Unsere Zeit ist mehr wert!

Gewerkschaftsfrauen in der Schweiz diskutieren Verkürzung bei Vollarbeitszeit

Aus verschiedenen Blickwinkeln und mit unterschiedlichem Erfahrungshintergrund diskutierten Gewerkschafterinnen anlässlich ihres Frauenkongresses des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes Mitte Januar 2018 unter dem Leitsatz «Unsere Zeit ist mehr wert!» das Thema Verkürzung der vollen Erwerbsarbeitszeit. Im Unterschied zu den vergangenen Jahren stellen sie nun ihre gesellschaftliche Stellung als Frauen und ihre Position auf dem Arbeitsmarkt ins Zentrum der Diskussion. In den zurückliegenden Jahrzehnten ist nicht zuletzt durch den massiven Ausbau der Teilzeitarbeit, in erster Linie für Frauen, das politische Interesse der Verkürzung der Vollarbeit zurückgegangen. Immerhin wurde in krisenhaften Situationen von Arbeitnehmenden und ihren Gewerkschaften nach allgemeiner Arbeitszeitverkürzung gerufen. Für die Gewerkschaftsfrauen steht ausserdem fest, dass es neben der Verkürzung der Vollzeitarbeit auch eine neue Zeitpolitik, respektive Organisation der Erwerbsarbeit braucht, um die die herkömmliche Trennung zwischen Erwerbsarbeits- und Lebenszeit zu überwinden.

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„Elektro-Pkw sind wesentlicher Bestandteil im weltweiten Kampf gegen die Klimaerwärmung“

Quartalslüge I / MMXVIII

Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wird festgehalten: „Wir wollen die Elektromobilität […] in Deutschland voranbringen und die bestehende Förderkulisse […] aufstocken.“ Hut ab! „Förderkulisse aufstocken“ als Umschreibung für „Zusätzliche Milliarden Euro Steuergelder den Autokonzernen zuschustern“ ist brillant! Wobei hier mal gilt: Wie Wien, so Berlin. Denn in dem im Dezember 2017 verabschiedeten Koalitionsvertrag der neuen ÖVP-FPÖ- Regierung werden ebenfalls die „alternativen, umweltschonenden Antriebsformen wie Elektro- und Hybridmotoren“ gelobt, worauf kundgetan wird: „Damit es hier zu einer stärkeren Nutzung kommt, müssen die Rahmenbedingungen für die Elektrifizierung des Verkehrs verbessert werden.“ In Berlin und in Wien wird die „Förderung der E-Mobilität“ als Beitrag im weltweiten „Kampf gegen die Klimaerwärmung“ ausgegeben.

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Vom Schutz für Aufstieg zum Schutz im Niedergang

Die vielen Gesichter des Protektionismus

Protektionismus wird im Zuge der diskursiven Heraufbeschwörung der vier „Freiheiten“ des Kapitals (Waren, Kapital, Dienstleistungen, Arbeitskräfte) als Störung des kapitalistischen Wettbewerbs diffamiert. Protektionismus mache angeblich die Wachstums- und Beschäftigungseffekte zunichte und schade allen. Diese Position haben sich in den 1980er Jahren in den Zentren der Weltwirtschaft fast alle politischen Kräfte zu Eigen gemacht. Sie wischten Schutzforderungen von Arbeitern, Frauen oder Peripheriestaaten als chauvinistisch oder nationalistisch vom Tisch.

Vergessen wird, dass ohne Protektionismus keine Fabrikindustrie entstanden wäre. Und geflissentlich verdrängt wird, dass Freihandel niemals auf gleicher Augenhöhe, sondern höchst selektiv gehandhabt wurde und wird. Auch heute gehen mit der herrschenden Wirtschaftspolitik im Namen des Freihandels Quoten, Ursprungsregeln, Zölle und Embargos einher. Im Peripherie-Diskurs nachholender Entwicklung stand Dissoziation, die Forderung nach einer temporären Herauslösung von Entwicklungsländern aus dem Weltmarkt stets zur Debatte – manchmal im Wettstreit, manchmal in Kombination mit assoziativer Integration in den Weltmarkt.

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Das Großprojekt Stuttgart 21 gerät ins Wanken

Am 18. April waren Bahnchef Richard Lutz und der Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla in den Verkehrsausschuss des Bundestag geladen. Lutz gestand hier ein, dass das Großprojekt Stuttgart 21 der Deutschen Bahn AG nach internen Berechnungen einen Verlust von 2,2 Milliarden Euro bescheren werde. Das kommt einem Offenbarungseid gleich: Das größte Infrastrukturprojekt in Deutschland, das frühestens Ende 2025 fertig gebaut sein soll und das zu einem Kapazitätsabbau im Vergleich mit dem bestehenden Kopfbahnhof führt, soll nach Eingeständnis des Vorstands des Bahnkonzerns auch noch zum größten Verlust in der Geschichte der Eisenbahn in Deutschland führen. Auf der gleichen Verkehrsausschusssitzung gab es dann – ebenfalls absolut überraschend – den einstimmigen (!) Beschluss, einem Antrag der Partei DIE LINKE zuzustimmen und auf einer kommenden Ausschusssitzung die Alternativen zu Stuttgart 21, das Programm “Umstieg21” zu diskutieren. Hierfür wurde inzwischen auch als Termin der 11. Juni vereinbart.
Winfried Wolf hielt am 23. April, nur fünf Tage nach der sensationellen Verkehrsausschussitzung, auf der 413. Montagsdemo eine viel beachtete (in Teilen in der Wochenzeitung KONTEXT wiedergegebene) Rede, in der er in form einer Ansprache an den Bahnchef Richard Lutz die neue Situation um Stuttgart 21 und die Rolle, die Richard Lutz bislang im Zerstötungsprozess der Bahn spielte, analysierte. Die ungekürzte Fassung der Rede finden Sie HIER.

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Visionen und Erneuerung

In den Quälereien um eine neue Bundesregierung wird CDU/CSU und SPD immer wieder vorgehalten, es fehle ihnen an Visionen. Sie benötigten eine Erneuerung.

Was den ersten der beiden Begriffe angeht, so spricht lediglich für ihn, dass einst ein schneidiger Bundeskanzler sich an ihm störte und schnarrte: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Wer solche Feinde hat, verdient Freunde. Einerseits. Andererseits ist auch bei radikal Zukunftsorientierten seit geraumer Zeit eine Umkehr der einst durch Friedrich Engels beschriebenen Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft zu bemerken. Ihr Zug fährt in die Gegenrichtung: von der Wissenschaft zur Utopie. In dieses Nirgendwo weist auch das Reden von den Visionen.

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Exekutive und Legislative

Ein halbes Jahr „amtierende Regierung“ und die Lehren

Gelernt haben wir das in der Schule – jedenfalls im goldenen Westen – alle andersherum: Das Machtzentrum der Demokratie ist die Legislative. Sie entsteht aus freien, gleichen und geheimen Wahlen zwischen verschiedenen Parteien heraus, die mit unterschiedlichen Programmen und Personen, die sie repräsentieren, um die Wählerstimmen werben. Die Gewinner der so verteilten Mandate treten dann zusammen, um eine neue Regierung – das Haupt der Exekutive – zu wählen, die so von ihr abgeleitet und damit abhängig sei. Sie, die Legislative, könne die Exekutive auch jederzeit stürzen. Zwar sei das nicht mehr, wie sich in der Weimarer Republik als verhängnisvoll herausgestellt habe, möglich, ohne eine alternative Regierung zu bestimmen. Aber in Form eines „konstruktiven Mißtrauensvotums“ hänge über jeder Exekutive das scharfe Schwert der Legislative. Damit nicht genug: Alle Gesetze, die im Laufe der Legislaturperiode zu verabschieden seien, kämen aus der Legislative; die Exekutive habe diese Gesetze dann entsprechend dem Willen der Mehrheit der Volksvertreter zu exekutieren (woraus sich der Begriff selbst ableitet). Die dritte Gewalt im Staate, die Judikative, lege die Anwendung dieser Gesetze in strenger Unabhängigkeit von der vollziehenden Gewalt aus.

Soweit die Theorie der Gewaltenteilung im bürgerlichen Staat.

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Enteignet Bezos!

Der Axel Springer Verlag ehrt zum 1968er Jubiläum den Amazon-Boss

Am 24. April 2018 verleiht der Springer Medien-Konzern dem Amazon-Boss Jeff Bezos den „Axel Springer Award“. Friede Springer, Hauptaktionärin des Konzerns und Witwe des Pressezaren Axel Cäsar Springer, und Matthias Döpfner, Miteigentümer des Konzerns und Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE, geben sich die Ehre als Gastgeber im „Journalisten-Club von Axel Springer“ in Berlin. Die Laudatio auf Bezos hält John Elkann, Verwaltungsratspräsident des Fiat-Konzerns. Aufschlussreich bei diesem Event, das Springer als „An Evening for Jeff Bezos“ bezeichnet, ist, wer hier wen ehrt und welcher Zeitpunkt für die Ehrung gewählt wird.

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Klassenkampf von oben – immer härter

Metallunternehmer verweigern kollektive Arbeitszeitverkürzung und vollem Lohn- und Personalausgleich

Der Kampf um die Arbeitszeit in der deutschen Metallindustrie zeigt die Härte des Klassenkampfs von oben. Die Kampfbereitschaft von einer Million Warnstreikenden und einer halben Million Ganztagestreikenden in tausenden Betrieben haben den Unternehmern in der Arbeitszeitfrage gerade mal ein Zugeständnis von zwei bezahlten Tagen Arbeitszeitverkürzung pro Jahr für Kinderbetreuende, Pflegende und SchichtarbeiterInnen abgetrotzt. Beim Fleximodell ist es den Unternehmern gelungen, den Arbeitszeitrahmen über die 35-Stunden-Woche hinaus in Richtung Arbeitszeitverlängerung weiter auszudehnen. Auch die Arbeitszeitverkürzung im Osten von 38 auf 35 Stunden konnten sie blockieren. Mit der selbstfinanzierten Arbeitszeitverkürzung – individuell für maximal zehn Prozent der Belegschaft, quasi Teilzeit per Tarifvertrag – ist es ihnen geglückt, kollektive Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich zu verhindern.

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Der Staat kehrt zurück

Der Gegentrend zur Privatisierungswelle

Die Kosten der Wirtschafts- und Finanzkrise vor zehn Jahren sind bis zur untersten Gebietskörperschaft durchgereicht worden. Längst hat die Staatsschuldenkrise ihre Spuren nicht nur an der Wall Street, sondern auch in Wesel, Wismar und Wuppertal hinterlassen. Zugleich haben die Kommunen seit zwei Jahren erhebliche finanzielle Mehrbelastungen im Zuge der Flüchtlingsbewegung zu stemmen. Schließlich sind die Steuereinnahmen der Kommunen seit Jahren unzureichend, so dass deren Haushaltslöcher inzwischen historische Ausmaße erreicht haben.

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