Nach seiner Entlassung warnte der Verteidigungsminister Israels sein Land vor einem Abgleiten in »moralische Finsternis«. Am Tag danach gewann Donald Trump die US-Wahl. Sein Erfolg beruht auf der Methode, die Medien mit Lügen und Obszönitäten zu stopfen, und diese Methode ist zum Modell zahlreicher Wahlkämpfe in aller Welt geworden. Nicht nur autoritäre, anti-demokratische Parteien bedienen sich ihrer, auch einige ehemals respektable Parteien scheinen sich um Anstand und Aufrichtigkeit nicht länger zu scheren. Womit Silvio Berlusconi noch schockierte, ist 30 Jahre nach seinem ersten Wahlsieg hemmungslose Gepflogenheit. Nach dem Ampel-Aus werden wir im anstehenden Bundestagswahlkampf Gelegenheit haben, das Phänomen aus der Nähe zu bestaunen.
»Frauen und Kinder zuerst«, gilt in Notsituationen. Deshalb leiten Kinderzeichnungen unsere Rubriken ein. Und deshalb haben wir uns in der Farbgebung für eine – Pardon – Frauenfarbe entschieden.
Dass diese Nummer 63 der Lunapark21 erscheint, ist keineswegs selbstverständlich. 61 Ausgaben der Zeitschrift erschienen unter ihrem dynamischen Spiritus Rector Winfried Wolf, der im Mai vergangenen Jahres dem Krebs erlag. Danach erschien die Nummer 62 als letzte Ausgabe mit früheren Beiträgen und in Würdigung ihres verstorbenen Chefs. Kurz darauf verstarb auch Thomas Kuczynski, der mit seiner Rubrik, mit seinem Wesen, seinem Wissen, seinen Einwürfen und in der Zurückhaltung an den richtigen Stellen eine verlässliche Säule im Projekt Lunapark21 war.
Die Einstellung des Magazins war beschlossne Sache. Das Ausmaß an Zuspruch aus der Leser:in- nenschaft und die Aufforderung weiterzumachen, die uns nach Bekanntgabe der Entscheidung erreichten, haben uns das Ganze nochmals überdenken lassen.
Wir haben während des letzten Winters sämtliche ehemalige Autor:innen gefragt, ob sie zu künftiger Mitarbeit bereit wären. Die Resonanz bestärkte uns. Redaktionell wurden wir schnell arbeitsfähig, schwieriger gestaltete sich die Einrichtung einer Rechtsform. Nun endlich können wir die Ausgabe 63 der Lunapark21 vorlegen. Wir danken den bisherigen Gesellschafter:innen der Lunapark21 GmbH, dass sie uns eine Übernahme und damit die Weiterarbeit ermöglicht haben.
Als diese Zeitschrift im Jahr 2008 gegründet wurde, fand der Höhenflug, zu dem die kapitalistische Wirtschaft nach dem Zusammenbruch des Sozialismus und der Öffnung seiner Territorien für den Weltmarkt angesetzt hatte, gerade sein Ende in einer Finanzkrise enormen Ausmaßes. Womöglich war es kein schlechter Zeitpunkt für ein neues Magazin zur Kritik der globalen Ökonomie.
Wo wir aktuell stehen, welche Deutung unsere Epoche einmal erfahren, ob die Gegenwart später gar als Wendepunkt begriffen werden wird, können wir nicht wissen. Aber es ist vielleicht kein schlechter Zeitpunkt für die Wiederaufnahme einer Zeitschrift zur Kritik der globalen Ökonomie.
Es wird dabei bleiben, dass auf 72 Seiten nicht alle Fragen behandelt werden können und dass in manchen Fällen nach der Lektüre mehr Fragen als Antworten bleiben. Wir wollen es da mit Bertolt Brecht halten und uns an der Suche nicht nur der richtigen Antworten, sondern auch der richtigen Fragen beteiligen.
„Konfliktpotenzial“ lautet unser Schwerpunkt-Thema, mit dem etwas sperrigen Untertitel: Basis und Überbau in Politik und Gesellschaft.
Viele Themen kommen zu kurz, auch der Krieg in der Ukraine und die Lage im Nahen Osten. Wir gehen aber davon aus, das dieser Ausgabe der Lunapark21 noch viele folgen werden.
Lieber Leserin, lieber Leser, wir legen dieses Heft vertrauensvoll in Ihre Hände. Die redaktionelle Arbeit für Lunapark21 wird nach wie vor unentgeltlich erbracht. Erlöse und Spenden deckten bis zum Heft 62 die Kosten für Druck und Vertrieb. Wenn es uns weiter geben soll, brauchen wir Ihre Unterstützung.
PS: Falls Sie in den Texten über das eine oder andere fehlende M stolpern sollten – unser Gestalter lässt mitteilen, seit einem Missgeschick mit einer Kaffeetasse klemmt die Taste.