Heft 47 China & die Krise

Liebe Leserin, lieber Leser,

erneut ist die Weltökonomie Thema in diesem Heft. Zuletzt hatten wir in Nummer 44, vor drei Ausgaben, das LP2-Spezial dem Thema Weltökonomie gewidmet. Da haben wir die ersten Krisenboten beschrieben. In diesem Heft wird die Analyse weiterentwickelt – und dabei ein Schwerpunkt auf die wirtschaftliche Situation in China gelegt. Es lag nahe, in diesem Zusammenhang die Massenbewegung für Demokratie in Hongkong zu würdigen. Selbstverständlich ist dabei für eine „Zeitschrift zur Kritik der globalen Ökonomie“ wieder der Blick auf die Ökonomie. Und während hierzulande die Hongkong-Bewegung als eine westlich orientierte und geschlossene dargestellt wird, berichtet unser Autor Simon Cheung von der Gruppe „Socialist Action“ in Hongkong, wie die Top-Banker und Super-Reichen in Hongkong brav und in öffentlichen Erklärungen die Marionetten- Regierung in der Stadt und das Regime in Peking unterstützen. Ebenso wie die deutsche Kanzlerin bei ihrem jüngsten China-Besuch im September die dort Mächtigen unterstützte, ebenso wie Siemens, VW & Daimler in China nach neuen Aufträgen gieren und ebenso wie die westlichen Regierenden und die Konzern- und Bank-Chefs die Augen zudrücken vor der flächendeckenden Missachtung der Menschenrechte, vor der Masseninhaftierung von Hundertausenden Uiguren und vor der Gefahr einer militärischen Niederschlagung der Protestierenden durch die chinesische Armee (sollte es zu einem solchen Eingreifen der Volksarmee kommen, werden natürlich Hektoliter an Krokodilstränen vergossen werden). Richtig: Diese Positionen sind in der Linken umstritten. Werner Rügemer (siehe Seite 38ff) ist da ziemlich anderer Meinung. Daher in dem LP21-Spezial eine Debatte zum Charakter der Volksrepublik China.

Am 25. September wurde Georg Fülberth 80 Jahre alt. Lunapark21 hat ihm viel zu verdanken. Er war Anfang der Nuller Jahre einer der Ideengeber für das Projekt einer solchen Zeitschrift. Er hat seit Gründung der Zeitschrift Anfang 2008 und bis Ende 2018 die beiden Rubriken „Lexikon“ und „Seziertisch“ geschrieben. Wir profitierten viel von seinen kreativen Artikeln und originellen Gedankengängen. Als eine kleine Kommandosache – der Jubilar ist ein äußerst bescheidener; er wollte keine größere Würdigung, was ihn wiederum besonders ehrt! – bereiteten Jürgen Harrer und das geschätzte Team des Papyrossa-Verlags, Thomas Kuczinyski und ich ein Buch vor, das just an diesem Fülberth- Geburtstag, dem 25. September, erscheint. Es hat den für die Präzision der Fülberth-Texte treffenden Titel „Unter der Lupe“ und enthält alle Beiträge, die Schorsch für Lunapark – Zeitschrift zur Kritik der globalen Ökonomie im Zeitraum 2008 bis 2018 schrieb. Das Buch wird selbstverständlich eines der neuen LP21-Abo-Werbegeschenke. Schorsch: Wir, das Lunapark21-Team – verstreut auf die Orte Berlin, Werder, Michendorf, Wien, Bern, Mexiko Stadt, Köln, Frankfurt/M., Hamburg und nicht zuletzt auch Marburg/L. – gratuliert auf das Herzlichste!

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„Sie scheint mir ein sehr glückliches, junges Mädchen zu sein, das sich auf eine fröhliche, wunderbare Zukunft freut. Das ist so schön zu sehen.“ Mit diesen Worten kommentierte der Klimaschänder, Kriegstreiber und US-Präsident Donald Trump die Rede, die Greta Thunberg am 23. September 2019 auf dem Klimagipfel der Vereinten Nationen in New York hielt. Der Zynismus der Mächtigen kann derart direkt sein. Oder eben auch sublim und dann ebenso peinlich. So glaubte die deutsche Bundeskanzlerin, Thunberg kommentieren zu müssen mit dem Hinweis, in deren Beitrag sei „nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht“ worden, welchen „Beitrag Technologie und Innovation zur Lösung des Klimaproblems leisten“ könnten. Gemeint sind Technologien wie „Elektromobilität“, mit denen letzten Endes der Raubbau an der Natur intensiviert und dieKlimakatastrophe beschleunigt werden. Gleichzeitig fehlen in dem neuen „Klimapaket“ der deutschen Regierung so banale und einleuchtende Maßnahmen wie ein Tempolimit 120/80/30 (auf deutschen Autobahnen, Bundesstraßen und in Wohngebieten) und ein Nulltarif im öffentlichen Personennahverkehr. Der Hinweis auf „Technologie und Innovation“ ist nur die Umschreibung der Politik des „Weiter so“. Andererseits ist es wunderbar und verblüffend, dass die junge Frau aus Schweden in New York diese Tribüne – auch erkämpft von einer neuen Massenbewegung gegen die drohende Klimakatastrophe, die am 20. September weltweit Millionen Menschen auf die Straßen und Plätze brachte – bekam und dass die Mächtigen der Welt sich Frau Thunbergs voll und ganz berechtigte „Wutrede“ („Wie könnt ihr es wagen!“) haben anhören müssen(siehe zum Thema Klima die Seiten 11,44f und 58f).

Viele Grüße sendet und eine Nutzen bringende Lektüre wünscht Ihnen respektive Euch

Winfried Wolf