Teilblockade von Kaliningrad: Der Krieg rückt auf Berlin zu

Jetzt mit einer Antwort auf User-Kommentare vom 27.6.22

Es droht die Ausweitung des Ukraine-Kriegs zum europaweiten Krieg. Verantwortlich dafür sind keine Schlafwandler, sondern scharf kalkulierende Akteure. Auch in Berlin.

Zum Verständnis des Ukrainekriegs findet ein Bild Verbreitung, mit dem bereits der Erste Weltkrieg erklärt wurde. „Ziehen wir in eine Katastrophe wie die Schlafwandler 1914?“, fragt Konrad Schuller in einem ganzseitigen Artikel in der FAZ. Ähnlich der ehemalige Chefredakteur des Blattes Cicero, der unter der Überschrift „Die neuen Schlafwandler“ konstatiert: „Wie unsere Neo-Bellizisten das Risiko einer katastrophalen Eskalation nonchalant übersehen.“[1]

Auf den ersten Blick überzeugt das Bild. Der Krieg begann am 24. Februar mit der Invasion der russischen Armee in die Ukraine – und damit als regionaler Krieg. Der russische Präsident behauptete am 9. Mai, es handle sich um eine Art innerrussische Angelegenheit: „Wir führen eine militärische Spezialoperation durch – als reine Verteidigungsaktion von historischem russischen Land“. US-Präsident Joe Biden und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg versicherten mehrfach, „keinen Krieg gegen Russland führen“ zu wollen. Und der deutsche Kanzler Olaf Scholz stellte am 23. März im Bundestag klar: „Wir werden der Ukraine helfen, ohne selbst Kriegspartei zu werden.“

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Wider eine militärische „Lösung“ des Ukrainekriegs

Die Invasion in die Ukraine ist ohne jede Einschränkung oder Relativierung zu verurteilen. Gleichzeitig sind wir fest davon überzeugt, dass die rein militärische Reaktion auf Putins verbrecherischen Krieg ein Irrweg ist, mit dem das menschliche Leid immer mehr vergrößert wird.

Von Heino Berg, Thies Gleiss, Jakob Schäfer, Matthias Schindler, Winfried Wolf.

Zur Einordnung der Invasion und der Reaktion des Westens

Der Kreml verfolgt seit Jahren eine imperialistische Politik zum Erhalt und zur Ausdehnung seiner Machtbasis (Tschetschenien, Georgien, Syrien, …). In Verbindung mit der extraktivistischen Wirtschaftsstruktur in Russland ist die im Kreml konzentrierte Macht die Grundlage für den Reichtum der russischen Oligarchen, leidtragend ist die große Mehrheit der russischen Bevölkerung.

Ohne dass damit der russische Krieg gegen die Ukraine gerechtfertigt werden könnte, bleibt dreierlei festzuhalten: (1) Die NATO übertrifft mit ihren Kriegen u.a. in Afghanistan, Irak und Libyen Russland noch hinsichtlich imperialistischer Politik. (2) Die Expansion der Nato seit 1990 nach Osten ist und bleibt Ausdruck einer aggressiven Politik. (3) Die USA haben die Ukraine in jüngerer Zeit massiv hochgerüstet.

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Neoimperialistisches „Great Game“

Russland mit dem Rücken zur Wand Vabanquespiel Ukraine

Vielleicht ist das Klischee, wonach die europäischen Großmächte quasi schlafwandelnd in den Ersten Weltkrieg stolperten, nicht ganz verkehrt. Der zentrale Konflikt, der zur gegenwärtigen geopolitischen Konfrontation geführt hat, besteht in der Ostexpansion der Nato im postsowjetischen Raum. Die Ukraine bildet das Objekt der Begierden.

Seit dem westlich unterstützten Umsturz von 2014, als die damalige prorussische Regierung Janukowitsch von nationalistischen Kräften gestürzt wurde, ist Kiew bemüht, trotz Bürgerkrieg, eingefrorener Konflikte und ungeklärter Territorialfragen in die Nato und die EU aufgenommen zu werden und die Westintegration des Landes irreversibel zu machen.

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Stalin, Putin und eine chauvinistische „Halt´s Maul-Politik“

Die Unabhängigkeit der Ukraine, gestern und heute

Der erste Teil dieses Artikels wurde bereits am 19. August und am 27. September 2014 geschrieben, der zweite Teil am 1. März 2022.

I.

1. Die Ukraine war und ist, wie der Name sagt und ein Blick in den historischen Atlas oder auf die heutige Landkarte bestätigt, ein Grenzland. Von Moldawien im Südwesten bis Russland im Osten und Südosten hat die heutige Republik Ukraine, nach Russland der zweitgrößte europäische Flächenstaat, gemeinsame Grenzen mit sieben Staaten (außer den genannten sind das Rumänien, Ungarn, die Slowakei, Polen und Weißrussland). Die Bevölkerungsmehrheit stellen – bei einer Gesamtbevölkerung von 52 Millionen – ethnische Ukrainer mit knapp 38 Millionen, die größte Minderheit bilden etwa 8 Millionen ethnische Russen. Es gibt etwa 100 weitere ethnische Minderheiten, und auf der Krimhalbinsel machen die (aus der Deportation nach Usbekistan zurückgekehrten) Tataren gegenwärtig etwa 12 Prozent der dortigen Bevölkerung aus. Kerstin Jobs nennt die Ukraine eine „komplexe polyethnische Kontaktzone“.1 Zwei Drittel der Ukrainer beherrschen Russisc h als Mutter- oder als Zweitsprache, „reines“ Ukrainisch wird vor allem in der Westukraine gesprochen, die meisten Ukrainer bedienen sich einer Ukrainisch-Russischen Mischsprache. In den vergangenen tausend Jahren gab es auf dem heutigen ukrainischen Territorium nur selten selbständige staatliche Gebilde: Das zwischen dem 10. und dem 13. Jahrhundert bestehende Kiewer Reich – die Rus, auf die sich der russische wie der ukrainische Nationalstaat als auf ihren Ursprung berufen – geriet zunächst unter mongolische, dann unter litauische und polnische Oberherrschaft; der in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gebildete kosakische „Hetmanstaat“ gehörte im langen 19. Jahrhundert zum Zarenreich.

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Meldungen aus dem Alltag des systematischen Wahnsinns

Auch ein Nato-Krieg?

Bis zum Redaktionsschluss dieses Heftes hält sich die Nato aus dem Ukraine-Krieg heraus. Zum Glück für Europa, auch für die Ukraine selbst. Doch es gibt bereits andere Töne. Der Transatlantiker und CDU-Chef (und langjährige Blackrock-Mann) Friedrich Merz erklärte am 4.3. gegenüber NDR Info: „Es kann dann auch Situationen geben, in der dann auch die Nato Entscheidungen treffen muss, Putin zu stoppen.“ Die Nato selbst wird aufgrund des Krieges sich ziemlich sicher noch weiter nach Osten ausweiten, also das tun, was für Putin ein Motiv für den Überfall auf die Ukraine ist. Just vier Tage vor Kriegsbeginn tauchte ein neuer, schriftlicher Beweis dafür auf, dass der Westen den Kreml-Machthabern 1991 definitiv zusagte, die Nato nicht nach Osten auszuweiten. Es geht um ein im Britischen Nationalarchiv aufgetauchtes Dokument zu dem Treffen der politischen Direktoren der Außenministerien der USA, Grobbritanniens, Frankreichs und Deutschlands von M e4rz 1991. Der deutsche Vertreter in dem Gremium Jürgen Chrobog, hielt fest: „Wir haben in den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen deutlich gemacht, dass wir die Nato nicht über die Elbe (!) hinaus ausdehnen. Wir können daher Polen und den anderen keine Nato-Mitgliedschaft anbieten“ (Spiegel 18.2.).

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Stoppt den Kreml-Krieg gegen die Ukraine!

15 Thesen zum Krieg des Kreml gegen die Ukraine

Stoppt die Ausweitung des Kriegs in einen weltweiten Krieg!

Passiver Widerstand gegen die russische Besatzungsmacht!

Stoppt die Spirale der Sanktionspolitik!

Keine Waffenlieferungen in die Ukraine!

Stoppt das Hochrüstungsprogramm für die Bundeswehr – notwendig ist ein Hochrüsten für Klimaschutz!

15 Thesen zum Krieg des Kreml gegen die Ukraine

Winfried Wolf

(Fassung vom 22. März 2021)

Englische Übersetzung der 15 Thesen (Christian Bunke)

Russische Übersetzung der 15 Thesen (Arno Lange)

1

Die uneingeschränkte Verantwortung für den Ukraine-Krieg trägt die russische Regierung

Die russische Führung begann am Morgen des 24. Februar 2022 einen Krieg gegen die Ukraine. Es handelt sich um einen Angriffskrieg gegen ein souveränes Land. Dieser Krieg ist ohne Wenn und Aber zu verurteilen. Es gibt für ihn Ursachen, Erklärungen, Hintergründe – aber keinerlei Entschuldigung. Von der russischen Führung ist der sofortige Rückzug hinter die russischen (und weißrussischen) Grenzen vom Stand 23. Februar 2022 zu fordern. Jede Stunde Fortgang des Kriegs kostet Menschenleben, zerstört unnötig Werte, richtet sich auch gegen die innerrussische demokratische Zivilgesellschaft, lässt das Ansehen der russischen Regierung auf internationaler Ebene gegen Null sinken, trägt zur weltweiten Hochrüstung bei, stärkt den weltweiten Militarismus und insbesondere den westlichen Imperialismus und gefährdet in wachsendem Maß den Weltfrieden – was die Menschheit an die Schwelle eines atomar geführten Kriegs führen kann. Die Folgen der Auseinandersetzung für die Weltwirtschaft sind nicht absehbar; sicher ist, dass die weltweite Inflation gestärkt und der Anstieg der Energiepreise beschleunigt wird. Damit bezahlen die einfachen Leute einen erheblichen Teil der Kriegskosten.

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„Stilles, erbarmungsloses Töten mit Verzögerungseffekt“

Der Fluch der Nato-Uranmunition in Serbien

Zwei Jahrzehnte nach dem Krieg um den Kosovo im Jahr 1999 setzt sich in Serbien die Todesernte des NATO-Bombardements ungehindert fort. Die Zahl der Krebserkrankungen, vornehmlich in Gebieten, in denen die sogenannte „DP-Munition“ – uranabgereicherte Munition eingesetzt wurde, wächst unaufhörlich. Sie übersteigt längst die Zahl der im Krieg Getöteten um ein Vielfaches. Starben im Bombenhagel nach serbischen Angaben rund 1.000 Soldaten und 2.500 Zivilisten, so dürfte die Zahl der Krebstoten – als Spätfolge der Bombardierung mit Uranwaffen – auf bis rund 70.000 ansteigen. Die vor einem Jahr gegründete parlamentarische Untersuchungskommission in Serbien spricht in diesem Zusammenhang von den Sekundär- bzw. Spätfolgen des NATO-Bombardements. Sie verweist dabei auf Erfahrungen aus Hiroshima und Nagasaki.

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Die neue Weltordnung und der Nato-Krieg gegen Jugoslawien

Am 24. März 1999 begann der Nato-Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien bzw. gegen „Restjugoslawien“, das zu diesem Zeitpunkt noch aus Serbien, Kosovo und Montenegro bestand. Ohne Zweifel gab es viele – auch kriegerische – Ereignisse, die zu diesem Krieg führten. Unbestritten ist an sich auch, dass dieser Krieg an einem konkreten Tag begann – eben an diesem 24. März 1999 gegen 20 Uhr, als die Nato-Kampfflugzeuge ihre ersten Bomben auf Ziele in Jugoslawien warfen.

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