Das Goldene Kalb war laut biblischer Überlieferung ein Kultbild, das die Israeliten nach dem Auszug aus Ägypten schufen, während Mose auf dem Berg Sinai von Gott die zehn Gebote erhielt. Mose zerschlug nach seiner Rückkehr das Kultbild. Im Neuen Testament gilt das Goldene Kalb als Urbild des Sündenfalls.
Jahrzehntelang war Reichtum in der modernen Gesellschaft eher ein Tabu-Thema. In jüngerer Zeit gibt es jedoch erneut einen öffentlich aufgeführten Tanz um das Goldene Kalb: Die Reichen konkurrieren um den Rang auf der Liste der Millionäre und Milliardäre. Die ungemein wachsende Ungleichheit bei der Einkommensverteilung ist – befeuert durch das Buch von Thomas Piketty „Kapital und Ideologie“ – Thema in den Debatten. Unser erster Lunapark21-Schwerpunkt beleuchtet die Steigerung des Reichtums in der Pandemie (Seite 28). Zwei Beiträge haben das Piketty-Buch zum Thema – in Form einer erweiterten Rezension (Seite 30) und als Adaption in einem in Bälde aufgeführten Theaterstück (Seite 34). Den Abschluss bildet ein Artikel, der die britischen Royals als „Firma“ mit immensem Reichtum darstellt (Seite 38).
Die Fotos, die wir den Texten dieses Lunapark21-Spezial 1 zur Seite stellen, sind aus der Serie Private Views der Budapester Künstlerin und Architektin Andi Schmied. Zu der Bildserie schreibt sie: „Ein Höhenpanorama von Manhattan – in meinem laufenden Projekt versuche ich, die Räume und die Welt der privilegierten Oberschicht zu entdecken. Ich gebe mich als ungarische Milliardärin aus, die mit ihrem Mann, einem Antiquitätenhändler, und ihren beiden Kindern vor dem Umzug nach New York steht und eine angemessene Unterkunft sucht. So gelangte ich bereits in 35 der luxuriösesten Wolkenkratzer von Manhattan, die sich durch einzigartige Architektur und Ästhetik auszeichnen.
Ich dokumentiere die Ein- und Ausblicke per Foto und Video, um die Verkaufsstrategien der Makler aufzuzeigen, surreale Konversationen, die einen Eindruck dieser elitären Welt vermitteln sollen.“