Rien ne va plus?

Möglichkeiten heutiger Politik

 Wir erleben ein zivilisatorisches Scheitern. Die Jahrhunderte alte Ausbeutung, die alles der Umwandlung von Natur und Leben unterwarf, wirkt unmissverständlich zurück. Eine Antwort, also das Einnehmen einer Position einer anderen Lebensgrundlage, fehlt.

Der Autor dieser Zeilen gehörte in den 1970er Jahren zu denen, die die Systemfrage als reale Machtfrage aufgeworfen haben. Das ›Andere‹ war keine Utopie, sondern konkret vorstellbar und: unverzichtbar. Es gab ein ›Außen‹ zur kapitalistischen Welt in vielschichtiger Gestalt: die aus der Oktoberrevolution entstandene Sowjetunion, das maoistische China, Kuba, die antikolonialen Bewegungen, ein politisch-kultureller Riss in den Metropolen, aus dem neue Lebensfantasien strömten. Mit dem ›Außen‹ gab es auch die Kategorie der Politik, die es vertrat.

Lange her; die Gegensätze wurden eingeebnet. Die Welt, so wie sie ist, scheint alternativlos. Politik als Versuch, Leben außerhalb der Systemrationalitat zu organisieren, ist verschwunden.

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Energie

historisch-kritisches wörterbuch des marxismus

In dieser Rubrik bringt Lunapark21 jeweils einen Eintrag aus dem Historisch-Kritischen Wörterbuch des Marxismus (HKWM). Das HKWM erschien mit seinem ersten Band 1994, begründet und herausgegeben vom Philosophen Wolfgang Fritz Haug. Das Berliner Institut für kritische Theorie (InkriT) betreut seitdem das Projekt und sagt dazu: „Neben der Arbeiterbewegung und den sozialistischen und kommunistischen Erfahrungen sind es u.a. die Fragen der Umweltproblematik und vor allem der Frauenbewegung, die Eingang gefunden haben. Auch die Befreiungstheologie und die Fragen der postkolonialen »Dritten Welt« nehmen einen substanziell gefüllten, beträchtlichen Raum ein.“ Die Beiträge in der Nachfolge von Marx und Engels stehen mithin in einer Tradition des offenen, zukunftsfähigen Denkens.

Energie (E) nach Krieg und Frieden, Lüge, Finanzkrise, Kurzarbeit, Mensch-Naturverhältnis, Kubanische Revolution, Misogynie, Landnahme, Klimapolitik und militärisch-industrieller Komplex das elfte ausgewählte Stichwort aus der alphabetischen Stichwörtersammlung des HKWM, das wir hier auszugsweise zitieren. Dieser wiedergegebene Ausschnitt enthält mehr als man bei Eingabe des Links: http://www.inkrit.de/e_inkritpedia/e_maincode/doku.php?id=e:energie zum Stichwort Energie findet, aber wesentlich weniger als im Original. Das ist in mehrere Abschnitte gegliedert und mit einer umfangreichen Bibliographie versehen. Der Bestellvorgang wird auf der Website des InkriT erläutert. (JHS)

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Das Erdbeben verschärft Elend und Not

Ein Bericht aus der syrisch-türkischen Grenzregion

Insgesamt sind von dem Erdbeben in der syrisch-türkischen Grenzregion laut Uno 29 Millionen Menschen betroffen – eine Jahrhundertkatastrophe für beide Länder.

Es wird von über 50.000 Toten gesprochen, davon sind mindestens 44.000 Menschen in der Türkei in den Trümmern gestorben. Im Fall von Syrien gehen offizielle Zahlen von etwa 6000 Toten aus. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Todeszahlen wesentlich höher sind und in den kommenden Wochen und Monaten weiter steigen werden – das liegt auch an den erschwerten Zugängen in die Region.

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Die Gefahr eines Atomkriegs ist real

Interview mit Jürgen Grässlin über den Ukraine-Krieg und die Alternative eines Sozialen Widerstands

Winfried Wolf: Mitten im Ukraine-Krieg, Anfang Januar 2023, brachte das wichtigste deutsche politische Magazin ein vierseitiges Portrait über dich. Darin die beiden Sätze: „Es scheint, als wäre er [Jürgen Grässlin; W.W.] auf einer ewigen Tour. Wie Bob Dylan, der immer noch singt, redet Grässlin immer noch vom Pazifismus“. Jetzt mal abgesehen davon, dass Dylan viele Wandlungen und Positionsveränderungen durchgemacht hat und Du eher nicht – so ist das ein bewundernswerter Ritterschlag seitens des Autors Uwe Buse und des Magazins Der Spiegel. Wie kam es dazu?

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Mensch und Natur

Eine gescheiterte Beziehung?

Fotos von Barbara Straube

Manche haben es immer noch nicht bemerkt – die Klimakrise ist in vollem Gange: Monokultur, Dürre, Artensterben, Emissionen, Flutwellen, Plastikmüll, Eisschmelze, Brände, Waldsterben, Meereserwärmung, endloses Verbrennen von fossiler Energie, überbordendes Wachstum … sehenden Auges geht es in die Katastrophe. Doch in allen Lebensbereichen finden sich widerständige Menschen mit Mut, Sachverstand und zukunftsträchtigen Ideen. In diesem Sinne schenkte 1914 Carl Reiß, ein Mannheimer Unternehmer, der Stadt eine Rheininsel. Ursprünglich wollte er dort eine Ziege-lei errichten. Doch die Schönheit der Natur hatte ihn überzeugt und er ließ den Plan fallen.

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Der Kollaps der Silicon Valley Bank und die lange Geschichte vonKrisen und Krach

Finanzmärkte und Arbeitskämpfe

Diese Bank hatte niemand auf dem Schirm. Am 10. März musste in den USA die Silicon Valley Bank (SVB) von der Aufsichtsbehörde geschlossen werden. Verluste in Höhe von zwei Milliarden Dollar hatten sich angehäuft, einen „Bank-Run“ ausgelöst und die Aktien des Instituts um 80 Prozent schrumpfen lassen. Das Institut gehörte zu den 20 größten US-Banken; seit 2018 ist die SVB auch in Deutschland vertreten. Die Wirtschaftswoche kommentierte: „Genau vor einer solchen Situation fürchten sich Finanzaufseher seit Jahren, weil Notverkäufe Bankkunden in Panik versetzen und ein Institut blitzartig in Schieflage bringen können. Aus einer solchen Situation kann eine Gefahr für das gesamte Finanzsystem erwachsen.“

Tatsächlich ist der Zusammenbruch der Bank ein Lehrstück. Nicht wegen der Art des Kollapses (die Bank-Manager haben vieles richtig und eher wenig falsch gemacht). Nicht wegen der Folgen dieser Bankpleite (ob sich diese zu einem weltweiten Finanzkrach ausweitet oder nicht, kann hier bereits aus Gründen des Redaktionsschlusses1 nicht gesagt werden). Sondern hinsichtlich des Rahmens, in dem sich diese Krise abspielt und hinsichtlich des geschichtlichen Hintergrunds.

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„Wir sind keine Kriegsgewinnler“

quartalslüge I/MMXXIII

„Wir sind keine Kriegsgewinnler, sondern Krisenhelfer“. So der Vorstandschef des Rüstungskonzerns Rheinmetall, Armin Papperger.1 Das ist eine Quartalslüge. Nicht nur Rheinmetall, sondern auch Herr Papperger sind Kriegsgewinnler. Inwieweit sie Krisenhelfer im Ukraine-Krieg sind, ist vor dem Hintergrund früherer Rheinmetall-Geschäfte in Russland fragwürdig.

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Eingeblättert

Selbstmorde wegen Zinsanstieg

Die Fotos von Menschen, die während des Börsenkrachs im Jahr 1929 aus oberen Stockwerken von New Yorker Wolkenkratzern in den Tod springen, sind ikonographisch. Vergleichbares dürfte sich nicht wiederholen – schließlich sind die Fenster in Hochhäusern nicht mehr zu öffnen und es gibt Absicherungen für finanzielle Risiken wie Festzins oder Fonds mit Papieren aus unterschiedlichen Branchen. Nun berichtete Anfang März der Gouverneur der Reservebank of Australia – der Zentralbank des Landes –, er erhalte „täglich Briefe von Verzweifelten“, die unter den ständig ansteigenden Kreditzinsen litten. Er kündigte an, die Selbsthilfegruppe für Suizidgefährdete zu besuchen, um sich Rat zu holen. Seit Mai 2022 wurde der Leitzins um 3,25 Prozentpunkte auf 3,6 Prozent angehoben. Dort, wo die Banken den Anstieg weitergeben, was so gut wie überall der Fall ist, steigt die Zinslast für einen landestypischen, 30 Jahre laufenden Immobilienkredit  über 640.000 Australische Dollar (400.800 Euro) bei variablem Zins um rund 1200 Dollar monatlich.

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Editorial Winfried Wolf

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Leipziger Nationalbibliothek vermisst Lunapark21. Seit 1913 sammelt die Nationalbibliothek alle „deutsche und fremdsprachige Literatur des Inlandes und deutschsprachige Literatur des Auslandes“. Als ich vor der Wende für die Zeitungen „was tun“ (1974-1985) und später für die „Sozialistische Zeitung /SoZ“ verantwortlich zeichnete, hatte ich oft einen interessanten Austausch mit dieser Institution. Jede fehlende Ausgabe unserer aus DDR-Sicht „trotzkistisch/konterrevolutionären“ Publikationen wurde moniert. Dabei landeten unsere Blätter damals zweifellos im „Giftschrank“. Fanden sie dann doch interessierte Leserinnen und Leser? Jetzt also erneut Reklamationen aus Leipzig, wo man registriert hat, dass LP21 nicht im gewohnten Rhythmus erschien – Doppelnummer eben. Die Lücke wird mit diesem Heft ja geschlossen. Und auch ich melde mich pflichtschuldig zurück auf dem wackeligen Chefredakteurs-Klappstuhl. Die Berliner Charité ist der Auffassung, dass mir einige Zeit – „ein paar Jährchen“ – geschenkt wurden. Wir werden sehen. Und vor allem weiter kämpfen. Ermutigt haben uns dabei Dutzende persönliche Zuschriften und die Treue der Abonnenten und Abonnentinnen und zwei Dutzend neu Abonnierende. Hinzu kommt, dass mehr als 50 Abonnierende bei ihrem Abo ein Upgrade vornahmen. Das hilft uns sehr: Der erhebliche Anstieg der Kosten für Druck und Vertrieb würde uns unter normalen Bedingungen zum neuerlichen Anheben der AboGebühren zwingen. Angesichts der deutlich verbesserten Abo-Struktur sollten wir auf eine solche Maßnahme zumindest im laufenden Jahr verzichten können.

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