Deutsche Umwelthilfe im Visier der Stuttgarter Tageszeitungen

Bizarre Lokal-Journaille

Neben der ausufernden Berichterstattung zur Wahl der neuen CDU-Vorsitzenden Anfang Dezember geriet ein ungewöhnlicher Beschluss beinahe zur Randnotiz: Der CDU-Parteitag fordert darin eine Prüfung, ob die Deutsche Umwelthilfe (DUH) „noch die Kriterien für die Gemeinnützigkeit erfüllt“. Außerdem sollen laut Beschluss die CDU in der Bundesregierung und die Unions-Fraktion „darauf hinwirken, dass in künftigen Haushalten keine Mittel mehr für die DUH etatisiert werden“.

Den entsprechenden Antrag hatte die CDU Nordwürttemberg und namentlich dessen Vorsitzender Steffen Bilger eingereicht. Eine Region, in der sich „an ziemlich vielen Orten die Autoindustrie, allen voran Daimler, Porsche und Bosch, tummeln“, wie das ARD-Magazin Monitor zusammenfasste. Ein CDU-Stammland zudem, aus dem mit Matthias Wissmann ein ehemaliger Bundesverkehrsminister, „Cheflobbyist der Automobilindustrie“ und langjähriger Präsident der Internationalen Automobilherstellervereinigung stammt. Bilger nannte gegenüber Monitor die Zahl von 6,3 Millionen Euro, die die CDU seit 2009 als Spende von der Autoindustrie bekommen habe. Dies habe jedoch nichts mit dem Antrag zu tun, wie Bilger Monitor mitteilen ließ – er, der zudem als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium tätig ist.

Erste Reaktionen

Die ersten Reaktionen auf den Parteitagsbeschluss fielen deutlich aus: Der Bundesgeschäftsführer der DUH, Sascha Müller-Kraenner, nannte es „erschreckend und bedenklich, dass diese Art von Angriff von einer staatstragenden Partei wie der CDU kommt“. Er hätte ein solches Vorgehen „nur von Parteien des rechten Randes erwartet“.

Der Kreisverband Stuttgart des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) bewertete zusammen mit einigen lokalen Umweltschutzgruppierungen den Parteitagsbeschluss „als Angriff auf alle Umweltverbände“ und weist ihn mit Empörung zurück. Mit diesem Antrag habe die CDU „demokratische Prinzipien verletzt und meint, sich über Gesetze und rechtsstaatliche Regelungen hinweg setzen zu können.“ Der VCD erinnert dabei daran, dass die Gemeinnützigkeit nicht von der Politik festgesetzt, sondern vom Finanzamt überprüft wird.

Dass dieser Protest von lokalen Umweltgruppen keinen Eingang in die Berichterstattung der Stuttgarter Zeitung (StZ) und der Stuttgarter Nachrichten (StN) fand, erstaunte kritische Medienbeobachter im Ländle nicht weiter. Auch dass die beiden Zeitungen, die bekanntlich denselben Verleger haben, nur kurz über den Parteitagsbeschluss berichteten, war für regelmäßige Leserinnen und Leser zu erwarten. Denn die beiden Blätter hatten im Vorfeld des Parteitags den Antrag schon ausführlich vorgestellt – und ihn mit bizarren Kommentaren unterfüttert, die dem Anspruch von Wahrhaftigkeit kaum standhalten.

Mediale Vorbereitung

So bezeichnete der StZ-Redakteur Markus Grabitz die DUH in der Ausgabe vom 20. November als „dubiose Truppe“, die keinen Anspruch auf den Status der Gemeinnützigkeit habe und damit auf steuerliche Privilegien. Denn sie vertrete ja lediglich „Partikularinteressen – etwa die der Gemeinde der Dieselgegner und von Toyota“. Besonders ins Auge sticht Grabitz offenbar, „dass die DUH jedes Jahr etwa ein Viertel ihres Etats damit erwirtschaftet, dass sie als Abmahnverein auftritt“. Auslöser dafür seien nicht etwa die bewusst eingebauten, illegalen Abschaltvorrichtungen von Automobilherstellern, sondern laut Grabitz‘ Kommentar erwirtschafte die DUH jedes Jahr einen Millionenbetrag, indem sie „systematisch Profit zieht aus Fehlern, die Händlern und Maklern bei der Kennzeichnung des Energieverbrauchs von Geräten und Autos unterlaufen“.

Noch stärker einseitige Stimmung machte zwei Tage später der StN-Autor Klaus Köster, in dem er Jürgen Resch, den zweiten DUH-Bundesgeschäftsführer als den „gefühlten, wenn auch nicht gewählten Umweltkanzler der Republik“ bezeichnete. Köster erwähnt in seinem als Kommentar bezeichneten Pamphlet dann nicht etwa, dass die DUH mit ihrer Klage für saubere Luft in Stuttgart beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Recht bekam, sondern spricht von einem „tollkühnen Umgang mit dem Gesetz“ und von einem „bizarren Grenzwert“, der es Resch erlaube, „seinen beispiellosen Siegeszug vor den Gerichten fortzusetzen“. Der DUH-Chef trete „mit einem Machtanspruch auf, dem jede demokratische Legitimation dafür fehlt, die Geschicke eines Industrielands mit 80 Millionen Einwohnern zu lenken.“

Anzumerken bleibt noch, dass die Stuttgarter Zeitung danach drei kritische Leserbriefe abdruckte, jedoch keine Stellungnahme der Redaktion.

Peter Streiff, Freier Journalist, Redakteur bei Contraste (Zeitung für Selbstorganisation) und aktiv in der unermüdlichen Stuttgarter Widerstandsbewegung gegen S21 („oben bleiben!“).

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Quellen: Monitorbericht vom 6.12.2018:

https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/cdu-duh-100.html

PM von VCD u.a. vom 11.12.2018:

https://bw.vcd.org/der-vcd-in-bw/stuttgart/news/stuttgarter-umweltverbaende-sind-empoert-ueber-angriff-der-cdu-auf-duh/