Doppel genäht hält besser


Die Finanzierung der Konterrevolution und ihrer Freikorps 1918-1920

Waldemar Pabst traf sich im Winter 1918 mit dem Großindustriellen Hugo Stinnes und Friedrich Minoux. Die Reste der kaiserlichen Truppen hatten an Weihnachten im Kampf gegen die Matrosen der revolutionären Volksmarinedivision (VMD) in Berlin versagt, darunter auch die Garde-Kavallerie-Schützendivision, eine kaiserliche Elitetruppe, die im Frühjahr 1918 aus Russland infolge des Gewaltfriedens abgezogen worden war. Sie sollte damals den deutschen Armeen bei der Frühjahrsoffensive 1918 helfen, die amerikanischen, britischen und französischen Truppen der Entente ins Meer zu werfen. Der Plan misslang, fast 900 000, meist junge Männer, ließen in diesen wenigen letzten Monaten des Ersten Weltkrieges ihr Leben.

Als am 9. November 1918 die Revolution in Deutschland Raum griff, wollte der Kaiser mit den Frontruppen in die Heimat marschieren und die Revolution niederschlagen, doch alle Regimenter weigerten sich, bei einer Umfrage der Obersten Heeresleitung (OHL), dies auszuführen, bis auf Pabsts GKSD. Er eilte mit ihr von Frankreich zurück und kam Anfang Dezember in Berlin an. Doch der Putsch der Frontruppen unter Anleitung der OHL misslang. Nur noch wenige Einheiten blieben kampffähig. Am 24. Dezember sollten sie im Auftrag des Volksbeauftragten Friedrich Ebert (SPD) die Matrosen im Schloss „totmachen“ (so Generalleutnant Groener, Chef der OHL). Doch der Anschlag misslang, obwohl mitten in der Hauptstadt (eine Premiere) Artillerie und Gas eingesetzt wurden. Die Volksmassen halfen den Matrosen und schalteten die Angreifer aus. Die kaiserliche Armee existierte nicht mehr. Doch Pabst wandelte nun seine Truppe in ein schlagkräftiges Freikorps um. „Spartakistisch verseuchte Elemente“, wie er sich ausdrückte, wurden entlassen. Zucht und Ordnung, Drill und Disziplin wurde wieder eingeführt und Pabst brauchte Geld. Geld für Waffen, Quartiere, Versorgung, und Löhnung. Im 30jährigen Krieg konnte so etwas durch Plündern erledigt werden, das ging nun nicht mehr im eigenen Land. Also musste Kohle her. Pabst machte den beiden Kapitalisten eine Aufstellung, was das alles kosten sollte. Stinnes – er war von den Revolutionären kurzzeitig verhaftet, aber von Ebert und Genossen wieder freigelassen worden – dachte sich ‚doppelt genäht hält besser‘ und versprach Pabst die doppelte Summe des Geforderten. Auch die Antibolschewistische Liga, mit Eduard Stadler, die ebenfalls von Stinnes und dem Bankier Karl Helfferich finanziert wurde, steckte Geld in die Freikorps. Die Löhnung wurde verdoppelt: 10 Mark am Tag, neue Stahlhelme und Waffen, Lebensmittel, ja sogar Schokolade aus Holland besorgt. Geldspritzen kamen auch vom Großbürgerrat, den der Bankier Salomon Marx gegründet hatte, ein konterrevolutionärer Gegenrat zu den Arbeiter- und Soldatenräten, der über ein weitverzweigtes Netz verfügte. Selbstverständlich sorgte auch die OHL aus ihrem offiziellen Etat, den sie immer noch von der Reichsregierung über die Reichsbank bezog, für Geld. Schließlich hatte Groener schon im November, wenige Tage nach der Revolution, in Einvernehmen mit Ebert „unter der Decke“ (so Groener 1925 unter Eid), die Aufstellung von Freikorps verfügt. Weiteres Geld floss von Ottmar Strauß, einem Industriellen im Ruhrgebiet, der Pabsts Freikorps auch versorgte. Strauß war als Jude später den Verfolgungen der Nazis ausgesetzt, seine Betriebe wurden arisiert, er entkam – praktisch enteignet – in die Schweiz. Ob er später begriffen hat, wen er gefördert hatte, ist nicht bekannt. Salomon Marx verließ schon 1919 die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) wegen ihres Antisemitismus. Aber da war es auch schon zu spät. Die Linken waren traumatisiert und geschlagen und die Rechten und Nazis kamen bald aus den Löchern marschiert.

Schon in den ersten Tagen der Revolution hatte Graf Wolff-Metternich, ein adliger Offizier und Geheimdienstmann im Auftrag seines Chefs Freiherr Ferdinand von Stumm, ebenfalls Geheimdienstmann im Außenministerium, Spross einer Stahlmagnatenfamilie, versucht, die Volksmarinedivision für einen rechten Putsch am 6. Dezember 1918 zu missbrauchen. Ebert sollte zum Reichspräsidenten und Diktator ausgerufen und der revolutionäre Vollzugsrat zerschlagen und verhaftet werden. Doch der Plan misslang. Stumm und Metternich flohen nach Holland. Vorher hatten sie viel Geld, das teils von Stumm kam, der einer der reichsten Familien des Reiches angehörte, teils von Banken, die Stumm später nicht näher spezifizierte, stammte, in die VMD gesteckt. Die Matrosen der VMD wollten sich aber nicht für die Konterrevolution missbrauchen lassen und verjagten Metternich. Ab da wurde der VMD der Geldhahn zugedreht. Während nach rechts großzügig Geld auch von der Regierung verteilt wurde. Dies hauptsächlich von Otto Wels, dem sozialdemokratischen Stadtkommandanten, der eng mit kaiserlichen Offizieren und dem Kriegsminister (der nie abgesetzt worden war) zusammenarbeitete. Was letztlich zum Konflikt an Weihnachten führte.

Im Januar 1919 waren neben Pabst Freikorps zahlreiche andere Freikorps wie Panzer und mit Panzern am Horizont aufgetaucht. Darunter das von General Maercker. Drei Marinebrigaden aus Unteroffizieren und besonders gewalttätigen Marineoffizieren kamen zum Einsatz und wurden finanziert. Etwa 6000 Mann schossen so den Januaraufstand in Berlin zusammen und mordeten. Acht Wochen später hatten sie schon über 30 000 Mann zusammen und massakrierten im Auftrag Pabsts und Noskes über 1200 Menschen in Berlin, im Mai mindestens 1000 in München, um nach dem Kapp-Putsch im Rachefeldzug gegen die Rote Ruhrarmee wieder mehrere Tausend zu ermorden. Alles in Kooperation mit Noske (inzwischen Reichswehrminister) und Ebert. Mitte 1919 hatten die Freikorps eine Mannschaftsstärke von 400 000 Mann (darunter die 50 000 von Pabsts GKSD). Nie klagten sie über Geld- oder Versorgungsschwierigkeiten. Erst als sie im März 1920 im Kapp-Putsch, gegen die Sozialdemokratie vorgingen, weil alle Freikorps auf Druck der Alliierten (nicht der SPD dominierten Regierung) aufgelöste werden sollten, waren ihnen während des Generalstreiks gegen den Putsch die Tresore der Reichsbank verschlossen. Kapp, selbst Aufsichtsrat bei der Deutschen Bank, hatte in der von Pabst gegründeten Nationalen Vereinigung (Geld wurde auch aus der aufgelösten Vaterlandspartei abgezogen) zusammen mit den Offizieren Wilhelm Canaris, Hermann Ehrhardt, Friedrich Wilhelm Heinz und Erich Ludendorff den rechten Putsch geprobt, wieder unterstützt von mehreren Banken. Doch der Putsch misslang aufgrund des Generalstreiks und weil die Reichsbank nicht mitmachte. Das Geld der anderen Banken kam nicht schnell genug.

Die geflohene Regierung mit Ebert et al. konnte wieder zurückkehren und ließ die Rote Ruhr Armee, die sich während des Rechtsputsches im Ruhrgebiet gegen diesen Putsch und gegen dies Regierung gebildet hatte, massakrieren. Noske aber musste gehen.

Die massenhafte Militarisierung der Deutschen war vorerst misslungen, Freiwilligenverbände, Bürgerwehren, Wehrmauern, Freikorps wurden gemäß dem Versailler Vertrag verboten, die Reichswehr auf 100 000 Mann beschränkt. Groener, Chef der OHL, plante trotzdem – im Geheimen – schon 1920 wieder ein Heer von 100 Divisionen, mit Millionen Soldaten und wieder unterstützt vom Großkapital. Teilweise musste man in die Sowjetunion – mit der man Anfang der 20er militärisch kooperierte – ausweichen, um den Versailler Vertrag zu umgehen. Doch erst Hitler gelang es dann, diese Riesenarmee in die Praxis umzusetzen; und dann natürlich ohne Hilfe der Sowjetunion.