„Elektro-Pkw sind wesentlicher Bestandteil im weltweiten Kampf gegen die Klimaerwärmung“

Quartalslüge I / MMXVIII

Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wird festgehalten: „Wir wollen die Elektromobilität […] in Deutschland voranbringen und die bestehende Förderkulisse […] aufstocken.“ Hut ab! „Förderkulisse aufstocken“ als Umschreibung für „Zusätzliche Milliarden Euro Steuergelder den Autokonzernen zuschustern“ ist brillant! Wobei hier mal gilt: Wie Wien, so Berlin. Denn in dem im Dezember 2017 verabschiedeten Koalitionsvertrag der neuen ÖVP-FPÖ- Regierung werden ebenfalls die „alternativen, umweltschonenden Antriebsformen wie Elektro- und Hybridmotoren“ gelobt, worauf kundgetan wird: „Damit es hier zu einer stärkeren Nutzung kommt, müssen die Rahmenbedingungen für die Elektrifizierung des Verkehrs verbessert werden.“ In Berlin und in Wien wird die „Förderung der E-Mobilität“ als Beitrag im weltweiten „Kampf gegen die Klimaerwärmung“ ausgegeben.

Für Lunapark21 ist dies eine Quartalslüge. Ja, das Gegenteil ist der Fall. Und dies aus drei Gründen: Erstens sind die das Klima aufheizenden Emissionen eines Elektro-Pkw unter den gegebenen Bedingungen (Strom-Mix!) identisch hoch wie bei Pkw, die mit Benzin oder Diesel betrieben werden (und zwar dann, wenn der Lebenszyklus eines Autos betrachtet wird). Zweitens sind Elektro-Autos bis auf weiteres vor allem Zweit- und Drittwagen. Sie bringen damit zusätzliche Belastungen – vor allem in Städten – mit sich. Und drittens sind E-Autos schlicht das zeitgenössische Feigenblatt, mit dem in Zeiten drohender Fahrverbote vorgetäuscht werden soll, es gebe eine Alternative zum herkömmlichen Auto und womit die dramatisch-zerstörerische Weiter-so-Politik der Autokonzerne verdeckt werden soll.

Im Zeitraum 1985 und bis 2018 gab es eine Verdreifachung der Zahl aller Kfz weltweit – von 470 Millionen auf 1,5 Milliarden (Tabelle, Spalte 2). Allein seit 2010 und bis 2018 stieg die Zahl der Autos von einer Milliarde auf 1,5 Milliarden Einheiten an. Bis 2025 sind es nochmals 500 Millionen mehr. Jahr für Jahr gibt es ein Plus von inzwischen 60 Millionen Autos (Spalte 3). Und wir reden jetzt immer von Fahrzeugen, bei denen es sich zu mehr als 90 Prozent um Benzin- und Diesel-Autos handelt.

Vergessen wir für einen kurzen Augenblick das, was wir zu E-Autos schrieben. Und nehmen wir die optimistischsten Aussagen der E-Auto-Lobby. Danach machen die 2018 weltweit registrierten 4,5 Millionen E-Mobile gerade mal 0,4 Prozent des Weltautobestands aus. Danach – nach Angaben der Tesla-Begeisterten – sind es 2025 im Optimum 150 Millionen Elektroautos, was 10 Prozent des dann erreichten Weltbestands an Autos ausmachen würde (Spalte 7). Wobei dies wiederum nur dann erreicht werden könnte, wenn 2025 bei der Jahresfertigung der Anteil der Elektroautos an der Gesamtproduktion bei 35 Prozent liegen würde (was angesichts der knappen Vorräte an Kobalt, dem gigantischen Wasserbedarf, den die Förderung von Lithium mit sich bringen würde, und er der damit verbundenen zusätzlichen Nachfrage nach Strom nicht wirklich darstellbar ist).

Doch die Rechnungen mit „Anteilen“ sind für unsere Argumentation nicht entscheidend. Entscheidend ist das absolute Wachstum allerorten: 500 Millionen mehr Kraftfahrzeuge gesamt; davon 350 Millionen zusätzliche herkömmliche Autos!

Bei einem solchen Szenario wird die Belastung des Klimas und der Umwelt nochmals enorm viel größer sein als heute: Selbst wenn wir eine gewisse Schadstoffreduzierung je Pkw und je Lkw unterstellen, wird das eine Drittel mehr konventionelle Autos für mindestens 25 Prozent mehr Schadstoffbelastungen sorgen. Zusätzlich wird es die Belastungen geben, die mit den Elektro-Autos verbunden sind, unter anderen aufgrund der deutlich erhöhten Stromproduktion bei einem Strommix mit weltweit sehr hohem Anteil an Kraftwerken, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden.

Auf dem global wichtigsten Automarkt, in China, zugleich der mit Abstand wichtigste Markt für Elektro-Pkw, haben wir derzeit eine Zweidrittel-Abhängigkeit von Kohlestrom. Dieser Kohlestrom soll zwar reduziert und zu einem Teil durch Strom aus Sonnenenergie ersetzt werden. Gleichzeitig wird aber auch die Zahl der Atomkraftwerke von derzeit 35 auf mehr als 100 erhöht. Wenn es 1979 im damals wichtigsten Atomstromland USA mit Harrisburg eine erste atomare Katastrophe gab, wenn es 1986 im damals größten Atomstromland, der Sowjetunion, mit Tschernobyl, zum zweiten atomaren Großunfall kam, wenn es schließlich 2011 im damals führenden Atomstrom-Land Japan mit Fukushima eine dritten atomaren GAU gab, dann spricht sehr viel dafür, dass China zum Kandidaten für die nächste atomare Katastrophe aufsteigt.

Wobei hier der Fokus auch auf Frankreich fällt. Dort gibt es einerseits scheinbar kühne Initiativen für saubere Luft in Städten, indem dort bald nur noch Elektro-Pkw erlaubt sein sollen. Gleichzeitig haben wir in Frankreich einen Strom-Mix mit 72 Prozent Atomstrom (und 58 aktiven Atomkraftwerken). Auch hier wird die Konzentration auf E-Autos die Abhängigkeit von Atomstrom erhöhen.

Und natürlich wird es die zerstörerische Aufholjagd bei der Motorisierung geben, wenn die hochmotorisierten Regionen nicht vor der eigenen Türe kehren und eine radikale Verkehrswende einleiten. Die Pkw-Dichte in China (118 Pkw je 1000 Einwohner) liegt auch heute noch, trotz Aufholjagd, bei einem Fünftel derjenigen in der EU oder einem Achtel derjenigen in den USA. Diejenige in Indien (22 Pkw je 1000 Einwohner) bei einem Fünfundzwanzigstel derjenigen der EU. Usw. usf. Siehe die Grafik zu den extrem unterschiedlichen Motorisierungsgraden.

[1] Basis der Angaben: OICA-Statistik. E-Pkw-Bestand nach: The Electrical Vehicles Worldsales Database EV. Angaben für 2018 – 2025 eigene Schätzung auf Basis der Planungen und Investitionen der internationalen Autokonzerne. Für die Zahl der E-Pkw im Jahr 2025 wurde mit 150 Millionen Einheiten der höchste Wert aus den unterschiedlichen Prognosen gewählt. In der Regel werden eher 100 Millionen als Optimum genannt.

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