Das Großprojekt Stuttgart 21 gerät ins Wanken

Am 18. April waren Bahnchef Richard Lutz und der Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla in den Verkehrsausschuss des Bundestag geladen. Lutz gestand hier ein, dass das Großprojekt Stuttgart 21 der Deutschen Bahn AG nach internen Berechnungen einen Verlust von 2,2 Milliarden Euro bescheren werde. Das kommt einem Offenbarungseid gleich: Das größte Infrastrukturprojekt in Deutschland, das frühestens Ende 2025 fertig gebaut sein soll und das zu einem Kapazitätsabbau im Vergleich mit dem bestehenden Kopfbahnhof führt, soll nach Eingeständnis des Vorstands des Bahnkonzerns auch noch zum größten Verlust in der Geschichte der Eisenbahn in Deutschland führen. Auf der gleichen Verkehrsausschusssitzung gab es dann – ebenfalls absolut überraschend – den einstimmigen (!) Beschluss, einem Antrag der Partei DIE LINKE zuzustimmen und auf einer kommenden Ausschusssitzung die Alternativen zu Stuttgart 21, das Programm “Umstieg21” zu diskutieren. Hierfür wurde inzwischen auch als Termin der 11. Juni vereinbart.
Winfried Wolf hielt am 23. April, nur fünf Tage nach der sensationellen Verkehrsausschussitzung, auf der 413. Montagsdemo eine viel beachtete (in Teilen in der Wochenzeitung KONTEXT wiedergegebene) Rede, in der er in form einer Ansprache an den Bahnchef Richard Lutz die neue Situation um Stuttgart 21 und die Rolle, die Richard Lutz bislang im Zerstötungsprozess der Bahn spielte, analysierte. Die ungekürzte Fassung der Rede finden Sie HIER.

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Visionen und Erneuerung

In den Quälereien um eine neue Bundesregierung wird CDU/CSU und SPD immer wieder vorgehalten, es fehle ihnen an Visionen. Sie benötigten eine Erneuerung.

Was den ersten der beiden Begriffe angeht, so spricht lediglich für ihn, dass einst ein schneidiger Bundeskanzler sich an ihm störte und schnarrte: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Wer solche Feinde hat, verdient Freunde. Einerseits. Andererseits ist auch bei radikal Zukunftsorientierten seit geraumer Zeit eine Umkehr der einst durch Friedrich Engels beschriebenen Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft zu bemerken. Ihr Zug fährt in die Gegenrichtung: von der Wissenschaft zur Utopie. In dieses Nirgendwo weist auch das Reden von den Visionen.

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Exekutive und Legislative

Ein halbes Jahr „amtierende Regierung“ und die Lehren

Gelernt haben wir das in der Schule – jedenfalls im goldenen Westen – alle andersherum: Das Machtzentrum der Demokratie ist die Legislative. Sie entsteht aus freien, gleichen und geheimen Wahlen zwischen verschiedenen Parteien heraus, die mit unterschiedlichen Programmen und Personen, die sie repräsentieren, um die Wählerstimmen werben. Die Gewinner der so verteilten Mandate treten dann zusammen, um eine neue Regierung – das Haupt der Exekutive – zu wählen, die so von ihr abgeleitet und damit abhängig sei. Sie, die Legislative, könne die Exekutive auch jederzeit stürzen. Zwar sei das nicht mehr, wie sich in der Weimarer Republik als verhängnisvoll herausgestellt habe, möglich, ohne eine alternative Regierung zu bestimmen. Aber in Form eines „konstruktiven Mißtrauensvotums“ hänge über jeder Exekutive das scharfe Schwert der Legislative. Damit nicht genug: Alle Gesetze, die im Laufe der Legislaturperiode zu verabschieden seien, kämen aus der Legislative; die Exekutive habe diese Gesetze dann entsprechend dem Willen der Mehrheit der Volksvertreter zu exekutieren (woraus sich der Begriff selbst ableitet). Die dritte Gewalt im Staate, die Judikative, lege die Anwendung dieser Gesetze in strenger Unabhängigkeit von der vollziehenden Gewalt aus.

Soweit die Theorie der Gewaltenteilung im bürgerlichen Staat.

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Enteignet Bezos!

Der Axel Springer Verlag ehrt zum 1968er Jubiläum den Amazon-Boss

Am 24. April 2018 verleiht der Springer Medien-Konzern dem Amazon-Boss Jeff Bezos den „Axel Springer Award“. Friede Springer, Hauptaktionärin des Konzerns und Witwe des Pressezaren Axel Cäsar Springer, und Matthias Döpfner, Miteigentümer des Konzerns und Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE, geben sich die Ehre als Gastgeber im „Journalisten-Club von Axel Springer“ in Berlin. Die Laudatio auf Bezos hält John Elkann, Verwaltungsratspräsident des Fiat-Konzerns. Aufschlussreich bei diesem Event, das Springer als „An Evening for Jeff Bezos“ bezeichnet, ist, wer hier wen ehrt und welcher Zeitpunkt für die Ehrung gewählt wird.

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Klassenkampf von oben – immer härter

Metallunternehmer verweigern kollektive Arbeitszeitverkürzung und vollem Lohn- und Personalausgleich

Der Kampf um die Arbeitszeit in der deutschen Metallindustrie zeigt die Härte des Klassenkampfs von oben. Die Kampfbereitschaft von einer Million Warnstreikenden und einer halben Million Ganztagestreikenden in tausenden Betrieben haben den Unternehmern in der Arbeitszeitfrage gerade mal ein Zugeständnis von zwei bezahlten Tagen Arbeitszeitverkürzung pro Jahr für Kinderbetreuende, Pflegende und SchichtarbeiterInnen abgetrotzt. Beim Fleximodell ist es den Unternehmern gelungen, den Arbeitszeitrahmen über die 35-Stunden-Woche hinaus in Richtung Arbeitszeitverlängerung weiter auszudehnen. Auch die Arbeitszeitverkürzung im Osten von 38 auf 35 Stunden konnten sie blockieren. Mit der selbstfinanzierten Arbeitszeitverkürzung – individuell für maximal zehn Prozent der Belegschaft, quasi Teilzeit per Tarifvertrag – ist es ihnen geglückt, kollektive Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich zu verhindern.

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Der Staat kehrt zurück

Der Gegentrend zur Privatisierungswelle

Die Kosten der Wirtschafts- und Finanzkrise vor zehn Jahren sind bis zur untersten Gebietskörperschaft durchgereicht worden. Längst hat die Staatsschuldenkrise ihre Spuren nicht nur an der Wall Street, sondern auch in Wesel, Wismar und Wuppertal hinterlassen. Zugleich haben die Kommunen seit zwei Jahren erhebliche finanzielle Mehrbelastungen im Zuge der Flüchtlingsbewegung zu stemmen. Schließlich sind die Steuereinnahmen der Kommunen seit Jahren unzureichend, so dass deren Haushaltslöcher inzwischen historische Ausmaße erreicht haben.

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Volksinitiative gegen Schulprivatisierung

Gegenwehr gegen die Berliner Allparteien-Privatisierungskoalition

Das Vorhaben, in Berlin die Schulen zu privatisieren, trifft im Berliner Parlament auf keine Opposition. CDU und FDP fordern sogar noch mehr Privatisierung. [1] Opposition ist aber gerade das, was Demokratie ausmacht. Was passiert mit Berlin, wenn zu einem der wichtigsten Vorhaben der Legislaturperiode Opposition nicht vorhanden ist? Die Bedeutung dieser Situation wurde Aktiven der Organisation Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) im vergangenen Herbst vor Augen geführt: GiB hatte die Pläne der Landesregierung zu einer sogenannten Schulbauoffensive analysiert und war zu dem Ergebnis gekommen, dass damit eine weitreichende Privatisierung des Schulbaus drohte.

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Globales Raubrittertum

ÖPP-Welle ergreift den globalen Süden

(Aus: LP21 Extra 2017/18)

Der Aufschrei war groß, als A1 mobil, die vor dem Bankrott stehende Betreiberfirma der Autobahn zwischen Hamburg und Bremen, die Bundesregierung auf 778 Millionen Euro zuzüglich 42 Millionen Verzugszinsen verklagte. Erneut scheiterte eine Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP), erneut droht eine Plünderung öffentlicher Kassen zur Rettung exorbitanter privater Renditen. Was sich in Deutschland abspielt, ist jedoch keine Ausnahme, sondern die Regel. Ein Blick über den nationalen Tellerrand zeigt, dass ÖPPs grundsätzlich aus dem Ruder laufen.
Was Deutschland droht, lässt sich bereits jetzt in Argentinien studieren. Um höhere Mauteinnahmen durchzusetzen, verklagte der spanische Autobahnbetreiber Abertis – in die Bieterschlacht um dessen Übernahme stieg jüngst die deutsche Hochtief ein – die argentinische Regierung 2016 vor einem privaten Investitionstribunal in Washington. Abertis verlangte eine Entschädigung von umgerechnet 780 Millionen Euro, weil Argentinien sich einer geforderten Mautanpassung verweigerte. Die Klage zeigte Wirkung: Im Juni 2017 willigte Argentinien in einen Vergleich ein. Das Land stimmt nun einer Mauterhöhung zu, verzichtet auf seinen eigenen Mautanteil und verlängert Abertis‘ Konzession bis 2030. Obgleich es zu keinem Urteil kam, hat sich das Manöver für die Autobahnbetreiber gelohnt: Ihre Profite steigen und schreiben sich fort, zu Lasten der öffentlichen Hand.

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Nochmals zurück zu Donald in Davos

Oder: Ein aufschlussreiches Protokoll

Ein überwiegend satirisch verfasster Bericht, den Urs-Bonifaz Kohler für die aktuelle Ausgabe von Lunapark21 (Heft 41) schrieb und der den Auftritt des Siemens-Chefs Joe Kaeser bei einem Empfang, den US-Präsident Donald Trump am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos gab, zum Thema hatte, hatte für diese Zeitschrift unangenehme Folgen. Die Redaktion musste den Beitrag von der Website nehmen, dafür Sorge tragen, dass in Suchmaschinen die entsprechende Passage in dem Artikel nicht mehr auftaucht (wir lernen dazu: Es gibt eine unmittelbar wirkende „Suchmaschinenindexierung“ – ein Vorgang, der jedoch bei Facebook & Co. oft Wochen dauert…). In den Heften, die noch nicht ausgeliefert waren, nahmen wir auch eine „Korrektur“ in Form einer „Filzstift-Indexierung“ vor.

Inzwischen gibt es ein Protokoll des Davos-Empfangs des US-Präsidenten. LP21-Autor Kohler hat es ausgewertet. Er gelangt zu dem Ergebnis: „Fürwahr ein Dokument der Zeitgeschichte“. 

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