Pflege, Krieg, „Euthanasie“-Morde

Vom fatalen Frauenbild zur Vernichtung von „lebensunwertem Leben“

1907 wurde im Unterrichtsbuch für die weibliche Krankenpflege festgehalten: „Im Kriege werden sie [die Berufskrankenpflegerinnen] in erster Linie in den Heilanstalten auf dem Kriegsschauplatze gebraucht werden […] Es handelt sich in der Kriegstätigkeit ausschließlich um die Pflege von kranken Männern.“ Die zweite Auflage dieses Standardwerks, erschienen 1913, enthielt ergänzende Anweisungen über den Einsatz, die Pflichten und die Aufgaben der „weiblichen freiwilligen und der Berufskrankenpflege im Kriege“. Ein Jahr vor Beginn des Ersten Weltkriegs wusste man bereits, dass der Krieg – vorbereitet von denen, die sich für die Elite in Deutschland hielten – kommen würde. Und wie wichtig dann Krankenschwestern sein würden. Schließlich sei die Frau – auch diese Erkenntnis findet sich in dem Lehrbuch – „durch Charakter mehr für das Werk der Barmherzigkeit geeignet als der Mann.“1

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Krankenschwestern

Die weltweiten Veränderungen in einem strategischen Berufsstand – zwischen Spanischer Grippe und Corona-Epidemie

Der Tag der Krankenschwestern wird jedes Jahr auf der ganzen Welt am 12. Mai, dem Geburtstag von Florence Nightingale, gefeiert. Im Jahr 2020 – dem zweihundertsten Geburtstag Nightingales – erhielt der Feiertag deutlich mehr Aufmerksamkeit als sonst. Über alle Kontinente hinweg priesen Beamte und Prominente die Tugenden jener Frauen und Männer, die während der Corona-Virus-Pandemie ihr Leben riskierten, um Menschen, die an COVID-19 erkrankt sind, unter sehr schwierigen Umständen zu retten. In Spanien, Italien und anderswo standen Zehntausende auf ihren Balkonen oder an ihren Fenstern, um den Beschäftigten des Gesundheitswesens Applaus zu spenden. Die indische Tageszeitung The Hindu lobte die Krankenschwestern, „die im Kampf gegen das gefürchtete Corona-Virus lobenswerte Dienste geleistet haben“. Der Papst veröffentlichte eine Botschaft, in der er es heißt: „In diesem kritischen Moment … haben wir die grundlegende Bedeutung der Rolle der Kranke nschwestern und Hebammen wiederentdeckt.“ Der britische Prinz Charles informierte die sozialen Medien, dass die königliche Familie „in den Chor der Dankesworte an das Pflege- und Hebammenpersonal im ganzen Land und in der Tat in der ganzen Welt einstimmen“ wolle. Yo-Yo Ma, der berühmte Cellist, veröffentlichte die Sarabande aus Bachs Cellosuite Nr. 3 auf seiner Twitter-Seite verbunden mit der folgenden Botschaft: „Dies ist dem Personal im Gesundheitswesens an vorderster Front gewidmet. Ihre Fähigkeit, menschliche Verbindung und wissenschaftliche Wahrheit im Dienste von uns allen in Einklang zu bringen, gibt mir Hoffnung.“ Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ernannte das Jahr 2020 zum „Jahr der Krankenschwester und der Hebamme“.

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Die Marktwirtschaft richtet das nicht

Kranken- und Altenpflege in Zeiten von Corona – Erfahrungen und Empfindungen von Pflegekräften in der Pandemie

Der Artikel fasst einen Forschungsbericht auf Basis von Interviews mit Pflegekräften zusammen. Die zwischen Mai und Juli 2020 Befragten arbeiten in verschiedensten Bereichen von Notaufnahme bis stationäre Altenpflege, von Intensivstation bis Kinderklinik.

Corona traf die Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen unvorbereitet – weltweit wie auch in Deutschland. Mitte Mai waren mehr als 800 Pflegekräfte schwer erkrankt, 58 von ihnen so schwer, dass sie daran verstarben. Die Etablierung von Infektionschutzmaßnahmen sorgte dafür, dass diese Zahlen seither nicht wesentlich angestiegen sind.

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Warum Kulturarbeit bezahlt werden sollte

Religion darf in Gruppen ausgeübt werden, Kultur, die für viel mehr Menschen sinnstiftend ist, aber nicht. So kritisierte in ZEIT online Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien Hamburgs, die Anfang November verordneten Kontaktbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie. Er hätte auch hinzufügen können, dass nicht schlüssig ist, die Kontakte bei Konsum und Kultur drastisch zu beschränken, aber den Bereich der Arbeit einfach laufen zu lassen und dort nicht auch eine viel leichter zu kontrollierende Halbierung der bisherigen Kontakte zwischen Arbeitenden durchzusetzen.

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Der autoritäre Staat macht sich breit

Die meisten Menschen ducken sich weg, seit Monaten, bald schon für ein ganzes Jahr. Die Maßnahmen zur Bekämpfung eines Virus verstehen sie längst nicht mehr. Zu widersprüchlich und zu unterschiedlich sind die einzelnen Verordnungen sowohl in ihrem zeitlichen Verlauf als – mehr noch – in ihrer regionalen Ausprägung.

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Krankenhaus-Schließungen gefährden Ihre Gesundheit!

Seit März 2020 – also seit Beginn der Pandemie in Deutschland und just seit dem Zeitpunkt, an dem die Bundesregierung die Krankenhäuser als systemnotwendig zur Bekämpfung von Corona erklärt hat – wurden in Deutschland die folgenden Krankenhäuser geschlossen: Bochum-Linden, Essen-Nord und Essen-Stoppenberg (alle drei in NRW), Havelberg (Sachsen), Losheim und Ottweiler (beide Saarland), Oberwesel und Rodalben, (beide Rheinland-Pfalz), Riedlingen und Weingarten (beide Baden-Württemberg), Fürth, Vohenstrauß und Waldsassen (alle drei in Bayern), Wedel (Schleswig-Holstein) und Wolfhagen (Hessen). Dazu kamen Teilschließungen in Crivitz und Parchim.Am 1. Januar 2021 macht das Krankenhaus in Kloster Lehnin dicht. Für große Kliniken in Dresden und Berlin gibt es Schließungs-Beschlüsse.

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spezial

gesundheitssektor – epidemie – krankenschwestern

Nur wenige werden oder können sich an die belgische „Sœur Sourire“ („Die lächelnde Schwester“) und an ihren lebensfrohen Song „Dominique“ aus den 1960er Jahren erinnern, der in der gesamten westlichen Welt ein Hit war. Das heiter-christliche Liedchen überträllerte die Untaten der USA in Vietnam und die Verbrechen der belgischen Kolonialmacht im Kongo (Ermordung von Patrice Lumumba).

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Die agro-industrielle Reservearmee

Ein Ende der Ausbeutung von Saisonarbeitskräften in der Landwirtschaft setzt die Überwindung des institutionalisierten Rassismus und eine andere EU-Arbeitsmarktpolitik voraus

Migrantische Arbeit ist das Schmiermittel der Landwirtschaft im Kapitalismus des 21. Jahrhunderts. Landwirtschaftliche Flächen können nun mal nicht ausgelagert werden. Insbesondere in Industrieländern wird der Bedarf nach billigen Arbeitskräften in der Landwirtschaft daher durch immer weiter ausgreifende Rekrutierungsketten von migrantischen Arbeitskräften gedeckt. So auch in der EU. Während die Arbeitskämpfe an den südlichen Rändern der EU, in Südspanien, Süditalien und Griechenland, in den letzten Jahren vielfach dokumentiert wurden, war die Tatsache, dass auch der reiche Norden wesentlich auf die billige migrantische Arbeit in der Landwirtschaft angewiesen ist, kaum im öffentlichen Bewusstsein. In Schweden kommen 80 Prozent der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft aus Drittländern, früher überwiegend aus China und Vietnam, heute aus Thailand. Auch in den Niederlanden arbeiten knapp 50.000 Saisonarbeitskräfte aus Osteuropa, und in D eutschland gibt es, so eine Schätzung des statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2016, rund 300.000 migrantische Saisonarbeitskräfte.1

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Rassismus – ein Kontinuum US-amerikanischer Politik

In den Medien geht es beim Thema Rassismus in der Regel um verbale oder tätliche Übergriffe, um racial profiling durch Polizeikräfte und – selten – um institutionellen Rassismus. Die Black-lives-matter-Proteste in den USA prangern die Polizeigewalt bis hin zu Tötungsdelikten gegenüber der schwarzen Bevölkerung an. Inzwischen finden diese Proteste ihren Widerhall in anderen Teilen der Welt – Anlass, um sich hier mit der Kontinuität des Rassismus und seinen Verästelungen in den USA, dem vermeintlichen Mutterland der Demokratie, zu befassen. Mit dem Attribut „vermeintlich“ soll auf die große Kluft, die zwischen legislativen Errungenschaften einerseits und gelebter Praxis andererseits hingewiesen werden. Affirmative Action – ein Bündel von Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen, mit dem Ziel „die Auswirkungen einer spezifischen Form der Diskriminierung zu beenden und zu korrigieren“1 reicht bis in die 1930er Jahre zurück. Unter Präsident Roosevelt wurde 1933 mit dem Unemployment Relief Act erstmals ein Gesetz verabschiedet, dass bei Auftragsvergaben durch die Bundesregierung vorschrieb, dass „keine Diskriminierung aufgrund von Rasse, Hautfarbe oder Glaubensbekenntnis stattfinden darf.“2 Andererseits dauerte es weitere 35 Jahre, bis die Rassentrennung durch den 1968 vom Kongress verabschiedeten Civil Rights Act formal abgeschafft wurde.

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Luft zum Atmen

Wie der Rassismus in den USA tötet

Bevor George Floyd am 25. Mai in Minneapolis durch vier weiße Polizisten getötet wurde, hatte er, wie Millionen andere Afroamerikaner, seinen Job aufgrund der Corona-Pandemie verloren. Die darauffolgenden USA-weiten Aufstände entzündeten sich folglich nicht nur an der Wut über die rassistische Polizeigewalt. Sie wurden auch aufgrund der massiv ungleichen Betroffenheit der schwarzen Bevölkerung durch die Corona-Pandemie befeuert. Beides ist Ausdruck eines anhaltenden institutionellen und strukturellen Rassismus.

Jetzt, während der globalen Covid-19-Pandemie, werden die Auswirkungen sichtbarer denn je. Dieses Virus ist verheerend für die afroamerikanische Bevölkerung. In New York sterben Schwarze zweimal so häufig wie Weiße. In Chicago sind es beinahe sechsmal so viele Schwarze, die sterben, wie Weiße. Im südlichen Bundesstaat Louisiana sind 70 Prozent der Corona-Toten schwarz – ihr Anteil an der Bevölkerung macht jedoch nur 33 Prozent aus. Im Bundesstaat Michigan machen Schwarze 12 Prozent der Bevölkerung aus, an den Virus-Toten haben sie jedoch einen Anteil von 40 Prozent. Quer über das ganze Land hinweg, sind 22,5 Prozent der Covid-19-Toten schwarz, obwohl sie nur 12,5 Prozent der US-Bevölkerung ausmachen. Viele tausend Schwarze wären noch am Leben, wenn die Sterblichkeit gleich hoch wäre wie bei der weißen Bevölkerung.

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