlich, für die Ölgesellschaften aber nicht.
Zweifel an Trump
Die Erfahrung der US-Wirtschaft mit den Trumpschen Zöllen während seiner ersten Amtszeit war nicht nur positiv. Einer der immer wieder vorgebrachten Streitpunkte war und ist die Stahlindustrie. Dabei sind die US-Stahlpreise ohnehin schon deutlich höher als bei der Konkurrenz: Im Dezember 2021 kostete eine Tonne warmgewalzter Stahl in China 646 Dollar, in Westeuropa 1031, in den USA 1855 Dollar. Ende Februar 2025 lag der Preis in China bei 401 Dollar pro Tonne, in Westeuropa bei 635 Dollar, in den USA bei 854. Die höheren US-Preise sind für die dortigen Produzenten gut, für die stahlverarbeitenden Unternehmen in den USA sind sie ein Nachteil, die Endverbraucher – Konsumenten oder Firmen – müssen die Rechnung begleichen. Doch auch den Produzenten helfen die hohen Preise nicht immer. 2024 war eine politische Intervention der Biden-Regierung nötig, um die Übernahme des ehemaligen Branchenführers und heute drittgrößten US-Produzenten US Steel durc h die Konkurrenz aus Japan zu verhindern. Aktuell hat Donald Trump wieder besondere Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte verhängt. An der Lage von US Steel wird das wenig ändern. Dazu bräuchte es Investitionen in moderne Anlagen, um wieder mithalten zu können.
Die bisherigen Reaktionen der US-Börsen zeigen die Skepsis der Investoren, wenn es um die langfristigen Effekte der Zollerhöhungen geht. Die Preisentwicklung verfolgen sie mit Sorge. Mit einer relevanten Verringerung des Defizits im Außenhandel rechnet niemand. Auch künftig werden die USA auf einen Zustrom ausländischen Kapitals angewiesen sein. Dazu muss man den Anlegern etwas bieten. Die Leitzinsen der US-Zentralbank liegen weiter über 4 Prozent – die Europäische Zentralbank hat ihre Leitzinsen gerade erst von 2,9 auf 2,65 Prozent gesenkt. Auch Trump hätte gern so niedrige Zinsen. Aber selbst wenn er den Erdo ˘ gan machen und den Zentralbankchef ersetzen kann, die Preisentwicklung und die Zinsen auf den Kreditmärkten hätte er damit noch immer nicht unter Kontrolle. So viel Macht das US-Großkapital seinem aktuellen Lieblingspräsidenten auch zugesteht, wenn es um die Kürzung von Sozialleistungen oder die Beschränkung der Migration geht: Auf die Freiheit, ihr Eigentum nach ihren Vorstellungen zu nutzen, wollen sie nicht verzichten.
Quellen:
Adam S. Hersh and Josh Bivens: Tariffs—Everything you need to know but were afraid to ask
February 10, 2025, Economic Policy Institute.
Anwar Shaikh, Capitalism. Competition, Conflict, Crisis. Oxford University Press 2016.
Egal, ob sie Positives erreichen oder Negatives verhindern wollten, die Wahlberechtigten haben die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 sehr ernst genommen. Die Beteiligung lag bei 82,5 Prozent, über 49,6 Millionen Menschen gaben eine gültige Stimme ab. Da es keine Wahlpflicht gibt, haben sie sich alle aus eigenen, unterschiedlichen politischen Gründen aufgemacht.
Die Initiative für die beiden prägenden Ereignisse des Wahlkampfes gingen von (groß)bürgerlichen Parteien aus. Am Anfang stand der Austritt der FDP aus der Ampelregierung. Auf offener Bühne beging die Partei Selbstmord aus Angst vor dem Tode. Ihre tiefe Verwirrung wird daran deutlich, dass sie ausgerechnet die Einhaltung der Schuldenbremse zum Scheidungsgrund machte. Parteiübergreifend wird überall nach Möglichkeiten gesucht, dieser Einschränkung der staatlichen Handlungsfähigkeit zu entkommen – aber die kleine FDP will alle auf sie vereidigen? Das war weder glaubwürdig noch zukunftsträchtig.
Zweieinhalb Monate später gelang es der CDU/CSU, der Endphase des Wahlkampfes einen ganz neuen Charakter zu geben. Sie versuchte, mit einer ausländerfeindlichen Agenda der AfD Stimmen abzujagen – während sie zugleich mit der Zustimmung der AfD die SPD und Grüne erpressen wollte. Das ist gescheitert. SPD und Grüne verweigerten die offene Kapitulation. Massendemonstrationen gegen Rechts füllten wieder – wie Anfang 2024 – Straßen und Plätze, auch jenseits der Großstädte. Abweichler in den Reihen der Union und der FDP erhielten von Angela Merkel, der »Oma gegen Rechts« (taz), öffentliche Rückendeckung. »Die Linke« im Bundestag hatte eine große Stunde. Selbst die Zustimmung der AfD und des BSW konnten dem Zustrombegrenzungsgesetz zu keiner Mehrheit verhelfen. Eine erfolgreiche Schandtat kann Zuspruch mobilisieren, ein gescheiterter Coup aber nicht. Die Union blieb unter 30 Prozent.
Elfmeter verwandelt
Für die Linkspartei war das letzte Jahr eine Nahtoderfahrung. Aber die Partei hat sich nach dem Austritt des BSW aufgerappelt. Schon im September, als der Vorstand der Grünen Jugend zurück- und mehrheitlich aus der Partei austrat, kündigten sich neue Perspektiven an. In ihrem sehr aktiven Wahlkampf konzentrierte sich die Linkspartei auf soziale Fragen wie Mieten und Preissteigerungen. Sie hat ihre Mitgliedschaft und ein Umfeld mobilisieren können. Das war die Basis, wichtig, aber allein nicht entscheidend. Der Wahlkampf hätte für sie auch ganz anders ausgehen können. Dann aber legte Friedrich Merz am 29. Januar den Ball auf den Elfmeterpunkt, »Die Linke« konnte verwandeln und wurde am Wahltag reich beschenkt. Für viele, die im letzten Jahr gegen Rechts demonstriert hatten, war endlich ein Bezugspunkt auszumachen.
Nun sind die Wahlen vorbei und die Frage bleibt, ob es der Linkspartei wie den Lottogewinnern ergeht, die ihren Gewinn wieder verspielen. Historische Analogien finden sich immer. Für die PDS wäre es die Berliner Abgeordnetenhauswahl 2001, für »Die Linke« die Bundestagswahl 2009. In beiden Fällen jubelte die Partei über die Vergrößerung ihrer politischen Möglichkeiten und übersah die unveränderten gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse. Für die aktuelle Lage müssen wir nur Spiderman etwas abwandeln: »Aus größerer Kraft folgt größere Verantwortung.«
Die nächste Regierung
Mit der lautstarken Verabschiedung der Ära Merkel hatten Merz & Co. ihre eigene Zeitenwende ausgerufen. Doch die CDU hat nicht gewonnen. Sie hat nur die Wahlverlierer beerbt. Am Tag danach erinnerte die Vorgängerin an das Wahlergebnis der rechten Konkurrenz am Ende ihrer Amtszeit: 2021 lag die AfD bei 10,3 Prozent. Am 23. Februar 2025 sind es 20,8 Prozent geworden.
Die rechnerische Mehrheit von Union und AfD im Bundestag ist keine politische Mehrheit. Die Forschungsgruppe Wahlen meldet, das aktuell 67 Prozent der Befragten in der AfD »eine Gefahr für unsere Demokratie sehen«. Nach der Allensbach-Umfrage unter den deutschen »Eliten« wollten im Januar 2025 stolze 64 Prozent der Befragten in der Präsidentschaft Donald Trumps »eine Chance« erkennen. Bei einigen ist diese Antwort nur Ausdruck der Hoffnung, weiter in den USA gute Geschäfte zu machen. Bei anderen ist es Ausdruck der Hoffnung, in einem autoritären Staat weniger Rücksicht nehmen zu müssen: auf Beschäftigte, auf Gewerkschaften, die Umwelt und Konsumentenrechte. Nach Jahren der Stagnation macht sich die Kapitalseite ernsthaft Sorgen um ihren Standort Deutschland. Auch hierzulande suchen einige Unternehmenslenker nach »vernünftigen Leuten« von ganz rechts.
Das heißt aber nicht, dass man in größerem Umfang mit der AfD gemeinsame Sache machen kann. Ein Exportland, das sich von der Welt isoliert, wird nicht gut funktionieren. Jeden Tag liefert die Regierung Trump Gründe, sich von der einstigen Führungsmacht der freien Welt zu emanzipieren. Angesichts neuer geopolitischer Konflikte ist das Programm von Merz ein erfolgreiches Deutschland in einer erfolgreichen EU, ein neuer europäischer Imperialismus. Viele politische, wirtschaftliche und militärische Voraussetzungen dafür müssen erst noch geschaffen werden.
Im Kampf um die Regierung hatte die CDU/CSU 2023 erfolgreich das Bundesverfassungsgericht angerufen, um den »Klima- und Transformationsfonds« der Ampelregierung zu verhindern. Damals ging es um 60 Milliarden Euro, heute um ganz andere Summen – aber auch um andere Zwecke. Eine massive Aufrüstung soll von den Auflagen der Schuldenbremse ausgenommen, daneben in zehn Jahren 500 Milliarden in verschiedene Bereiche der Infrastruktur gesteckt werden. Die SPD wird mittun. Seit Hartz-IV strukturell mehrheitsunfähig, befindet sie sich als kleinere Ergänzung zur CDU in einer babylonischen Gefangenschaft.
Ein Denkmal für St. Florian
Die meisten deutschen Wahlberechtigten sind älter als 50 Jahre. Man kann davon ausgehen, dass ihnen ein Spruch geläufig ist, der sich in ländlichen Gebieten noch an manchen Hauswänden findet: »Heiliger Sankt Florian / Verschon’ mein Haus, zünd’ and’re an!« Eine eingängige Formulierung für das Prinzip des Privateigentums: Jede/r sich selbst der oder die Nächste.
Eine politische Folge dieses Denkens ist auf den Karten mit den Wahlergebnissen zu sehen: Der ganze Osten um Berlin ist bei den Erststimmen »blau«, von Kap Arkona bis Plauen, von drei Wahlkreisen abgesehen. Und auch in Berlin ist es der AfD erstmals gelungen, ein Direktmandat zu erreichen (in Marzahn-Hellersdorf). Warum? In Frankreich hat es die Linke 2024 hinbekommen, einen Durchmarsch des Rassemblement National zu verhindern. Durch die Bildung einer gemeinsamen Plattform, durch Wahlabsprachen und vor allem durch eine sehr aufmerksame Wähler:innenschaft, die Prioritäten gesetzt hat. Die Rechten nicht zu wählen war ihnen wichtiger als der jeweils eigene Kirchturm. Hierzulande scheint so etwas nicht zu gehen. Das heißt etwas.
Selbstverständlich ist hier nicht nur »Die Linke« in der Verantwortung. Doch das »Der hat aber angefangen!«-Argument gehört in den Buddelkasten und wird der politischen Lage nicht gerecht. Der Wahlerfolg der AfD im Osten ist ein Denkmal für St. Florian.
In den sechziger Jahren schrieb der Politikwissenschaftler Karl W. Deutsch: »Macht hat in einem gewissen Sinne derjenige, der es sich leisten kann, nichts lernen zu müssen.« Er brachte damit ein wichtiges Argument für die Begrenzung von Macht und gegen autoritäre Modelle aller Art auf den Punkt: Leute, die zu viel Macht haben, müssen nichts lernen. Bis irgendwann der Punkt kommt, an dem ihre Macht allein zum Machterhalt nicht mehr ausreicht – aber bis dahin geht meist viel kaputt. Karl W. Deutsch hat damit zugleich den kleinen Leuten eine Mahnung mitgegeben: So anstrengend Aufklärung, Lernen und Wissenschaft auch sind – und sie sind anstrengend – sie können es sich gar nicht leisten, darauf zu verzichten. Solange sie versuchen, sich nur um ihre eigene kleine Welt zu kümmern, wird die große Welt mit ihren Umbrüchen alle Lebenspläne durcheinanderwirbeln. Am 23. Februar haben sich Millionen Menschen aufgemacht, um Positives zu erreichen oder Negatives zu verhindern. Jetzt kommt es darauf an, was sie mit den Folgen ihrer Wahlentscheidung anfangen.
Mit Zahlenteufel startet Lunapark21 in dieser Ausgabe eine neue Rubrik
2014 beendete Thomas Piketty sein Buch über „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ mit dem Satz: „Von den Zahlen nichts wissen zu wollen, dient selten der Sache der Ärmsten.“ Bei aller Kritik an Pikettys Zugang – siehe Lunapark21, Heft 28: https://www.lunapark21.net/der-zahlenteufel/ – dies war zwar keine neue, aber sehr richtige Einsicht. Bertolt Brecht formulierte sie einst so: „Was du nicht selber weißt / Weißt du nicht. / Prüfe die Rechnung / Du mußt sie bezahlen. / Lege den Finger auf jeden Posten / Frage: Wie kommt er hierher?“ (Lob des Lernens). Leider hat auch die Autorität Brechts unter Linken nur wenige dazu verführt, sich mit der Herkunft und Bedeutung wirtschaftlicher Größen genauer zu beschäftigen. Doch es muss nicht so bleiben, wie es ist.
Einen Krieg vorbereiten und einen Krieg führen sind zwei sehr verschiedene Dinge. Das gilt in jeder Beziehung, es gilt auch wirtschaftlich.
Zwei Tage nach dem Sieg Donald Trumps trat in Washington D.C. der Offenmarktausschuss der US Zentralbank, der Federal Reserve (Fed), zusammen und beschloss eine weitere Senkung der Leitzinsen um ein Viertel Prozent. Sieben Wochen zuvor, auf der Zielgeraden des US-Wahlkampfs, hatte Trump eine erste Zinssenkung der Fed scharf kritisiert: Das sei eine rein politische Entscheidung zugunsten seiner Gegner! Nach seinem Sieg hat er keinen Grund mehr, sich über eine Lockerung der Geldpolitik zu beschweren. Tatsächlich folgt die Fed der Bewegung auf den Finanzmärkten. Trump übertrieb ihren Handlungsspielraum, weil er die reale wirtschaftliche Lage ebenso verschweigen muss wie die harte Arbeit der Republikaner im letzten Kongress für hohe Zinsen.
Der US-Leitzins ist eine Zielgröße: Mit eigenen Interventionen auf den Finanzmärkten versucht die Fed, die Zinsen für Tagesgeld auf den Zentralbankkonten in dem Rahmen zu halten, den sie für geldpolitisch geboten hält. In Anbetracht der enormen Mittel, die ihr zur Verfügung stehen, gelingt ihr das in der Regel recht gut. Was aber geldpolitisch geboten ist, darüber haben die Finanzmärkte das letzte Wort. Der Tagesgeldsatz richtet sich nach den Preisen für kurzfristige US-Staatsschuldpapiere, die für eine Geldbeschaffung bei der Zentralbank als Sicherheit hinterlegt werden müssen. Die Orientierungsgröße (Benchmark) ist die Rendite auf Drei-Monats-Schatzwechsel des US-Finanzministeriums. Die Fed folgt, wenn auch nicht automatisch, den Entwicklungen dieser Preise. Und indem die Fed den Finanzmärkten folgt, übernimmt sie die kapitalistische Urangst vor zu geringer Arbeitslosigkeit. Im Laufe dieses Jahres stieg die Arbeitslosigkeit in den USA bei allgemein guter Konjunkturlage leicht an und erreichte im Juli 4,3 Prozent – aus Sicht der Investoren eine rundheraus positive Entwicklung.
Wie immer ist in einem Bild auch das wichtig, was fehlt. Wenige Tage, bevor die FDP aus der Bundesregierung flüchtete, hatte sie bereits einen Abschiedsbrief übergeben: die Ausarbeitung des Bundesfinanzministeriums Wirtschaftswende Deutschland – Konzept für Wachstum und Generationengerechtigkeit. In diesem 18-seitigen Dokument kommen die Worte Außenhandel, Export, Exportüberschuss und Auslandsvermögen nicht vor. Einen Prüfling würden deutsche Oberlehrer mit der Bemerkung nach Hause schicken: Thema verfehlt, sechs.
heute haben wir uns eingefunden, um gemeinsam Abschied zu nehmen, indem wir uns an Thomas erinnern. Jede und jeder hat viele Gründe, hier zu sein. Viele sind hier, die Thomas länger kennen als ich, und ihn ganz anders kennengelernt haben. Mein Name ist Sebastian Gerhardt. Dass ich allein hier vorn stehe und rede, heißt nicht, dass ich für alle sprechen könnte. Ich stehe hier, weil wenige Tage vor seinem Tod Thomas mich in einem Gespräch mit Annette danach gefragt hat. Und es gibt Fragen, auf die kann man nicht mit „Nein“ antworten.
Wirtschaftliche und politische Fragen im Sommer 2023
Der Winter des Missvergnügens ist vorüber. Wohl vermeldete das Statistischen Bundesamtes am 25. Mai, das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei „preis-, saison- und kalenderbereinigt“ zwei Quartale in Folge gesunken. Die Zahl der neuen Insolvenzverfahren im ersten Quartal 2023 ist um 18 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen. Die Inflationsrate, das heißt der Anstieg des Verbraucherpreisindex zum Vormonat, betrug im Mai 6,1 Prozent. Verglichen mit den Vormonaten ist der Kaufkraftverlust nur etwas geringer ausgefallen. Aber der Arbeitsmarkt ist stabil.
Und obgleich die Spitzenvertreter der deutschen Industrie keine Gelegenheit verpassen, um über ruinöse Bedingungen zu jammern, schauen die Kapitalanleger positiv in die Zukunft. Der Dax hat Mitte Juni die alten Höchststände vom Herbst 2021 wieder erreicht. Im Herbst 2022 hatten offizielle wie selbsternannte Experten aller politischen Lager noch einen möglichen Zusammenbruch der Energieversorgung und einen sicheren Einbruch der Industrieproduktion vorhergesehen. Nichts davon ist eingetreten.
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LP21 Heft 59/ Herbst 2022
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