Haste Töne? Revolutionäre?

Unbedingt! Rudi-Dutschke auf sechs CDs

Dem Ousia-Lesekreis-Verlag kommt das Verdienst zu, sich um das Vermächtnis von Rudi Dutschke – und damit um das Vermächtnis der authentischen 1968er Revolte von Zehntausenden vor allem jungen Menschen – mit verschiedenen Publikationen verdient gemacht zu haben. Nun gibt es seit einigen Wochen mit dem Titel „Die Stimme der Revolution“ eine Box und sechs CDs (darunter eine MP3 CD) – so gut wie alles O-Ton Rudi Dutschke. Es handelt sich um öffentliche Reden von Dutschke, beziehungsweise um Interviews mit ihm. Die Qualität der Aufnahmen ist erstaunlich gut; die Aufbereitung mit zwei Booklets hoch-professionell – vieles, was heute kaum noch bekannt ist, gut erläuternd.

Die Revolte, für die Rudi Dutschke ohne Zweifel das Gesicht und der Sprecher war, fand zwischen 1965 und 1968 statt. Sie ist für Westdeutschland und auch für die heutige Bundesrepublik Deutschland prägend. Da Dutschke als ehemaliger DDR-Bürger (er ging 1961 in den Westen) bis zu seinem Tod am 24. Dezember 1979 eine positive Sicht auf eine Wiedervereinigung auch für eine radikal-linke Politik für elementar hielt, sollte er auch für linke Ex-DDR-Bürgerinnen und Bürger von großem Interesse sein. An einer Stelle nennt er die DDR sogar als „Vorbild“ – in dem dialektischen Sinn, dass ihm hier die Erkenntnis vermittelt worden sei, „welche Möglichkeiten verspielt werden können“.

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E-Auto-Schwemme und Betonbahn

Digitalisiertes Greenwashing: Kritik des Verkehrsbereichs im Koalitionsvertrag von „Rot-Grün-Gelb“

Der Koalitionsvertrag der „Ampel“-Parteien trägt in großen Teilen die Handschrift der FDP. Das dürfte auch daran liegen, dass Grüne und FDP sich im Vorfeld als „Königsmacher“ zusammentaten – und dass die Grünen in den vergangenen zwei Jahrzehnten sich immer mehr zur eine neoliberalen Partei gewandelt hatten. Diese Tendenz wird im Koalitionsvertrag beim Thema Autoindustrie, Verkehr und Mobilität deutlich.

Natürlich wird das Thema Verkehr und Mobilität verbal als Klimaschutzpolitik präsentiert. In Wirklichkeit wird im Koalitionsvertrag das „Weiter so“ einer fatalen Verkehrspolitik festgeschrieben, wie sie unter den CSU-Verkehrsministern Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer praktiziert wurde. Nur mit noch mehr Digital-Geklingel und mit der kaum verhüllten Drohung, gegebenenfalls Verkehrsprojekte mit der Brechstange, sprich deutlich beschleunigt, umsetzen zu wollen.

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Menschengemacht oder systembedingt?

Beobachtungen zur Hochwasser-Katastrophe

In Berichten über die Hochwasserkatastrophe vom Juli, die in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mindestens 179 Menschen das Leben kostete, wird der Zusammenhang zwischen starken Regenfällen und Klimaerhitzung meist eingestanden. Gleichzeitig wird suggeriert, dass es sich bei der Klimaerwärmung um einen langfristigen Prozess handle, auf den man wenig Einfluss habe. Entsprechend gibt es einen Wiederaufbau von Infrastruktur ohne große Korrekturen, aber mit „mehr Schutz“: stärkere Wände, mehr Beton, höhere und stabilere Brücken, bessere Warnsysteme, „klimaresistente“ neue Baumarten. Es komme, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung in einem Artikel mit der programmatischen Überschrift „Mit dem Klimawandel leben“ nunmehr „darauf an, das Leben an die veränderten Klimabedingungen anzupassen.“1

Bei diesen Betrachtungen fehlen in der Regel fünf Ebenen, auf denen sehr wohl direkt zur Hochwasserkatastrophe beigetragen wird: erstens die Versiegelung vor allem durch Straßenbau, zweitens der Abbau der Schiene in der Fläche, drittens die Kanalisierung der Gewässer, viertens die Veränderungen im Weinanbau und schließlich die Zerstörung der Waldböden. Auf all diesen Ebenen sind es Verwertungszwänge und Gewinnmaximierung, die zerstörerisch und Hochwasser-fördernd wirken. Der Mensch ist da „nur“ ausführend.

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Die falsche Alternative für die Bahn

Der Forderung nach einer „Bahn-Zerschlagung“ versus einer „integrierten Bahn“ erhält den zerstörerischen Status. Ein Plädoyer für eine differenzierte Sicht

Dass der Konzern Deutsche Bahn AG ein trauriges Bild abgibt, dürfte unbestritten sein. Das sollte in diesen Tagen der heftigen Bahn-Debatten erneut klargestellt werden: Der Konzern ist überschuldet. Er muss in immer stärkerem Maß mit Steuergeld alimentiert werden. Der Service lässt zu wünschen übrig. Geschlossene Schalter, vernagelte Bahnhöfe und nach Urin stinkende Unterführungen prägen vielerorts das Infrastruktur-Bild.Anzeige

Der Konzern agiert als Gewerkschaftsfeind und kassiert damit Streiks, die er sich erneut mit Steuergeld bezahlen lässt. An seiner Spitze werkelt mit Richard Lutz und Ronald Pofalla eine Chaos-Truppe. Dass bei diesen Voraussetzungen die vier Feinde der Schiene – Frühling, Sommer, Herbst und Winter – immer wieder aufs Neue zuschlagen können, liegt nahe.

Vor diesem Hintergrund sollten alle, die die Bahn lieben, für radikale Vorschläge offen sein. Mit einem „Weiter so“ spielt man Daimler, VW, BMW, Tesla und Lufthansa neue Argumente zu; die miese Performance der Schiene bestärkt die klimazerstörerischen Verkehrsarten. Wer auf die Forderung der Monopolkommission nach „Zerschlagung“ des Bahnkonzerns mit der Forderung nach einer integrierten Bahn nach Vorbild Schweiz antwortet, wird leicht wahrgenommen als im Lager der Verteidiger des Status quo stehend.

Die Forderung nach einer Zusammenführung der Infrastrukturgesellschaften und des Aufbaus einer gemeinnützigen Infrastrukturgesellschaft in öffentlichem Eigentum ist, wie von Rainer Balcerowiak auf dieser Plattform dargelegt, grundsätzlich nicht falsch. In Verbindung mit Konkretisierungen bietet sie Chancen auf einen Neuanfang im Bereich Schiene.

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Zum Tod von Rolf Verleger

Mit Rolf Verleger verlieren die Menschen in Deutschland und die Linke hierzulande eine wichtige jüdische Stimme des Humanismus und des Engagements für den Frieden. Wir als Redaktion von Lunapark21 und die Redaktion der Zeitung gegen den Krieg – in diesem Fall Reiner Braun und Winfried Wolf – sind tief bestürzt und traurig. Wir werden die Arbeit Rolfs für Frieden und Gerechtigkeit würdigen.

Winfried Wolf, der Anfang der 1960er Jahre in seiner Zeit als Schüler in Ravensburg mit Rolf Verleger und stärker noch mit dessen Bruder Peter Verleger freundschaftlich verbunden war, führte 2006, auf dem Höhepunkt des Libanon-Kriegs, ein Interview mit Rolf in Lübeck.

Wir veröffentlichen dieses hiermit. Es hat nicht nur historischen Wert, sondern es ist auch angesichts der fortgesetzten aggressiven Politik der Regierung der USA (Stichwort: Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem) und der Regierung in Tel Aviv gegenüber der palästinensischen Bevölkerung (Stichwort: beschleunigter Siedlungsbau) von hoher Aktualität.

Winfried Wolf / Redaktion LP21

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Die Menschen sind weiter als die Politik

Die Bilanz von Wahlen. Welchen Wahlen?

kolumne winfried wolf

Am 26. September 2021 gab es zwei in vielerlei Hinsicht historische Wahlen, über die kaum berichtet wird. An diesem Tag sprachen sich in Berlin 56 Prozent für eine Enteignung der großen Wohnungskonzerne aus. Und warum gab es diesen Erfolg? Weil Millionen Menschen das Recht auf bezahlbares Wohnen als Grundrecht sehen und weil bis zu 2000 Aktive diese Kampagne in der Hauptstadt mit enormem Engagement getragen haben. Am selben Tag wurde mit Elke Kahr eine Frau zur Oberbürgermeisterin von Graz gewählt, die Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs ist und die davon ausgeht, dass auch heute noch „die lohnabhängigen Menschen der bewussteste Teil der Gesellschaft“ sind.1 Und warum hatten Elke Kahr und ihr Team diesen Erfolg? Weil sie mit ihrer konkreten bescheidenen Lebensweise als Vorbild gesehen werden, weil sie sich seit Jahrzehnten insbesondere für die Interessen von Mieterinnen und Mieter stark machen und einen umfassenden öffentlichen Wohnungssektor fordern.

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Meldungen: Deutsche Bahn und GDL

Die Auseinandersetzung zwischen Deutsche Bahn AG und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) spitzte sich im gesamten ersten Halbjahr 2021 zu. Dabei fährt der Bahnkonzern einen konfrontativen Kurs, in dem er vom Eigentümer Bund, also seitens der Bundesregierung und CDU/CSU und SPD, unterstützt wird. Die materiellen Forderungen der GDL lauten Mitte Juni: Entgelterhöhung von 3,2 Prozent und eine Corona-Beihilfe von 600 Euro wie im Abschluss 2020 im öffentlichen Dienst vereinbart. Die DB will stattdessen den 1,2-Prozent-Abschluss, den sie im Herbst 2020 mit der DGB-Gewerkschaft EVG tätigte, auf die GDL übertragen. Das jedoch würde einen Reallohnverlust zur Folge haben. Als Antwort erklärte die GDL das Scheitern der Verhandlungen und kündigte Streiks an.

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Es rettet uns kein höh‘res Wesen – schon gar nicht das Klima

Katastrophen,Kapital, Karlsruhe-Entscheid, Shell-Urteil und die Illusion eines „Weiter so“ mit Ökostrom und Öko-Pkw

In den letzten Wochen gab es drei richtungsweisende Entscheidungen, die beim Umgang mit dem Thema Klimakatastrophe einiges verändern könnten. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verpflichtete Ende April in einem Beschluss den Gesetzgeber zu konkreten Maßnahmen des Klimaschutzes noch vor 2030. Am 26. Mai verurteilte ein Bezirksgericht in Den Haag den niederländisch-britischen Ölriesen Shell dazu, den CO2-Ausstoß seiner Geschäftstätigkeit bis 2030 um 45 Prozent zu senken. Am selben Tag gelang es einem eher kleinen Investmentfonds auf der Aktionärsversammlung des größten US-Ölkonzerns, Exxon, gegen die Vorstellungen der Konzernführung drei von zwölf Verwaltungsratsposten mit Leuten zu besetzen, die für eine Kehrtwende hin zu Erneuerbaren Energien eintreten. Es waren vor allem Kapitalanleger wie der kalifornische Lehrerpensionsfonds Calsters, die sich hinter die Gruppe Engine Nr. 1 gestellt und damit diese Palastrevolution bei Exxon ermöglicht hatten.

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„Deutschland hat seine Klimaschutzziele doch noch geschafft“

quartalslüge II/MMXXI

In den vergangenen Jahren gab es des Öfteren selbstkritische Töne bei den für Umweltpolitik Verantwortlichen. Allzu deutlich war die Stagnation der CO2-Emissionen in einigen Wirtschaftsbereichen. Im Verkehrsbereich gab es zwischen 2014 und 2017 sogar einen Anstieg der Emissionen. Doch dann, im Frühjahr 2021, schien die Welt wieder in Ordnung. „Die Treibhausgasemissionen liegen 2020 im Vergleich zu 1990 um 40,8 Prozent niedriger.“ Und: „Deutschland hat sein Klimaschutzziel doch noch geschafft.“ So lauteten die Schlagzeilen im März.1

Wobei, das sei korrekt hinzugefügt: Die deutsche Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und das Umweltbundesamt betonten, dass bei den besonders deutlichen CO2-Rückgängen im Corona-Jahr 2020 „die Pandemie-Maßnahmen eine wichtige Rolle spielten“.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

zunehmend finden sich Beispiele für den Zusammenhang zwischen der drohenden Klimakatastrophe und den neuesten Technologien der kapitalistischen Fertigung. Seit März wird in Teilen von Taiwan das Wasser rationiert; es herrscht die schlimmste Dürre seit einem halben Jahrhundert. Dass die Menschen dann oft stundenlang oder sogar einen Tag lang kein frisches Wasser erhalten, wäre wohl für die Weltmedien kaum der Rede wert. Was die Dürre jedoch zu einer heißen Angelegenheit macht, ist die Chipindustrie auf der Insel. Firmen wie TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing) und Globalwafers kontrollieren über die Hälfte des Weltmarktes der spezialisierten Auftragsfertigung für die Chipproduktion. Dafür wird hochreines Wasser benötigt, um die nur noch wenige Nanometer kleinen Strukturen der Halbleiter zu reinigen. Allein TSMC benötigt pro Tag 150.000 Tonnen Wasser. Die Firma kauft bereits „lastwagenweise Wasser aus dem etwas regnerischen Norden der Inse l“, so ein Bericht in der Neuen Züricher Zeitung vom 21. Mai 2021, wobei die konservative Zeitung offen bekennt: „Wassermangel und Stromausfälle hängen miteinander zusammen. Sie ereignen sich vor dem Hintergrund des Klimawandels, was für Taiwan – und für die Weltwirtschaft – in den kommenden Jahren Ungutes erahnen lässt.“

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