Mini-Bots und Maxi-Gefahr

Kolumne Winfried Wolf

Il Bel Paese und das Schicksal des Euro

Natürlich ist der italienische Innenminister Matteo Salvini ein Rassist; erneut dokumentiert durch sein Verbot, ein Schiff mit im Mittelmehr aufgenommenen Flüchtlingen einen italienischen Hafen anlaufen zu lassen. Natürlich ist die zeitweilige Verhaftung von Carola Rackete, der Kapitänin der „Seach-Watch 3“, durch die italienischen Behörden im Hafen von Lampedusa und die gegen sie seitens Salvini erhobene Anklage wegen „Gewaltanwendung (!) gegen ein [italienisches] Kriegsschiff“ ein krimineller Akt; die mutige Frau tat lediglich das Menschliche, Naheliegende, um „40 erschöpfte, verzweifelte Menschen an Land zu bringen“. Und natürlich ist den Protesten des französischen Innenministers Christophe Castaner („Die Schließung der italienischen Seehäfen ist eine Verletzung des Seerechts“) und des deutschen Außenministers Heiko Maas („Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden“) in dieser Sache zuzustimmen. Doch welches Elend der EU und welche Heuchelei der führenden EU-Politiker kommen in dieser Affäre zum Ausdruck! Es geht ja nicht um 40 Migrantinnen und Migranten. Fast tausendmal mehr, nach bislang bekannten Zahlen genau 35.597 Flüchtlinge fanden seit 1993 auf ihrem Fluchtweg nach Europa den Tod, die meisten von Ihnen ertranken im Mittelmeer. Die Namen aller toten Flüchtlinge wurden vor wenigen Wochen viele Stunden lang in der Heiliggeistkirche in Bern verlesen; dort wurden ebenso viele Stoffstreifen mit den Namen der toten Geflüchteten an den Kirchenmauern befestigt. Und warum fanden diese Menschen den Tod? Vordergründig durch ein brutales EU-Grenzregimes und die Einstellung einer zivilen Seenotrettung. Sodann durch die Weigerung der großen Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten, Flüchtlinge nach einem Schlüssel aufzunehmen und damit die Mittelmeerländer, allen voran Italien und Griechenland, zu entlasten. Letzten Endes jedoch in Folge einer EU-Politik mit Freihandel, Ausweitung von Fischereizonen für EU-Schiffe und vor allem mit den Waffenexporten und der Kriegsführung bzw. der Unterstützung in Kriegen in Libyen, Syrien, Türkei, Irak, Afghanistan und anderswo, womit sich die Lebensverhältnisse in diesen Regionen dramatisch verschlechterten und Millionen Menschen schlicht in die Flucht getrieben wurden.

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Vom Regen in die Traufe

Tsipras Marsch durch die Institutionen der Gläubiger

Liebe, Husten und Bauch können, wie bekannt, nicht versteckt werden. Noch weniger das wirtschaftliche Elend, wenn dies Massencharakter annimmt. Wie jenes in Griechenland, das auch heute unter der Syriza-Regierung fortexistiert. Lag Griechenland 2015, als die griechische Linke die Regierung übernahm, an der fünftletzten Stelle unter den 66 Ländern des Elendsindexes der Wirtschaftsagentur Bloomberg , so hat es sich 2017 zwar auf die sechstletzte verbessert, allerdings mit der Perspektive, 2018 wieder auf die fünftletzte zurückzufallen. Der Elendsindex wird aus der Addition der Arbeitslosigkeits- und Inflationsrate berechnet. Zusammen ergaben sie 2017 für Griechenland die erkleckliche Summe von 22,7. Am schlimmsten erwischte es Venezuela, dessen Index ins Unermessliche stieg, während Ägypten, das gleich danach folgte, den eher „moderaten“ Wert von 41,6 aufwies. Am anderen Ende der Skala, an dem die Länder mit dem geringsten Elend angeführt werden, fungieren Thailand (1,9), Singapur (2,8) und Japan (3,3).[1]

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Katalonien, die EU and the rule of law

„Jedermann hat gleiches Recht auf das umfangreichste Gesamtsystem gleicher Grundfreiheiten, die für alle möglich ist.“

„Es kann keine gesetzliche oder gesellschaftlich anerkannte Auslegung dieser Grundsätze geben, die wir stets anzuerkennen moralisch verpflichtet wären, auch nicht die eines obersten Gerichts oder Parlaments. … Letzte Instanz ist weder das Gericht noch die ausführende oder gesetzgebende Gewalt, sondern die ganze Wählerschaft. An diese wendet sich der zivile Ungehorsam auf besondere Weise.“ (John Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit)

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EU-Binnenmarkt: Wachsende Schere zwischen armen und reichen Ländern

Wer die Entwicklung in der Europäischen Union einigermaßen aufmerksam verfolgt, hätte keine Studie und keine ausführlichen statistischen Materialien gebraucht, um zu konstatieren, was die US-amerikanische Handelskammer in monatelanger Arbeit herausgefunden hat. Und dennoch sind konkrete Daten hilfreich. Diese hat nun eben die American Chamber of Commerce vorgelegt.

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Brexit & Folgen

Die Argumente, mit denen hierzulande der Brexit kommentiert wird, lauten im Wesentlichen: Das war erstens eine Abstimmung, bei der die Alten die Jungen überstimmten. Zweitens eine der Provinz gegen die Städte. Drittens  setzte sich hier England gegen Schottland und Nordirland durch. Und viertens und vor allem handelte es sich um ein rechtes Votum, das EU-weit die Rechte stärkt. Was man daran ablesen könne, dass das Thema der Fremdenfeindlichkeit – die Kritik am „ungebremsten“ Zuzug von EU-Bürgerinnen und Bürgern – dominiert habe. Diese Argumente seien bedacht

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Die Presse, das Eigentum und das Brexit-Referendum

Das Auszählungsergebnis des Brexit-Referendums liegt so fest wie das Ausscheiden der Briten aus der Fussball-EM. Letzteres ist weniger wichtig. Aber was heißt das Votum vom 23. Juni politisch? Für das Projekt „Faktencheck:Europa“ habe ich versucht, einen wesentlichen Aspekt des Konfliktes auf den Punkt zu bringen: Unter dem Titel Proletarier aller Länder, vereinzelt Euch? geht es um die Hintergründe und Konsequenzen der nationalistischen Integration der sozialen Frage. Und es geht um einige Lügen, die weite Verbreitung fanden. Ab Mittwoch, dem 29. Juni als Print, schon jetzt auf der Webseite. Hier soll es um eine andere Frage gehen, die für eine Abstimmungskampagne auch nicht ganz unwichtig ist: Die Brexit-Befürworter von Nigel Farage (UKIP) über Boris Johnson (Konservative) bis zum linken Lexit-Lager behaupten, mit ihren Positionen auf der Seiten der einfachen Leute und gegen das Establishment zu stehen. Aber wie steht es eigentlich um die britische Presselandschaft, die mehrheitlich für den Austritt aus der EU getrommelt hat?

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FaktenCheck:EUROPA

Gegen eine EU der Banken und Konzerne – für Solidarität und Demokratie – Nr. 1

Das Brexit-Ja vom 23. Juni verschärft die Krise der EU vor allem auf der ökonomischen Ebene. Die Spanien-Wahl am 26. Juni dürfte diese Krise auf der politischen Ebene zuspitzen. EIN wichtiger Ausgangspunkt für die wirtschaftliche und politische EU-Krise ist am anderen Ende der Europäischen Union zu suchen: in Griechenland. Dort sagten vor exakt einem Jahr in einem Referendum mehr als 60 Prozent der griechischen Bevölkerung „Ochi – Nein” zum Diktat der „Troika”, zur Erpressung durch EU, EZB und IWF. Doch die Troika setzte sich durch. Syriza kapitulierte. Troika und griechische Regierung setzen inzwischen in Griechenland das Programm der Gläubiger durch. Gegen den erklärten Willen der Bevölkerung. Mit noch mehr Kürzungen öffentlicher Ausgaben. Mit weiteren Erhöhungen der Verbrauchersteuern. Mit zusätzlichen Kürzungen bei den Renten. Und mit einem nochmals verschärften Ausverkauf öffentlichen Eigentums.

Zunehmend wird in ganz Europa klar: An Griechenland wurde und wird ein Exempel statuiert. Die unsoziale Austeritätspolitik ist heute das Programm derjenigen, die in der EU bestimmen: die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank, die deutsche Regierung – und hinter diesen die großen Konzerne und Banken. Die Verachtung für Demokratie und die brutale Durchsetzung der Interessen der Banken und Konzerne erweist sich als die Kernkompetenz der EU-Institutionen.

In der Griechenlandkrise 2015 brachten wir das erfolgreiche Blatt Faktencheck:HELLAS heraus. FaktenCheck:EUROPA knüpft daran an – und bringt in Nr. 1 Berichte zu den folgenden Themen:

– Europa nach dem Brexit-Referendum

– Die neue politische Situation in Spanien nach den Neuwahlen vom 26. Juni

– Griechenland – ein Jahr nach dem Referendum und ein Jahr Bilanz des dritten Memorandums bzw. des Diktats von EU, EZB und Internationalem Währungsfonds

– Das neue Arbeitsgesetz in Frankreich und die Kämpfe der Gewerkschaften und der Bewegung „nuits debout” gegen diesen Abbau gewerkschaftlicher und demokratischer Rechte

– Die rechte Ablehnung der EU – von AfD bis UKIP – und die Instrumentalisierung der Migrationskrise

Herausgebende, Autorinnen und Autoren und Redaktion u.a.:

Tom Adler // Georg Brzoska // Nikos Chilas // Ulrich Duchrow // Leslie Franke // Sebastian Gerhardt // Lothar Geisler // Annette Groth // Heike Hänsel // Inge Höger // Herdolor Lorenz // Bernd Köhler // Sabine Leidig // Volker Lösch // Birgit Mahnkopf // Mohssen Massarat // Norman Paech // Tobias Pflüger // Christine Prayon // Nadja Rakowitz // Lucy Redler // Werner Rügemer // Walter Sittler // Sascha Stanicic // Marie-Dominique Vernhes // Winfried Wolf // Mag Wompel // Susan Zimmermann.

Unterstützende Organisationen, Initiativen & Publikationen: Aktion gegen Arbeitsunrecht // express // LabourNet Germany // Lunapark21.

FaktenCheck:EUROPA eignet sich aufgrund des niedrigen Abnahmepreises von 15 Cent ab 100 Ex. Abnahme gut für ein Verteilen auf Veranstaltungen oder für ein Auslegen in Kneipen & Kulturzentren. Acht Seiten im Zeitungsformat //

Bezugspreise wie folgt (jeweils zuzüglich Porto und Verpackung): Bei Bestellungen zwischen 1 – 99 Ex.: 25 Cent je Ex. // bei Bestellungen ab 100 Exemplaren: 15 Cent je Ex. Bitte nur nach Erhalt von Sendung & Rechnung u. mit Bezug auf Re-Nr. bezahlen – dann gerne aufrunden.

Mailadresse für Bestellungen: bestellen@faktencheckhellas.org // Internetseite: www.faktencheckhellas.org

Spenden werden erbeten an (Träger und Spendenkonto): Büro für Frieden und Soziales – BFS e. V. // Mittelbrandenburgische Sparkasse (MBS) // IBAN DE04 1605 0000 3527 0018 66 // BIC WELADED1PMB

FCE01 erscheint auch in Griechisch, Englisch, Französisch und Spanisch. FCE erscheint in Griechenland in Auszügen als Teil der führenden linken Athener Tageszeitung EFSYN (Zeitung der Redakteure). ACHTUNG: Druck von FCE Nr. 1 ist am 30. Juni (Mi). Damit werden die Ereignisse Brexit-Referendum und Spanien-Neuwahlen voll berücksichtigt. Vertrieb am 30.6. – die rechtzeitig bestellten Sendungen sind vor Ort in der Regel am 2.Juli.

Warum Verdun keine “sinnlose Schlacht” war und Boris Johnson manchmal recht hat

In den letzten Tagen gab es in den deutschen und österreichischen Medien eine große Zahl von Berichten und Bildern zu Verdun – zu der wohl wichtigsten Schlacht im Ersten Weltkrieg, die vor hundert Jahren stattfand. Auffallend waren dabei die drei Aspekte, die fehltenErstens fand sich so gut wie in keinem dieser  Verdun-Berichte ein Wort zum Ausgangspunkt des Ersten Weltkriegs  – als einem deutschen Angriffskrieg. Zweitens wurde in keinem dieser Berichte darauf eingegangen, dass auch in dieser Schlacht der Angriff von der deutschen Seite ausging, dass diese dabei in großem Maßstab Gas eingesetzt und dass in dieser Schlacht die deutsche Seite erstmals das spätere Symbol der SS verwandt hatte. Schließlich und drittens wurde nirgendwo darüber aufgeklärt, dass dieser Angriffskrieg nicht „sinnlos“, sondern klar formulierte ökonomischen Ziele hatte.

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Was bedeutet eigentlich …

Aus: LunaPark21 – Heft 31

Verfahren nach der Dublin-II bzw. III-Verordnung

Die Verordnung gilt in allen Ländern der EU und den Nicht-EU Schengen-Staaten Norwegen, Schweiz und Island. Sie besagt, dass Asylsuchende in dem Land einen Asylantrag stellen und das Asylverfahren durchlaufen müssen, in dem sie zuerst den Boden eines der Vertragsstaaten betreten.

Reist die Asylsuchende einfach weiter, hat der nächste Staat, der betreten wird das Recht, Asylsuchende in das Land zurückzuschicken, in dem sie zuerst den Boden eines der Vertragsstaaten betreten haben. Um dieses Prinzip durchzusetzen, wurde zusätzlich

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Legale und sichere Fluchtwege schaffen!

Aus: LunaPark21 – Heft 31

Die Tragödie, die Ende August bekannt wurde, als die österreichische Polizei 71 tote Flüchtlinge in einem an einem Autobahnparkplatz südlich von Wien abgestellten LKW entdeckte, hat nochmal schmerzlich in Erinnerung gerufen, wie gefährlich und oftmals tödlich die Flucht nach Europa immer noch ist. Dabei hat sich Europa, so scheint es immer wieder, schon längst an die Toten im Mittelmeer und in der Ägäis gewöhnt. Doch 71 Tote, im Herzen von Europa, das war neu.

Der wahre Skandal, der sich angesichts dieser Tragödie offenbart, ist jedoch nur in zweiter Linie die immer wieder auftretende Skrupellosigkeit mancher Schlepper und Schleuser. Der wahre Skandal ist vielmehr

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