Geringes Wachstum trotz Rohstoffreichtum

Russland sucht ein neues Wirtschaftsmodell

Kein gutes Beispiel, das Litauen abgibt, ebenso wenig Estland. Und Lettland ist auch nicht viel besser. Lagen die baltischen Staaten 1995 beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf noch ungefähr gleichauf mit Russland, so haben die drei früheren Teilrepubliken der Sowjetunion die einstige Zentralmacht inzwischen deutlich hinter sich gelassen.

Seit 2004 Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft, demonstrieren die baltischen Staaten ihre wirtschaftlichen Erfolge samt liberaler Verfassung gleich hinter der Grenze, keine 200 Kilometer von St. Petersburg weg. Was sollen die Menschen in Russland davon halten?

Obwohl Wladimir Putin Land und Wirtschaft fest im Griff zu haben scheint, will es nicht recht voran ge-hen. Zwar hat sich das russische BIP seit 2005 verdoppelt, erreicht heute dennoch nur knapp die Hälfte des deutschen. Im selben Zeitraum hat China seine Wirtschaftskraft mehr als versiebenfacht. Auch Polen gibt kein schönes Beispiel ab, grenzt aber nicht an Russland, sondern an die Ukraine. Anfang der 1990er Jahre lagen beide Staaten auf einem ähnlichen Niveau. Doch dann tat sich eine Wachstumsschere auf. Eine Westorientierung der Ukraine nach polnischem Vorbild wollte Moskau unbedingt verhindern, hat jedoch das Gegenteil bewirkt. Während die ukrainischen Importe 2012 aus der EU wie aus Russland je ein Drittel betrugen, lag der Anteil Russlands 2020 noch bei acht Prozent.

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American Machismo

Die Gründung des Staates Bangladesch vor 50 Jahren – eine vergessene Episode des Kalten Krieges

„Die unattraktivsten Frauen auf der Welt sind ohne Zweifel die indischen Frauen … Absolut ohne Sexappeal diese Leute. Gut, manche sagen das von den Schwarzafrikanern. Nun, bei denen ist wenigstens Vitalität zu spüren. Die haben so einen putzigen Charme. Aber Gott, diese Inder, jämmerlich.“ „Ein Volk von Aasfressern.“

So beurteilte der US-amerikanische Präsident Richard Nixon die Lage, als im Sommer 1971 ein Konflikt zwischen Pakistan und Indien zu eskalieren drohte.

Im November desselben Jahres traf er die indische Premierministerin Indira Gandhi, eine der ersten Frauen in einem solchen Amt, im Weißen Haus. Nixon verachtete Gandhi als hochnäsige Intellektuelle. In einer Gesprächspause beklagte er sich gegenüber seinem Sicherheitsberater Henry Kissinger über die Delegation aus Delhi: „Die törnen mich ab. Wie zum Teufel törnen die andere Leute an, Henry?“ Der meinte, die Inder wären „Meister der subtilen Schmeichelei.“ Damit hätten sie „600 Jahre überlebt.“ *

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Der Roman „Shuggie Bain“

Glasgow-Effekt

Die 20 Stockwerke aufragenden Wohnhäuser im Glasgower Stadtteil Sighthill sind längst abgerissen. Erbaut in den 1960er Jahren, büßten sie schon bald an Attraktivität ein und verkamen zu Slums wie so viele Komplexe des damaligen modernen Wohnungsbaus, nicht nur in Großbritannien.

In so einer Hochhauswohnung lebt in Douglas Stuarts Roman der fünfjährige Shuggie zusammen mit seinen Großeltern, Eltern und den zwei älteren Halbgeschwistern aus erster Ehe seiner Mutter Agnes. Auf jeder Etage gibt es am Ende des Flurs eine Gemeinschaftswaschküche. Dorthin flüchtet sich manchmal Shuggie, streckt die Beine durch die Lüftungsschlitze im Mauerwerk und genießt Einsamkeit und Ruhe beim Anblick der Menschen und der Stadt weit unten.

„Shuggie Bain“ ist ein Bildungsroman, der in den 1980er Jahren spielt, in der Thatcher-Ära, als Kohleminen, Stahlwerke und Werften in und um Glasgow endgültig dicht machten, und große Teile der Bevölkerung in Arbeitslosigkeit und Armut stürzten. Alkoholismus und Erkrankungen ließen die Lebenserwartung bald auf weit unter 60 Jahre sinken, eine Auswirkung von Deindustrialisierung auch in anderen Regionen, die in der Medizin als Glasgow-Effekt bezeichnet wird.

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Glasgow-Effekt

Der Roman „Shuggie Bain“

Die 20 Stockwerke aufragenden Wohnhäuser im Glasgower Stadtteil Sighthill sind längst abgerissen. Erbaut in den 1960er Jahren, büßten sie schon bald an Attraktivität ein und verkamen zu Slums wie so viele Komplexe des damaligen modernen Wohnungsbaus, nicht nur in Großbritannien.

In so einer Hochhauswohnung lebt in Douglas Stuarts Roman der fünfjährige Shuggie zusammen mit seinen Großeltern, Eltern und den zwei älteren Halbgeschwistern aus erster Ehe seiner Mutter Agnes. Auf jeder Etage gibt es am Ende des Flurs eine Gemeinschaftswaschküche. Dorthin flüchtet sich manchmal Shuggie, streckt die Beine durch die Lüftungsschlitze im Mauerwerk und genießt Einsamkeit und Ruhe beim Anblick der Menschen und der Stadt weit unten.

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Bürokratieabbau, endlich

Ein- und Ausreise polnischer Pflegekräfte während der Pandemie

500 Euro die Woche, Kost und Logis frei, und ein freier Tag pro Woche. Was hätten wir nur ohne Milena und Aneta gemacht? In ein Heim wollte meine Mutter nicht, aber mit über 90 Jahren brauchte sie Hilfe, bei allem.

Die Damen aus Polen, beide Ende Fünfzig, ihre Kinder erwachsen und aus dem Haus, wechselten einander im Rhythmus von fünf oder sechs Wochen in der Betreuung ab.

Sie besorgten den Haushalt, kauften ein, bereiteten die Mahlzeiten –
Milena ist eine exzellente Köchin –
machten die Wäsche und halfen meiner Mutter beim Waschen, beim Anziehen und schoben sie im Rollstuhl auf Spazierfahrt. Und waren liebevolle, großartige Gesellschafterinnen.

Im Souterrain des Bungalow hatten sie ihr Zimmer und schliefen offenbar mit aufgerichtetem Ohr und waren zur Stelle, wenn ihre Patientin nachts zur Toilette tappte.

Und dann war Pandemie. Mitte März 2020 verkündete Innenminister Seehofer, die Grenze sei dicht. Wer weder Bundesbürger sei noch als Ausländer dauerhaft in Deutschland lebe, dürfe nur noch aus „triftigem Grund“ einreisen – etwa als Berufspendler.

Milena war in Polen und sollte Aneta in zwei Wochen ablösen. Was war zu tun?

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Heißer Ritt

Ein spannender Roman über Jugend in Zeiten des ökonomischen Umbruchs

Das Motorrad benutzt er gar nicht mehr. Aber es hängen Erinnerungen daran, Erinnerungen an Zeiten, als das Leben noch ein schönes Abenteuer schien. Nun ist das Leben verbaut von Arbeit, Ehe, Kindern und Geldsorgen. Und auch die Gegend, in der Patrick Casati mit seiner Familie lebt, hat die besten Zeiten hinter sich. Eine deindustrialisierte Region in der französischen Provinz, deren lokale Politiker hoffen, die verlorenen Einnahmen durch die Schaffung touristischer Angebote zurück zu gewinnen.

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„Alternativlos“ statt „Basta“

Ein Rückblick auf die Ära Merkel

Wer die Bundeskanzlerin nur vom Fernsehen kannte, wird erstaunt gewesen sein, sie in weniger offiziellen Situationen zu erleben: selbstsicher, reaktionsschnell, sprachlich präzise, mit einem Talent für Ironie. Keine Spur von „Mutti“, schon gar nicht von „Kohls Mädchen“.

Die Pose, die sie vor den Kameras einnahm, könnte man ihr übelnehmen, diese immer gleiche Performance der gütig-geduldigen Kindergärtnerin, in der sich eine Geringschätzung der Auffassungsgabe der Bevölkerung ausdrückte und die das Publikum gleichzeitig über die intellektuelle Fähigkeit seiner Kanzlerin täuschte.

Angela Merkel ist verdammt schlau. Und sie wusste, was die Stunde geschlagen hat und schritt zur Tat, als es Not tat, Helmut Kohl abzusägen.

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Der Schärfste im ganzen Land.

andré geicke: leseprobe

Joseph Vogls Buch „Kapital und Ressentiment”

Da haben sie uns doch in unserer Eitelkeit getroffen. Wir, die Lunapark21-Redaktion, hatten uns eingebildet, verdammt scharfe Typen zu sein. Doch nun mussten wir erfahren, „Deutschlands schärfster Kapitalismuskritiker” sei Joseph Vogl.

So zu lesen in der Wirtschaftswoche, der Vogl im März ein Interview gab. Und der Mann sitzt nicht etwa hinter den sieben Bergen, sondern in Berlin mit einer Literaturprofessur an der Humboldt-Universität.

Anfang des Jahres war „Kapital und Ressentiment – Eine kurze Geschichte der Gegenwart”, das jüngste Werk des 63-Jährigen, erschienen.

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Leben und Treiben in der Spätmoderne

Eine soziologische Studie gesellschaftlicher Diskontinuität

Andreas Reckwitz: „Das Ende der Illusionen – Politik, Ökonomie und Kultur in der Spätmoderne“, Suhrkamp 2019, 308 Seiten, 18 Euro

Die Erwartungen von vor 30 Jahren, der Fortschritt würde sich quasi automatisch als Siegeszug von Demokratie und Marktwirtschaft vollziehen, erwiesen sich als Täuschung, als Illusion, deren Ende Andreas Reckwitz nüchtern konstatiert, um dann seine Sicht auf die gesellschaftlichen Entwicklungen vorzustellen.

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„You can do anything“

Die gescheiterte Revolution des Donald Trump

Er war kein Intellektueller. Die Presse und seine eigenen Parteigenossen hatten ihn zunächst als ungebildet und als Gaukler verachtet, als Präsidentschaftskandidat hätte er keine Chance. Aber er besaß den Instinkt für die Stimmung und die Wünsche der einfachen Leute und verstand es, zu begeistern.

Und er wusste, wer Schuld daran trüge, dass Amerika auf der Weltbühne geschwächt erschien und dass die ausländische Konkurrenz seiner Wirtschaft zusetzte: das Establishment in Washington. Mit seinem Ruf „Make America Great Again“ fand er den werbewirksamen Ausdruck für die Sehnsüchte einer großen Zahl von Menschen und gewann die Wahl.

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