eingeblättert

Altersweise

Die Spezielle Relativitätstheorie publizierte Albert Einstein im Alter von 26 Jahren. Mit 36 schloss er die Allgemeine Relativitätstheorie ab. Die Zwanziger und Dreißiger waren seine produktivsten Jahre. Und das sind sie für die allermeisten Menschen. „Jetzt möchte ich gern in Ruhe vertrotteln“, gestand Einstein später.

Im Jahr 2010 lag die Fertilitätsrate in 98 Ländern unterhalb des zur Stabilisierung der Bevölkerungszahl nötigen Faktors von 2,1. Im Jahr 2021 blieben 124 Länder unter dieser Marge. Besonders niedrig ist die Fertilitätsrate in Italien und Japan, und in Südkorea liegt sie sogar nur bei 0,8. Selbst Indien kommt inzwischen auf knapp unter 2,1.

Infolgedessen hat sich die Altersstruktur verändert, und die Zahl der Jungen hat in vielen Staaten dramatisch abgenommen – und mit ihr die Innovationskraft des Landes. Das schlägt sich in der Zahl der jährlichen Patentanmeldungen nieder. Machten im Hochtechnologie-Land Japan die Anmeldungen für Wasserstofftechnologie, computergestützte Bilderkennung, oder selbstfahrende Autos Anfang der 1990 Jahre noch mehr als 50 Prozent  der internationalen Patente aus, so fiel der Anteil Japans bis 2019 auf unter 20 Prozent.

Der Economist empfiehlt in seiner Ausgabe vom 3. Juni zur Steigerung der Innovationskraft einer abnehmenden Zahl von Menschen im arbeitsfähigen Alter eine deutliche Verbesserung von Erziehung und Ausbildung. – Deutschland fand in diesem Zusammenhang keine Erwähnung.

Women‘s Lib

Cricket ist die Sportart Nummer Eins in Indien, bekannt als „the gentleman‘s game“, aber selbst in abgelegenen Dörfern trainieren heute kleine Mädchen batting, running, wickett-keeping und träumen davon, eines Tages in der Women‘s Premier League zu spielen. Die startete im März dieses Jahres, vorerst mit fünf Teams aus New Delhi, Ahmedabad, Mumbai, Bangalore und Lucknow.

Zuvor hatte der Cricket-Verband die Franchise-Rechte für fünf Jahre versteigert, für durchschnittlich 110 Millionen Dollar pro Verein. Die Premier League der Männer hat sich zu einer der wertvollsten Sport-Organisationen der Welt entwickelt; Vereine, die vor 15 Jahren 100 Millionen kosteten, bringen heute das Zehnfache ein. Solch märchenhafte Reichtumsvermehrung beflügelt die Fantasie und ließ schließlich wohl auch den Wert von Frauen erkennen.

So nimmt das Kapital glücklicherweise keine Rücksicht auf die traditionelle Rolle der Frau und lässt „kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übrig, als das nackte Interesse, als die gefühllose ›bare Zahlung‹“, wie es im Kommunistischen Manifest von Marx und Engels heißt.

Fichten sollen‘s richten

Waldenthusiasten in der Schweiz haben mal nachgerechnet, wieviel Holz es braucht, um ein Auto klimatisch zu neutralisieren, und das am Beispiel einer Deutschen Normfichte dargelegt. Für eine Schweizer Normfichte lagen keine Daten vor.

Im Rückgriff auf die nachbarstaatliche Bürokratie lautet die Kalkulation: Das Holz eines Baumes besteht zu 50 Prozent aus Kohlenstoff. Eine hundertjährige Fichte von 35 Metern Höhe hat ein Holzvolumen von zirka 3,4 Kubikmetern, was einem Trockengewicht von 1400 Kilogramm entspricht, darin eben 700 Kilogramm Kohlenstoff. Pro Jahr hat die Fichte also 7 Kilogramm Kohlenstoff eingelagert, den sie mit gut 25 Kilogramm an Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Luft aufgenommen hat.

Ein Benzin-Auto stieß nach Angaben des Schweizer Bundesamtes für Energie im Jahr 2020 pro Kilometer Fahrt etwa 124 Gramm CO2 aus. Durchschnittlich fährt ein schweizerisches Auto pro Jahr 13.400 Kilometer und stößt dabei 1,7 Tonnen CO2 aus. Sollten es allein die Fichten richten, müssten zur CO2-Kompensation pro Auto 67 Fichten ein Jahr lang wachsen. Nachzulesen ist das in dem schönen Buch von Hans-Ulrich Frey, „Wald und Wälder im Kanton Schwyz“, 2022 in der Edition Offizin Parnassia erschienen.

Allianz der Willigen

„Folgen Sie der Spur des Geldes“, lautete der Rat des „deep throat“ genannten Informanten, mit dessen Hilfe der Watergate-Skandal aufgedeckt wurde.

Die „Net-Zero Banking Alliance“ wurde auf dem Glasgower Klimagipfel 2021 als großer Erfolg gefeiert. Der vom Umwelt-Programm der Vereinten Nationen initiierten Allianz schlossen sich rund 200 vornehmlich europäische Finanzinstitute an mit dem Versprechen, ihre Investitionen auf ein Null-Emissionen-Ziel bis 2050 auszurichten. Vor allem der Kohle, der heftigsten Treibhausgas-Schleuder, hoffte man, damit den Geldhahn zu sperren. Stattdessen erreichte der weltweite Kohleverbrauch mit acht Milliarden Tonnen im vergangenen Jahr sein Rekord-Hoch.

So geht es zu auf freien Märkten. Den Rückzug europäischer Banken aus dem schmutzigen Geschäft nutzen andere zum Einstieg. Vor allem Länder in Asien hungern nach Kohle, darunter Japan und Süd-Korea. Und für Indonesien sind seine Kohlevorkommen so wichtig wie das Öl für Saudi-Arabien. Die Gewinne der Kohlegruben, die durch die Ausgabe von Anleihen und Anteilen rund 150 Milliarden Dollar einsammeln konnten, gingen durch die Decke, wie der Economist vom 10. Juni berichtete. Banken, darunter die Schweizer UBS, rückten Kredite raus, und auch Versicherungen wollten sich nun ihrer “Net-Zero Insurance Alliance“ entledigen, darunter die Axa und die Allianz.

Reisekosten

Ein Traumurlaub zu zweit ist durchaus erschwinglich: eine Woche, inklusive Flug, im First-Class-Hotel am Strand von Mexiko für unter 3000 Euro. Die Kosten für die weniger komfortable Transitreise durch das Land und über die Grenze in die USA belaufen sich dagegen schnell auf über 12.000 Dollar. Wer die nötigen Mittel nicht zur Hand hat, muss gewärtigen, gekidnappt zu werden und Verwandte in den Vereinigten Staaten um Lösegeld zu ersuchen. Durchschnittlich 25 Personen pro Tag verschwinden gar für immer, darunter vor allem Mädchen im Alter von 12 bis 15 Jahren.

Die kriminellen Banden und Kartelle Mexikos haben ihr traditionelles Drogengeschäft um Erpressung und Menschenhandel erweitert. Unternehmen sind zur Abführung eines Teils ihrer Erlöse genötigt, zu Lasten produktiver Reinvestitionen. Politiker auf lokaler Ebene werden gekauft oder bedroht und vergeben öffentliche Aufträge an von Banden kontrollierte Firmen. Gegenwehr ist lebensgefährlich. Vor den Zwischenwahlen 2021 wurden 40 Kandidaten umgebracht.

Das scheint ausländische Tourist:innen bislang nicht zu schrecken. Jährlich 40 Millionen heißt das mittelamerikanische Land als Gäste und unverzichtbare Devisenbringer willkommen.

Sovereign Grant

Amtswechsel für Kosten in Höhe von 150 bis 200 Millionen Euro. So viel ließen sich die britischen Steuerzahlenden die Krönung von Charles III. kosten. Über derartigen Aufwand mag man den Kopf schütteln. Andererseits verhielt sich Vorgängerin Elizabeth II. extrem sparsam, indem sie die Regentschaft 70 Jahre ausübte, so dass dem Vereinigten Königreich einige Inthronisierungen erspart blieben. Deutschland hat sich in derselben Zeit immerhin zwölf Bundespräsidenten, einen Staatspräsidenten und fünf Staatsratsvorsitzende geleistet.

87 Millionen Pfund zahlt Britannien seinem Staatsoberhaupt im normalen Geschäftsjahr. Dafür haben Monarchin oder Monarch nicht nur stets eine repräsentative Figur abzugeben, sondern auch einiges an Kritik oder gar Spott zu ertragen, etwa als Latex-Puppe in der TV-Serie „Spitting Image“.

Aktuell nimmt die Netflix-Serie „The Crown“ die Royals aufs Korn, mit 60 Folgen in sechs Staffeln. Die Produktionskosten werden auf 160 Millionen Dollar geschätzt – pro Staffel. Das wahre fürstliche Leben ist also vergleichsweise günstig, und dürfte als Vorlage der Fernsehserie sogar noch rentieren. Der Gewinn wird allerdings jenseits des Atlantiks zu Buche schlagen und kann vielleicht als Teil jener Special Relationship zwischen den USA und Großbritannien gelten.