Heile und herrsche

Das deutsche Krankheitswesen

Das deutsche Gesundheitswesen krankt an allen Ecken und Enden und ist daher in Wirklichkeit ein Krankheitswesen. Bernd Hontschik kennt es aus eigener Erfahrung, denn in seinem Berufsleben war er über viele Jahrzehnte praktizierender Chirurg und zudem als Notarzt tätig. Wer die Frankfurter Rundschau liest, kennt seine Gesundheitskolumnen, und die sind stets mit leichter Hand geschrieben, sehr fundiert, nie moralisierend und zuweilen ätzend-kritisch. So auch sein im Mai erschienenes Buch „Heile und herrsche“.

Die Hauptursache für die vom Autor analysierte „gesundheitspolitische Tragödie“ sieht er in der Kommerzialisierung der Medizin. Es geht nicht mehr um die Kranken, sondern nur noch um Krankheiten, vor allem um solche, bei denen die Aussichten auf Heilung gering sind, denn Heilung ist schlecht für das Geschäft. So jedenfalls das Fazit einer Expertise, die der Pharmaindustrie von Goldman Sachs (also von Investmentbankern!) zur Verfügung gestellt worden ist. Als Beispiel wurde ein Medikament gegen Hepatitis C genannt mit Heilungsraten von 90 Prozent, wodurch zwar die Zahl der Neuinfektionen reduziert wird, aber auch Umsatz und Profit. Am besten sind stark ansteigende Krankheitszahlen, wie die durch Covid 19 auf das Tausendfache gestiegenen Umsätze der Impfstoffe produzierenden Firmen zeigen. Die schlimmsten Fälle sind demnach die Gesunden, die sich nur den Gesundheits-Checks unterziehen und keine Medikamente benötigen.

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Taras Bulba: Ein ukrainisches Heldenepos

Russisch oder Ukrainisch? „Ich weiß selbst nicht, welche Seele ich habe“, gestand Gogol, der große russische Dichter.

Nikolai Wassiljewitsch Gogol wurde 1809 in der Ukraine geboren. Im Alter von 19 Jahren ging er nach Sankt Petersburg und etablierte sich allmählich als russisch schreibender Autor. 1835 veröffentlichte er die Erzählung „Taras Bulba“ über einen Vollblut-Kosaken in der Mitte des 17. Jahrhunderts.

„Ukraina“ bedeutet Grenzland und bezeichnete die Region nördlich des Schwarzen Meeres. Es war der westliche Teil des eurasischen Steppengürtels, ein unzugängliches und unbefestigtes Gebiet, über Jahrhunderte umstritten zwischen Polen, Russen und Osmanen. In diesen Steppen lebten Nomaden, darunter Geflüchtete aus dem Kiewer Reich, das Mitte des 13. Jahrhunderts unter dem Mongolensturm zerfiel. Später kamen Geflüchtete aus polnischer und russischer Leibeigenschaft hinzu, die sich ein Leben in der Steppe zutrauten.

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Mission Ein Plädoyer für einen anderen Kapitalismus

„Wir haben uns entschlossen, unser Land noch in diesem Jahrzehnt CO2-neutral zu machen, nicht weil es leicht wäre, sondern gerade weil es schwer ist, weil diese Aufgabe uns helfen wird, unsere besten Energien und Fähigkeiten einzusetzen und zu erproben, weil wir bereit sind, diese Herausforderung anzunehmen und sie nicht widerwillig aufschieben werden und weil wir beabsichtigen, zu gewinnen.“

Diese Rede von Olaf Scholz in der Münchner Allianz-Arena vor 70.000 begeisterten Menschen … Nein, natürlich nicht. – Es sind die Worte von US-Präsident Kennedy, verkündet 1962 im Football-Stadion in Houston, mit dem Unterschied, dass er nicht von CO2-Neutralität sprach, sondern von der Mondlandung.

Und die ist gelungen. Ein für un-möglich gehaltener Erfolg. Welche Ressourcen, welche organisatorischen Maßnahmen und koordinierten Anstrengungen dazu erfordert und geleistet wurden, das hat die italienisch-amerikanische Ökonomin Mariana Mazzucato in ihrem jüngsten Buch „Mission – Auf dem Weg zu einer neuen Wirtschaft“ eindrücklich beschrieben.

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Zbigniew Brzeziński – Die einzige Weltmacht

25 Jahre alte, hochaktuelle Skizze für die Politik zum Erhalt der US-Hegemonie

Der ehemalige Sicherheitsberater des US-Präsidenten Jimmy Carter verfasste 1997 ein Buch, das in der Original-Fassung noch den aufschlussreichen Titel „The Grand Chessboard – Das große Schachbrett“ trug. Darin skizziert er, wie mit einer Nato-Osterweiterung und einer Westanbindung der Ukraine Russland zu einer nicht mehr europäischen Macht, sondern primär asiatischen Regionalmacht gemacht, besser: degradiert, werden soll und wie auf diese Weise die Weltherrschaft der USA zu stabilisieren sei. Die seither geführten US-Kriege (in Jugoslawien, Afghanistan, Irak) und die seither praktizierte Politik der US-Regierungen und nicht zuletzt diejenige der Nato unterstreichen, dass Brzezinskis Analyse in vielen Teilen Blaupause für die US-Politik ist. Im Folgenden Auszüge.

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Die USA – Weltordnungs- oder Weltunordnungsmacht?

Doppelstandards und Blindheit in der historischen Rückschau

An viele der Krisen und Kriege seit dem Zweiten Weltkrieg erinnern wir uns kaum, oder wir haben sie verdrängt, vergessen oder wollen sie als Beiträge zu Frieden, Freiheit, Demokratie und Sicherheit wahrnehmen.

Thilo Bode, langjähriger Chef von Greenpeace und bis Ende vergangenen Jahres Geschäftsführer von Foodwatch International erinnerte sich im Mai im Zeit-Interview an einen Besuch im Jahr 1969 bei seinem Vater, der damals Korrespondent der Süddeutschen Zeitung in Singapur war. Die Faktenlage und der Standpunkt respektive das väterliche Narrativ bezüglich des Vietnamkriegs stimmten überein: „Der Vietnamkrieg ist ein verbrecherischer Krieg der USA.“ Für den 22-Jährigen wie für den heute 75-Jährigen Bode gilt diese Übereinstimmung von Fakten und Narrativ ebenfalls für den aktuellen Ukraine-Krieg: „Der russische Angriffskrieg ist ein schreckliches Verbrechen“.

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Sind wir alle aus der Zeit gefallen?

Kriegsgewalt und ihre Folgen

„Wenn uns zugemutet werden soll, auf unsere französischen Brüder zu schießen, so sagen wir: Nein, das tun wir nicht!“ Diese Worte sprach Rosa Luxemburg im Herbst 1913 während einer Rede in Frankfurt am Main. Die Worte waren ein Verbrechen, für das sie ein Jahr ins Gefängnis musste.

Rosa Luxemburg wusste, dass die große Masse der arbeitenden Männer und Frauen die Folgen der Kriege zu tragen haben. Unter ihnen würde es keine Kriegs-Gewinner:innen geben. Unzählige tote und verletzte Soldaten und Zivilpersonen, zerstörte Städte, Dörfer, Landschaften und Industrieanlagen würden der Preis für die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Ländern um Kolonien, Rohstoffe und Absatzmärkte sein. „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“, schrieben sich Sozialistinnen nach den beiden Weltkriegen auf die Fahnen.

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Ukraine-Krieg & westliche Sanktionen

Bislang werden vor allem die Bevölkerungen in Russland und in Westeuropa belastet

Der Westen hat auf den Krieg der Russischen Föderation in der Ukraine mit immer neuen Sanktionen reagiert. Offiziell zielen diese auf die russische Führung im Allgemeinen und auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin im Besonderen. Tatsächlich treffen sie vor allem die Bevölkerungen in Russland und in Westeuropa – und nur am Rande die russische Elite um Putin. Wie die Funktionen wirken und warum sie in diese falschen Richtungen gehen, zeigen die folgenden fünf offiziellen Behauptungen – und unsere Antworten auf diese.

Behauptung 1: Die westlichen Sanktionen treffen massiv die Wirtschaft Russlands. Es ist wichtig, auf diese Weise den Druck auf den Kreml zu erhöhen, damit er den Krieg beendet.

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„Deutsche Krieger“ werden wieder hoffähig

Bundeszentrale für Politische Bildung subventioniert Militärverherrlichung

Die vom deutschen Bundeskanzler ausgerufene Zeitenwende nebst Vollzug beim Zwei-Prozent-Ziel für Rüstung und des 100-Milliarden-Euro-Extra-Fonds für Hochrüstung freut die Truppe.

Die Rüstungsindustrie verspürt Rückenwind. All das passt in eine ideologische Hochrüstung in Sachen Militär. Aufschlussreich dabei ist der offizielle Umgang mit Professor Sönke Neitzel.

Einen Tag nach der „Zeitenwende“-Rede des Kanzlers brachte der Bayerische Rundfunk 2 ein Gespräch mit Sönke Neitzel, dem einzigen deutschen Professor für Militärgeschichte/Kulturgeschichte der Gewalt, lehrend an der Universität Potsdam. Die Haltung des berufenen Sicherheits-Experten im Telegrammstil: „Eine beachtliche Kehrtwende der SPD! – Wer hätte das gedacht? – Kommt viel zu spät! – Wie geht es weiter? – Die Bundeswehr braucht das dringend! – Ich hoffe, dass das viel Druck erzeugt!“

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Zeitenwende auf den Märkten

Die Preissteigerungen sind gekommen, um zu bleiben

An den deutschen Tankstellen ist vom Rabatt nichts zu sehen. Die dreimonatige Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe trat am 1. Juni in Kraft – aber die Entlastung der Autofahrer und der Transportbranche blieb aus. Das parallel beschlossene 9-Euro-Ticket führt eher zu Fragen über die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Personennahverkehrs. Und nur für steuerpflichtige Erwerbstätige ist die Energiepreispauschale von 300 Euro vorgesehen – als ob Mini-Jobber*innen, Rentner*innen und Erwerbslose keine höheren Ausgaben hätten.

Doch der Tunnelblick auf die Preise an der Zapfsäule ist irreführend. Das ganze Jahr 2021 sind die deutschen Erzeugerpreise auf breiter Front gestiegen. Nur ein Teil davon ist schon bei den Verbrauchern angekommen (siehe Grafik). Und die weltweiten Preissteigerungen lassen sich sicher nicht mit dem russischen Angriff auf die Ukraine begründen. Die Preiserhöhungen begannen auch hier vor vielen Monaten.

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Das 9-Euro-Ticket

Warum eine bloße Verlängerung nicht sinnvoll ist und wie ein Gesamtprogramm aus sozialer und klimapolitischer Sicht aussehen sollte

Zutreffend ist, dass das 9-Euro-Ticket – ungewollt, seitens der FDP-Erfinder – einen Einstieg in einen bessere und sozial akzeptablen öffentlichen Verkehr bieten kann. Die bloße Forderung nach “Verlängerung” sehe ich jedoch ausgesprochen kritisch. Ein Bejubeln des 9-Euro-Tickets als “Erfolg” ist auf alle Fälle falsch.

Dazu die folgenden sieben Thesen.

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