Nicaragua:

Das traurige Ende der Sandinistischen Revolution

Das politische Experiment, das am 19. Juli 1979 mit der Eroberung der Macht der Sandinistischen Befreiungsfront FSLN begann, wurde nach einer völlig manipulierten Wahlfarce und der erneuten Übernahme der Präsidentschaft durch Daniel Ortega am 10. Januar 2022 unwiderruflich zu Grabe getragen. Der gesellschaftliche Aufbruch der 1980er Jahre, der als Sandinistische Revolution in die Geschichte einging, sollte den sozialen Wandel, politische Freiheit und Christentum miteinander verschmelzen. Er wurde mehrheitlich von einer enthusiastischen Bevölkerung getragen und erwarb weltweite Unterstützung bis weit in das liberale Lager hinein. Von einer ganzen politischen Generation der Linken wurde diese Revolution als Modell für kommende Emanzipationsprozesse angesehen. Davon ist nichts mehr übriggeblieben. Ortega und seine Ehefrau und Vizepräsidentin Rosario Murillo haben das Land in ein großes Gefängnis verwandelt. Es herrschen Angst und Schrecken. Anfang Februar d ieses Jahres begannen Scheinprozesse gegen eine Reihe von politischen Häftlingen. Die ersten von ihnen wurden wegen friedlicher oppositioneller Meinungsäußerungen zu Gefängnisstrafen zwischen 8 und 15 Jahren verurteilt. Der ehemalige Guerillakommandant der FSLN Hugo Torres ist am 12. Februar 2022 im Gefängnis verstorben. Ortega kann seine Herrschaft nur noch mittels seiner Kontrolle über das Militär, die Polizei und die ihm treu ergebenen Paramilitärs aufrechterhalten.

weiterlesenNicaragua:

Inszenierung der Albträume

Zu den Protesten gegen Maßnahmen der Seuchen-Bekämpfung

Helmut Dahmer

Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden. (Karl Marx)

Im Frühjahr 1945, als ihnen dämmerte, dass es mit dem verhießenen „Endsieg“ nichts würde, suchten viele der „hauptbelasteten“ Nazis ihr Heil in der Flucht – etwa über die „Ratten-Linie“ nach Lateinamerika –, andere tauchten unter und legten sich flugs eine „neue“, falsche Identität zu. Die Mehrheit unserer Landsleute aber flüchtete sich ins „Vergessen“. Diese mehr oder weniger geglückte, angestrengte „kollektive Amnesie“ hielt ein paar Jahrzehnte lang vor, so dass Optimisten sogar den Eindruck gewinnen konnten, der „Antisemitismus ohne Juden“ sei an ein Ende gekommen. Im Gefolge der libertären Minderheiten-Revolte der 68er begann dann ein langwieriger „Aufarbeitungs“-Prozess der verschütteten Geschichte der fatalen zwölf Jahre, der, wie die Wiederkehr faschistischer Terroristen und Parteien zeigt, der intergenerationell tradierten „autoritären“ Mentalität etwa eines Drittels der Bevö lkerung keinen Abbruch getan hat. Die seit 1945 eingeübte Fähigkeit, die NS-Vergangenheit zu „vergessen“, trifft auch deren Wiedergänger. Anders ist weder das „Erstaunen“, das die Bevölkerung und die Repräsentanten der drei Gewalten bei jedem neuen Terrorakt, jedem Waffenfund und jedem „neo“-faschistischen „Chat“ überkommt, zu erklären noch die Unfähigkeit und der Unwille, die NSU-Bande zu verhaften und ihr Unterstützer-Feld aufzurollen.

weiterlesenInszenierung der Albträume

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

seit Gründung von Lunapark21 Anfang 2008 erlebten wir drei tiefe Einschnitte: ab Sommer 2008 die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, ab Frühjahr 2020 die Covid-19-Pandemie und ab dem 24. Februar 2022 den Krieg des Kreml gegen die Ukraine. Bei jedem dachten wir, wir erlebten eine Zeitenwende. Was zutrifft.

Der erste Einschnitt wurde der Bevölkerung als Ergebnis fataler Zockerei fern ab, in den USA, und als ein vorübergehendes Ereignis präsentiert. Lucas Zeise schrieb jedoch in Nr. 1: „Eine Weltrezession ist wahrscheinlich.“ Was dann stattfand. Wir gingen damals davon aus, dass diese Krise sich nunmehr durch das gesamte Gebäude des Weltkapitals fressen würde. Was bis heute zutrifft. Siehe die deutsche Krise. Siehe die Euro-Krise. Siehe die Griechenland-Krise. Siehe das Andauern der Krise.

weiterlesenEditorial

„…die Eigentumsfrage stellen.“

quartalsbericht 04/2021 150 jahre pariser kommune

Vor 150 Jahren wehrte sich die Nationalgarde in Paris gegen ihre Entwaffnung, und die Kommune begann die Stadt in einer neuen Form zu verwalten. 72 Tage währte das zukunftsweisende Experiment, vom 18. März bis zu ihrer Niederschlagung am 28. Mai 1871. Die bisherigen Quartalsberichte beschäftigten sich mit der Rolle der Frauen, der des Staates und in Heft 55 mit Fragen der Demokratie in der Pariser Kommune.

Wie produzieren?

Welche Bedeutung hatten die Erfahrungen der Pariser Kommune für die Verständigung der Arbeiterbewegung darüber, was hinsichtlich der Produktion und der Ökonomie erreicht werden soll?

weiterlesen„…die Eigentumsfrage stellen.“

Muhammad Ali: Verdienste und Tragödien

Mit seiner Kriegsdienstverweigerung schrieb er Geschichte. Aber kämpfte der Boxchampion, der heute 80 Jahre alt geworden wäre, für die Emanzipation aller Schwarzen? (Teil 1)

Zum 80. Geburtstag von Muhammad Ali an diesem 17. Januar 2022 erschien bereits eine Vielzahl von Publikationen, Artikeln und Dokus – oft Wiederholungen – über das Leben dieses Berufsboxers. Meist wird dabei Ali weiterhin als „der Größte“ präsentiert, mitunter garniert mit ein paar kritischen Seitenhieben auf seine Prahlerei, auf seine Zugehörigkeit zu einer Islam-Sekte und auf Widersprüche bei seinen politischen Auftritten.

Bei all diesen kritischen Zwischentönen überwiegt das Positive. Mehr noch: Muhammad Ali wird zur Ikone stilisiert. In der deutschen Ausgabe von Wikipedia wird er als „herausragender Sportathlet des 20. Jahrhunderts“ präsentiert. Das Internationale Olympische Komitee ernannte ihn 1999 zum „Sportler des Jahrhunderts“.

weiterlesenMuhammad Ali: Verdienste und Tragödien

SchotterGärten

Schotter-Gärten sind der Versuch, eine selbständige Natur unter Steinen zu erdrücken. Wenn schon der wöchentlich gemähte Rasen zeigen will, dass der Besitzer es nicht nötig hat, eine Fläche landwirtschaftlich zu nutzen, so steigert ein Schottergarten die Abwehr des Gedeihens zu einer Todeszone, in der Pflanzen austauschbare Dekoration sind, die sich fügen sollen.

Schotter-Gärten benötigen viel Aufwand an Arbeit und Geld. Der Garten soll ein immer gleiches Bild bieten. Wenn die Pflanzen zwischen den Steinen diesem Anspruch nicht länger genügen und sogar wachsen, blühen und vergehen, dann werden sie ausgewechselt. Schotter-Gärten sind die Fototapete für draußen.

Schotter-Gärten wollen die Natur stillstellen. Doch gerade in dem Bemühen, keinen Wandel zuzulassen, zeigen sie sich der Natur nicht gewachsen. Kunststoffrasen, Blechblumen und Bambi-Figuren aus Plastik wären die ehrlichere Variante.

Plätschernde Wasser, sich wiegende Zweige, duftende Blüten und Schatten spendende Bäume – eine Paradiesvorstellung. Der Schotter-Verwender stattdessen will Stein, Starrheit und Stille, ein Ideal, wie es sich nur in dieser Wüstenei findet.

weiterlesenSchotterGärten

Editorial

Betrifft: Tod Kostas Papanastasiou

Liebe Leserin, lieber Leser,

An einem Frühlingstag im Jahr 1972 – ich war 23 Jahre alt – standen zwei junge Griechen vor der Tür meiner Wohnung in Berlin-Kreuzberg. Der eine wies sich als Kostas Papanastasiou aus. Er sei auf mich aufmerksam geworden, weil ich 1969 das Theater-Stück „Hellas Report“ verfasst hatte und mit diesem und einer kleinen Laienschauspielschar 1970/71 in verschiedenen westdeutschen Städten vor griechischen „Gastarbeitern“ aufgetreten war. Es war die Zeit der faschistischen Diktatur in Griechenland. Kostas und sein Freund baten nun mich und meine Frau, getarnt als Touristen, Material für den Widerstand nach Griechenland zu schmuggeln. Zuerst sollten es Waffen sein (das lehnten wir ab), dann war es Propagandamaterial in griechischer Sprache. Wir stimmten zu. Über die Hindernisse, die bei der Erledigung dieses Jobs für die „gute Sache“ auftauchten (bereits die Volkspolizisten an der Grenze Westberlin/DDR wurden auf unsere Koffer mit dem Propagandamaterial, das einigermaßen unprofessionell in die doppelten Böden eingelagert war, aufmerksam), ist an anderer Stelle zu berichten.

weiterlesenEditorial

Zum Tod von Rolf Verleger

Mit Rolf Verleger verlieren die Menschen in Deutschland und die Linke hierzulande eine wichtige jüdische Stimme des Humanismus und des Engagements für den Frieden. Wir als Redaktion von Lunapark21 und die Redaktion der Zeitung gegen den Krieg – in diesem Fall Reiner Braun und Winfried Wolf – sind tief bestürzt und traurig. Wir werden die Arbeit Rolfs für Frieden und Gerechtigkeit würdigen.

Winfried Wolf, der Anfang der 1960er Jahre in seiner Zeit als Schüler in Ravensburg mit Rolf Verleger und stärker noch mit dessen Bruder Peter Verleger freundschaftlich verbunden war, führte 2006, auf dem Höhepunkt des Libanon-Kriegs, ein Interview mit Rolf in Lübeck.

Wir veröffentlichen dieses hiermit. Es hat nicht nur historischen Wert, sondern es ist auch angesichts der fortgesetzten aggressiven Politik der Regierung der USA (Stichwort: Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem) und der Regierung in Tel Aviv gegenüber der palästinensischen Bevölkerung (Stichwort: beschleunigter Siedlungsbau) von hoher Aktualität.

Winfried Wolf / Redaktion LP21

weiterlesenZum Tod von Rolf Verleger

Lunapark21 Kurzmeldungen

Rekordwachstumsbranche Deutscher Bundestag

Laut Gesetz hat der Bundestag 598 Mitglieder (MdBs). 1990 waren es 662 Mandate. 1994 wurden bereits 672 MdB und in der letzten Legislaturperiode 709 Abgeordnete gezählt. Mit der Wahl am 26. September 2021 erhöhte die sich MdB-Zahl ein weiteres Mal auf nunmehr 735. Das ist gegenüber der gesetzlichen Festlegung eine Steigerung um 22,9 Prozent. Und gegenüber dem ersten gesamtdeutschen Parlament von 1990 immer noch eine Wachstumsrate von 11 Prozent. Wesentliche Ursache für die Mandats-Inflation ist das komplexe Wahlrecht mit den „Ausgleichsmandaten“ und „Überhangmandaten“. Allerdings gab es viele Anläufe, das Wahlrecht zu verändern, um die absehbare MdB-Flut zu stoppen. Dass sie alle scheiterten, deutet auf eine innere Tendenz zur bürokratischen Verselbständigung des parlamentarischen Apparats – mit selbstgesteuerten Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahmen – hin. Es wachsen nicht nur die Zahl der MdBs (und deren inzwischen mehr als 6000 Mitarb eiter). Zusätzlich vergrößert sich der gesamte Apparat des Parlaments. So erhöhte sich die Zahl der Bundestagsbeschäftigten noch stärker als diejenige der Abgeordneten. 2005 wurden in den obersten Bundesbehörden und in den Fraktionen14.360 Beschäftigte registriert, Ende 2021 sind es 24.221. Wachstumsrate 68,6 Prozent.

Angaben nach Bundesministerium für Finanzen.

weiterlesenLunapark21 Kurzmeldungen