Das VW-Werk in Chattanooga stellt den zweiten Anlauf des deutschen Autokonzerns dar, sich in den USA zu verankern. VW errichtete ein erstes Werk 1978 in Westmoreland im US-Bundesstaat Pennsylvania. Es war für eine Fertigung von 200000 Pkw im Jahr ausgelegt. VW war damit nach dem Zweiten Weltkrieg der erste ausländische Autokonzern, der in den USA eine Fertigung aufnahm. 1988 musste VW das Werk wieder aufgeben (ein zweites VW-Werk in den USA, mit dessen Bau bereits begonnen worden war, wurde erst gar nicht vollendet). In den letzten fünf Jahren, in denen in Westmoreland VW-Modelle gefertigt wurden, lag die Auslastung immer unter 50 Prozent. (Nach: New York Times 21.11.1987) VW baute später sein Autowerk in Puebla, Mexiko, massiv aus und belieferte von dort zu einem erheblichen Teil den US-Markt, was mit der Gründung der Nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) 1992 wesentlich erleichtert wurde.
Nach der Kapitulation von VW in den USA starteten mehrere japanische Konzerne mit dem Aufbau und Autofertigungsstätten in den USA (Honda in Marysville, Ohio, und Toyota in Georgetown, Kentucky). Während die Beschäftigten im VW Werk in Westmoreland gewerkschaftlich organisiert waren, gelang es den japanischen Autoherstellern, ihre neuen Fabriken „non-unionized“ zu halten.
Mitte der 1990er Jahre baute dann Daimler in Tuscaloosa im US-Bundesstaat Alabama ein Autowerk; dasselbe tat BMW fast zur gleichen Zeit in Spartanburg im US-Bundesstaat South Carolina.
In dem neuen VW-Werk in Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee wurde die Produktion 2011 aufgenommen. Der VW-Konzern erhielt für den Standort 577 Millionen US-Dollar Subventionen. Erneut liegt, wie beim Westmoreland-Werk, die Kapazität bei 200000 Einheiten im Jahr.
Die Werke der drei deutschen Autohersteller liegen relativ nahe beieinander – allesamt im sogenannten Bibel-Gürtel der USA. Mit ihnen entstand dort ein „neuer Autocluster“. Viele deutsche Zulieferer – ZF, Continental, Pierburg, Hella und Dräxlmaier – siedelten sich in der Region an oder planen, dies zu tun.
Die Konstellation ist typisch: Aufgrund der Strukturkrise überbieten sich die Bundesstaaten mit Subventionen. Die Arbeitskosten sind wesentlich niedriger als in Deutschland und auch heute noch niedriger als in Detroit.
Bereits 2009 sagte dazu Wolf Stromberg, ein Maschinenbauunternehmer und der deutsche Honorarkonsul vor Ort: „Die Industrie ist hier nicht so verkrustet und nicht so gewerkschaftlich unterwandert (…) Die Stundenlöhne sind hier wesentlich niedriger als in Detroit. Und die Universitäten bilden gezielt Ingenieure für die Autoindustrie aus.“ (Zitiert in: Financial Times 20.3.2009)
Die Produktion in den USA ist inzwischen so profitabel, dass ein erheblicher Teil der Pkw, die Daimler, BMW und VW in ihren US-Werken fertigen, in den Export gehen. Die bei BMW Spartanburg gefertigten Pkw werden beispielsweise zu 70 Prozent exportiert.