chile 2020

Es sind nicht 30 Pesos, es sind 30 Jahre!

Fotos der Asociación de Fotógrafos Independientes, Santiago de Chile

Text Andrés Bravo – Übersetzung Alix Arnold

Als die Metro von Santiago de Chile den Fahrpreis um 30 Pesos erhöhte, antworteten Schülerinnen und Schüler mit massenhaftem Schwarzfahren. Dies war der Zündfunke für den größten Aufstand seit den Demonstrationen gegen die zivil-militärische Diktatur von Pinochet und der Impuls, der das Bewusstsein dafür erweckt hat, jetzt das Land mit mehr Gerechtigkeit aufzubauen, wofür schon so viel gekämpft wurde und so viele auf der Strecke geblieben sind. Dazu gehören Würde ohne Abstriche für unsere Rentnerinnen und Rentner, ein gerechtes Gesundheitssystem für die Bevölkerung, die beim Warten auf Behandlungen stirbt, kostenlose und gute Bildung für die nächsten Generationen, Wohnungen für die tausenden Familien, die auf der Suche nach einem besseren Leben sind, historische Gerechtigkeit für die indigenen Völker und Verantwortung gegenüber unserer Natur.

Es sind nicht 30 Pesos, es sind 30 Jahre! Unter dieser Parole sind seit dem 18. Oktober 2019 Millionen auf die Straße gegangen, um den Geist einer Demokratie, bei der das Volk die Macht ausübt, mit Leben zu füllen:

– für diejenigen, die ihre Augen und ihr Leben verloren haben,

– für diejenigen, die vergewaltigt und gefoltert wurden,

– für die Verletzten und Verstümmelten und für die Familien von allen, die in diesem historischen Moment gekämpft haben.

Ihnen allen gilt unsere ewige Erinnerung. „Sie haben uns alles geraubt, sogar die Angst.“

Das Volk hat entschieden, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, und die Primera Línea, die erste Reihe unserer Geschichte wird weiterhin Widerstand leisten, bis zum Äußersten.

AFI Santiago (siehe Seite 65)

BU1: Alle Männer und Frauen, Großmütter, Mütter und Väter gehen wieder mit ihren Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit auf die Straßen, unterstützen die soziale Bewegung und die Kämpferinnen und Kämpfer der Primera Línea. Foto: Gaby Cruz

BU 2: Platz der Würde. Der umbenannte Platz der Würde (früher Plaza Italia) in Santiago ist seit dem Ausbruch der Revolte zum zentralen Symbolort geworden, an dem Tag für Tag Tausende zusammenkommen, um für ihre Forderungen einzutreten. Foto: Gaby Cruz

BU 3: Ätznatron. Die Repression gegen unabhängige Medien ist Teil der Politik des Totschweigens und der Pressemanipulation der Regierung Piñera. Das Wasser der Wasserwerfer enthält oft Ätznatron, das schlimmste Verbrennungen verursacht. Foto: Gaby Cruz

BU 4: Fußballfans. Fans sämtlicher Fußballvereine haben sich mit ihren Gesängen vereint, um gemeinsam gegen die Repression des chilenischen Staates zu demonstrieren, nachdem durch das Handeln der Carabineros bei den Protesten Fußballfans zu Tode gekommen sind. Foto: Andrés Bravo

BU 5:El zorrillo – das Stinktier. Die Primera Línea, die vorderste Reihe der Demonstrantinnen und Demonstranten liefert sich jeden Tag an verschiedenen Orten in Chile Zusammenstöße mit den Spezialkräften der Carabineros und hält damit den Kampf für die sozialen Forderungen aufrecht. Stinktier werden diese Fahrzeuge genannt, die Demonstrierende mit giftigen Gasen besprühen. Foto: Andrés Bravo

BU 6: Erste Hilfe. Gruppen von Sanitäterinnen und Sanitätern sind bei den Demonstrationen dabei, um die vielen Verletzten zu bergen und zu behandeln, die von Tränengasgranaten, Schrotkugeln und gezielt auf Menschen abgefeuerten giftigen Substanzen getroffen wurden. Foto: Andrés Bravo

BU 7: Es sind nicht 30 Pesos, es sind 30 Jahre! Eine Woche nach dem Ausbruch des Aufstands in Chile am 18. Oktober 2019 gingen allein in Santiago mehr als 1,5 Millionen Menschen auf die Straße, um soziale Gerechtigkeit zu fordern, die es auch nach 30 Jahren Demokratie noch nicht gibt. Foto: Andrés Bravo