Thomas Kuczynski ist gestorben

Trauerrede von Sebastian Gerhardt

Liebe Annette,

liebe Mitglieder der Kuczynski-Großfamilie,

liebe Freunde und Weggefährten,

liebe Nachbarn von Thomas und Annette,

verehrte Trauergäste,

heute haben wir uns eingefunden, um gemeinsam Abschied zu nehmen, indem wir uns an Thomas erinnern. Jede und jeder hat viele Gründe, hier zu sein. Viele sind hier, die Thomas länger kennen als ich, und ihn ganz anders kennengelernt haben. Mein Name ist Sebastian Gerhardt. Dass ich allein hier vorn stehe und rede, heißt nicht, dass ich für alle sprechen könnte. Ich stehe hier, weil wenige Tage vor seinem Tod Thomas mich in einem Gespräch mit Annette danach gefragt hat. Und es gibt Fragen, auf die kann man nicht mit „Nein“ antworten.

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Rede von Georg Fülberth am 15.7.23 in Stuttgart zur Erinnerung an Winfried Wolf

Liebe Anwesende,

jetzt, zum Schluss, bleibt vielleicht noch eine Frage:

Wie hat Winnie Wolf es geschafft, nach der Zerschlagung der Hoffnungen von 1968 und nach dem Ende des Staatssozialismus 1989/1991, zugleich ein radikaler Reformer zu werden und doch unverändert ein revolutionärer Sozialist zu bleiben?

Er gehörte zunächst zu den Achtundsechzigern. Das waren Menschen, die zwischen 1940 und 1950 geboren wurden und die 1968 zu dem Schluss kamen, jetzt sei alles möglich. In Vietnam verloren die USA gerade einen Krieg, in Mitteleuropa behauptete sich der Staatssozialismus gegen das Rollback, in Kuba gegen die USA, in Afrika siegten nationale Befreiungsbewegungen, in der Bundesrepublik wankten Hierarchien. Es gab weltweite Protestbewegungen.

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Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

Lunapark21 Heft 62 ist die letzte Ausgabe dieser Zeitschrift.

Am 22. Mai ist Chefredakteur Winfried Wolf gestorben. Er hat gegen die Krankheit gekämpft. Eine Operation zwei Jahre zuvor und eine neuartige Immuntherapie zeitigten Erfolg. Um ihm Zeit zur Erholung zu geben, brachten wir die Herbst-Ausgabe 2022 als Doppelnummer heraus und legten eine Pause ein. Anfang dieses Jahres schien Winfried Wolf in guter Verfassung zu sein. „Die Berliner Charité ist der Auffassung, dass mir einige Zeit – ›ein paar Jährchen‹ – geschenkt wurden. Wir werden sehen“, hatte er im Editorial der Frühjahrs-Ausgabe Heft 61 geschrieben.

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Brief an unsere Abonnent:innen

Betr.: Das letzte Heft von Lunapark21

Juni 2023

Liebe Abonnentinnen und Abonnenten,

das Heft 62, die vorliegende Ausgabe der Lunapark21, ist das letzte. Ohne den Chefredakteur Winfried Wolf, der im Mai 2023 verstorben ist, sehen wir keine Möglichkeit, die Zeitschrift weiterzuführen. Unsere ausführliche Erklärung dazu ist im Editorial zu finden.

Wir bedanken uns bei allen Leserinnen und Lesern für ihr Interesse und ihre Treue. Ihr Zuspruch spornte uns immer wieder aufs Neue an, unsere Kraft für Lunapark21 einzusetzen, was zum weitaus größten Teil unentgeltlich geschah.

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Wir trauern um Winfried Wolf


04.03.1949 – 22.05.2023

Liebe Freundinnen und Freunde,

Unser Freund und Genosse Winfried Wolf ist gestern am  22.05.2023 in Berlin gestorben.
Die Zeit, die er nach seiner schweren Erkrankung im Frühjahr 2021 noch gewinnen wollte, um seine Projekte in verschiedenen Bewegungen und Bündnissen fortzuführen, war ihm in diesem Frühjahr nicht mehr gegeben.
Wir empfinden einen schweren Verlust, dessen ganze Bedeutung wir vermutlich noch gar nicht ermessen können.
Und wir sprechen seinen Angehörigen unser herzliches Beileid aus.

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Mensch und Natur

Eine gescheiterte Beziehung?

Fotos von Barbara Straube

Manche haben es immer noch nicht bemerkt – die Klimakrise ist in vollem Gange: Monokultur, Dürre, Artensterben, Emissionen, Flutwellen, Plastikmüll, Eisschmelze, Brände, Waldsterben, Meereserwärmung, endloses Verbrennen von fossiler Energie, überbordendes Wachstum … sehenden Auges geht es in die Katastrophe. Doch in allen Lebensbereichen finden sich widerständige Menschen mit Mut, Sachverstand und zukunftsträchtigen Ideen. In diesem Sinne schenkte 1914 Carl Reiß, ein Mannheimer Unternehmer, der Stadt eine Rheininsel. Ursprünglich wollte er dort eine Ziege-lei errichten. Doch die Schönheit der Natur hatte ihn überzeugt und er ließ den Plan fallen.

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Eingeblättert

Selbstmorde wegen Zinsanstieg

Die Fotos von Menschen, die während des Börsenkrachs im Jahr 1929 aus oberen Stockwerken von New Yorker Wolkenkratzern in den Tod springen, sind ikonographisch. Vergleichbares dürfte sich nicht wiederholen – schließlich sind die Fenster in Hochhäusern nicht mehr zu öffnen und es gibt Absicherungen für finanzielle Risiken wie Festzins oder Fonds mit Papieren aus unterschiedlichen Branchen. Nun berichtete Anfang März der Gouverneur der Reservebank of Australia – der Zentralbank des Landes –, er erhalte „täglich Briefe von Verzweifelten“, die unter den ständig ansteigenden Kreditzinsen litten. Er kündigte an, die Selbsthilfegruppe für Suizidgefährdete zu besuchen, um sich Rat zu holen. Seit Mai 2022 wurde der Leitzins um 3,25 Prozentpunkte auf 3,6 Prozent angehoben. Dort, wo die Banken den Anstieg weitergeben, was so gut wie überall der Fall ist, steigt die Zinslast für einen landestypischen, 30 Jahre laufenden Immobilienkredit  über 640.000 Australische Dollar (400.800 Euro) bei variablem Zins um rund 1200 Dollar monatlich.

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Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

in jüngerer Zeit hat sich die Spekulation mit Bitcoin & Co. enorm verstärkt. Selbst in meinem engen Umfeld gibt es einen guten Bekannten, der so zum Millionär aufstieg – und parallel dazu seine früheren antikapitalistischen Positionen entsorgte. Einer der gefährlichsten Männer der Welt, der Milliardär und Trump-Unterstützer Peter Thiel, hetzte noch im April auf der Bitcoin-Konferenz in Miami Beach gegen die „Finanzgerontokratie“ (gemeint sind der Großinvestor Warren Buffet, der BlackRock-Boss Larry Fink und der JP-Morgan-Chef Jamie Dimon). Diese ältlichen Herren seien „Schuld daran, dass der Bitcoin immer noch nicht die Schallgrenze von 100.000 Dollar geknackt“ hat (Süddeutsche Zeitung vom 8.4.). In dieser LP21-Ausgabe gehen wir auf die jüngsten Entwicklungen im Sektor der Kryptowährungen ein (Seiten 6/7). Thomas Kuczynski schrieb zu dem Thema bereits in den Heften 41/2018 und 51/2021 Grundsätzliches. Er argumentierte, dass der Aufstieg von Bitcoin & Co. Ergebnis der Finanzkrise, der Schwäche der Banken, einschließlich der Zentralbanken und der Nullzinspolitik sei. Seine Schlussfolgerung (in LP21 Heft 51/2021) lautete: „Die einst erträumte Demokratisierung des Weltfinanzsystems [durch Kryptowährungen; W.W.] findet also nicht statt, und die gegenwärtige Entwicklung zeigt nur, wie hoch instabil es nach wie vor ist. Die Frage ist bloß, wann es wieder kracht, und das weiß niemand.“ In den letzten Wochen erleben wir ein Revival der Macht der Zentralbanken, eine Abkehr von der Nullzinspolitik – und einen dramatischen Verfall der Kryptowährungen. Es könnte durchaus sein, dass dies das Vorbeben von einem neuen Finanzcrash ist.

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Die Krise der Partei DIE LINKE

Was Münchhausen geschafft hat, kann eine Basisbewegung in der LINKEn auch schaffen

Eine Linke, die konsequent die neoliberale Unordnung bekämpft, die ohne Wenn und Aber für Abrüstung und Frieden eintritt und die den Kapitalismus nicht als das Ende der Welt, wohl aber als Ursache für das absehbare Ende akzeptabler Lebensbedingungen auf dem Planeten erkennt, ist heute notwendiger denn je. Denn die innere Logik des bestehenden Wirtschaftssystems führt erkennbar in zerstörerische Krisen, zu weltweitem Hunger, in einen neuen großen Krieg und in die Klimakatastrophe. Umso tragischer sind der Niedergang der Partei DIE LINKE. Umso größer die Herausforderungen auf deren Parteitag am letzten Juni-Wochenende.

Dabei ist die Krise dieser Partei erkennbar Teil einer umfassenden Krise der europaweiten Linken. Diese hat sich durch drei Ereignisse vertieft. Erstens durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und der übrigen nicht-kapitalistischen Staaten, die fälschlich als sozialistische verstanden wurden. Das trug zur Zersetzung der großen sozialistischen und kommunistischen Parteien in Italien, Frankreich und Spanien bei. Zweitens durch die Covid-19-Pandemie, die die Mehrheit der linken Parteien nicht als gesundheitliche Bedrohung insbesondere für die ärmeren Bevölkerungsschichten wahrnahm und wo darüber hinaus ein Teil der Linken diese mit grotesken Verschwörungstheorien zu erklären versuchte. Drittens durch den russischen Krieg in der Ukraine, bei dem sich einige Linke noch in einem pro-russischen Lager bewegen und andere Teil der Kriegspartei wurden und Waffenlieferungen an die Ukraine befürworten.

Dass es diese europaweite Krise der Linken gibt, mag die Krise der LINKEN in Teilen erklären. Dies entschuldigt jedoch nicht den Selbstzerstörungsprozess.

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