Gefahr erkannt, …

Finanzbeschiss mit Credit Suisse

Vier Banken mussten seit März die Schalter schließen. Drei mittelgroße US-Banken kippten einfach um, als Kunden ihr Geld plötzlich abzogen: Die Silicon Valley Bank, die Signature Bank sowie die First Republic. Die vierte war die Schweizer Credit Suisse, die als nicht weniger solide galt als die drei US-Banken.

Doch die Eidgenossen nehmen unter den Vieren eine besondere Stellung ein. Das betont der deutsche Finanzwissenschaftler Rudolf Hickel in einem Beitrag für die Mai-Ausgabe Blätter für deutsche und internationale Politik.

Es handele sich beim tiefen Fall der Credit Suisse um einen ganz speziellen: „Kriminelle, vor allem im Bereich des Drogenhandels, Spione, aber auch korrupte Politiker und Beamte aus dem Staatsapparat nutzen die Bank zur Geldwäsche unter dem Schutz des Schweizer Bankgeheimnisses. Dabei wirkten die enormen Boni-Sonderzahlungen (nicht nur auf der Vorstandsebene) wie ein Brandbeschleuniger für die immer riskantere Einlage- und Anlagepraxis. (…) Arroganz und Machtgehabe nach außen sowie autoritär-hierarchische Führungsstrukturen nach innen waren die Markenzeichen dieser einst renommierten Universalbank. Nachdem das Schweizer Bundesstrafgericht die Bank am 27. Juni 2022 zu einer Strafzahlung von zwei Millionen Franken und die betreffende Kundenberaterin der Credit Suisse zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt hatte, zogen Kunden weltweit in großem Umfang Einlagen und verwaltete Vermögen aus der Bank ab.“ Im Oktober legte die Bank ein Betrugsverfahr en in Frankreich mit der Zahlung von 238 Millionen Euro bei.

Den Run auf die Bankeinlagen habe der Vorsitzende des Aufsichtsrats in seiner Eigenschaft als Vertreter des größten Aktionärs, der Saudi National Bank, ausgelöst. Deren Aktienanteil betrug bis dahin neun Prozent. Allein diese Kurzmeldung habe dann vor dem Hintergrund des allgemeinen Misstrauens gegenüber den Banken und den nun auch öffentlich kommunizierten Skandalen der Credit Suisse die Ängste vor einem drohenden Absturz ausgelöst.

Dabei liefen die Geschäfte des traditionsreichen Bankhauses am Züricher Paradeplatz doch lange gut. Dreimal, 2010, 2011 und 2012, wurde das Institut vom Magazin Euromoney sogar als beste Privatbank weltweit ausgezeichnet: „Jahrzehntelang konnten die wirtschaftskriminellen Geschäfte unter dem Radar der 2007 gestarteten Finanzaufsichtsbehörde durchgeführt werden“, erklärt Hickel. Schließlich lenke „die Credit Suisse den Blick auch auf die unzureichende Arbeit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Noch am 14. März dieses Jahres legte PricewaterhouseCoopers der Credit Suisse zum Geschäftsbericht 2022 ein uneingeschränkt positives Testat vor. Nur zwei Tage später musste die Schweizer Nationalbank eine Liquiditätshilfe von über 50 Milliarden Franken bereitstellen. Und weitere drei Tage später, am 19. März, erfolgte der Zwangsverkauf der Credit Suisse an die UBS – zum Billigpreis von drei Milliarden Franken.“

Too big to fail? Much too big! „Wie sich das neue Bankenmonster entwickeln wird, ist völlig ungewiss.“ Das größte Problem: „Aufgrund der Fusion mit der Credit Suisse erreicht die UBS eine Bilanzsumme von über 1569 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank verwaltet nur 1337 Milliarden Euro. Das Geschäftsvolumen der UBS/Credit Suisse ist zudem doppelt so hoch wie das Bruttosozialprodukt der Schweiz (mit 774,38 Mrd. Euro im Jahr 2022). Damit ist der nach der Krise von 2008 durchgesetzte Grundsatz gebrochen, Banken von einer derartigen Größe nie wieder zuzulassen. Was aber passiert, wenn heute noch nicht absehbare Risiken die Zahlungsfähigkeit der neuen Superbank bedrohen?… Eine Rettung durch den Staat wäre nicht mehr zu finanzieren.“ Das neue Schweizer Großinstitut stehe, so Hickel „im Widerspruch zu den fundamentalen Anforderungen an eine stabile, zukunftsfähige Universalbank.“

Zur Rolle der Credit Suisse bei internationaler Geldwäsche siehe den Artikel „Das Waschprogramm“ in Lunapak21, Heft 58 vom Sommer 2022.

Jürgen Hahn-Schröder lebt in Marburg und ist seit Jahren verlässlicher Korrektor und Mitglied des Heftproduktionsteams von Lunapark21.