Durchaus Pioniergeist

Welche Gründe gab es für das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei 1961?

Ein Gespräch über das Anwerbeabkommen der BRD mit der Türkei vor 60 Jahren

Kutlu Yurtseven: Das erste Anwerbeabkommen hatte die Bundesrepublik 1955 mit Italien geschlossen, beide Länder waren Mitglied der Montanunion, dem Vorläufer der Europäischen Gemeinschaft.

Peter Bach: Ausgerechnet Deutschland, das im Zweiten Weltkrieg halb Europa in Schutt und Asche gelegt hatte, sammelte wieder ausländische Arbeitskräfte ein. Fünf Millionen deutsche Soldaten waren im Krieg gefallen, junge Männer, die den Kern einer neuen „Armee“ von Industriearbeitern hätten stellen können. Dann wurde 1961 die Mauer gebaut. Damit wurde der Zuzug von jährlich Hundertausenden Arbeitskräften abgeschnitten.

Drittens: Mit der Wiederbewaffnung der BRD ab 1956 wurden 260.000 junge Männer für die Bundeswehr gebraucht.

weiterlesenDurchaus Pioniergeist

In die falsche Richtung

Der „Maya-Zug“ auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán

Es ging durch die internationale Presse. Im Bade- und Touristenort Tulum an der mexikanischen Karibikküste lieferten sich verfeindete Drogenbanden am 20. Oktober eine nächtliche Schießerei in einer kleinen Bar. Zwei unbeteiligte Gäste auf der Terrasse kamen ums Leben, darunter eine Deutsche.

Tulum ist zuletzt explosionsartig gewachsen, wie dies in den Jahrzehnten zuvor erfolgte im Fall von Cancún und Playa del Carmen, zwei weiteren Städten an der Riviera Maya. Die Gewalt wuchs mit. Die Touristen, oft in All-Inclusive-Hotels isoliert untergebracht, bekommen davon nur in Ausnahmefällen etwas mit. Die einheimische und auf der Suche nach Arbeit zugereiste Bevölkerung kann jedoch nicht entfliehen.

Ähnliche Zustände könnte es bald an vielen weiteren Orten auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán geben, fürchten viele indigene und kleinbäuerliche Gemeinden. Sie haben Angst vor dem „Maya-Zug“. Sein Bau ist bereits in vollem Gange. Die derzeit durch Europa reisende große Delegation der indigenen zapatistischen Widerstandsbewegung spricht von einem „Projekt des Todes“.

Der Maya-Zug ist eines der Prestigevorhaben der sich selbst als links bezeichnenden Regierung unter Präsident Andrés Manuel López Obrador. Die Parallelen zum interozeanischen Korridor am Isthmus von Tehuantepec, beschrieben in Lunapark21 Nr. 53, sind auffällig.

weiterlesenIn die falsche Richtung

American Machismo

Die Gründung des Staates Bangladesch vor 50 Jahren – eine vergessene Episode des Kalten Krieges

„Die unattraktivsten Frauen auf der Welt sind ohne Zweifel die indischen Frauen … Absolut ohne Sexappeal diese Leute. Gut, manche sagen das von den Schwarzafrikanern. Nun, bei denen ist wenigstens Vitalität zu spüren. Die haben so einen putzigen Charme. Aber Gott, diese Inder, jämmerlich.“ „Ein Volk von Aasfressern.“

So beurteilte der US-amerikanische Präsident Richard Nixon die Lage, als im Sommer 1971 ein Konflikt zwischen Pakistan und Indien zu eskalieren drohte.

Im November desselben Jahres traf er die indische Premierministerin Indira Gandhi, eine der ersten Frauen in einem solchen Amt, im Weißen Haus. Nixon verachtete Gandhi als hochnäsige Intellektuelle. In einer Gesprächspause beklagte er sich gegenüber seinem Sicherheitsberater Henry Kissinger über die Delegation aus Delhi: „Die törnen mich ab. Wie zum Teufel törnen die andere Leute an, Henry?“ Der meinte, die Inder wären „Meister der subtilen Schmeichelei.“ Damit hätten sie „600 Jahre überlebt.“ *

weiterlesenAmerican Machismo

Begriffs-Inflation

Preissteigerungen heißen in Deutschland jetzt grundsätzlich Inflation – aus schlechten politischen Gründen. Waschkörbeweise soll mein Großvater sein Gehalt abgeholt haben, um am Abend doch nur noch ein Brot für Millionen Mark nach Hause bringen zu können. Das war 1923, wie er immer wieder erzählt hat und diese Erfahrung bestimmte nicht nur sein künftiges Verhalten gegenüber galoppierenden Preissteigerungen und Geldentwertungen. Dabei war die Geldentwertung 1923 nur Ergebnis eines misslungenen Raubes, mit dem die Ausgaben für den Ersten Weltkrieg eigentlich gedeckt werden sollten. Und auch die zweite Währungsumstellung, die mein Großvater erlebte, fand nach dem nächsten verlorenen Weltkrieg statt, weil auch dieses Mal, glücklicherweise, die Rüstungsausgaben nicht durch die Beute aus eroberten Ländern gedeckt werden konnten.

weiterlesenBegriffs-Inflation