Sklavenwirtschaft und Rassismus

Während die Polizeigewalt in Minsk – zu Recht – kritisiert wird und medial in den letzten Wochen im Zentrum steht, nimmt der offene Rassismus in einer großen Zahl von US-Städten bürgerkriegsähnliche Ausmaße an, ohne dass darüber in unseren Leitmedien in ausreichendem Ausmaß berichtet werden würde. Und wenn der Präsident von Belarus sich abfällig über die Opposition im Land äußert, dann wird darüber intensiv berichtet. In Nordamerika erleben wir einen US-Präsidenten, der die protestierenden Afroamerikaner nicht nur herabwürdigt. Nein, dieser Mann hetzt in rassistischer Weise die weißen Zivilisten und die Bürgerkriegstruppe der Nationalgarde dazu auf, gegen die afroamerikanische Minderheit vorzugehen. Es ist das Wahlkampf-Rezept dieses Präsidenten, mit unverhülltem Rassismus und gestützt auf eine weiße Bürgerkriegs-Mafia die Wahlen im November ein zweites Mal gewinnen zu wollen.

Im neuen LP21-Spezial gehen wir auf die Geschichte von Sklaverei und Rassismus in den USA (Seiten 28-38) und den Widerstand gegen die Sklaverei ein, wie er unter anderem mit der Underground Railraod dokumentiert wurde (Seite 39), auf die besondere Betroffenheit der Afroamerikaner von der Corona-Epidemie (Seiten 40-42) und auf den rassistischen Hintergrund der biomedizinischen Forschung in den USA (Seiten 43-44). Natürlich sind wir dabei nicht auf einem Auge blind: Wir beleuchten auch den Rassismus in Deutschland im Fall der Beschäftigten in der Fleischindustrie (Seiten 45-46). Deutschland spielte zwar im Kolonialismus eine geringe Rolle – aber ausschließlich deshalb, weil der deutsche Imperialismus einigermaßen spät seinen Aufstieg erlebte. Kaum war Ende des 19. Jahrhunderts dieser deutsche Imperialismus präsent, setzte er sich mit Völkermord und Rassismus an die Spitze der mörderischen westlichen „Zivilisation“ (Seite 47-49).

Scott Listfield malt beharrlich seit mehr als zehn Jahren ein Art Science-Fiction-Dystopie des American Way of Live – ein „Lebensstil“, der hinter dem zwanghaften (Reklame)-Lächeln immer schon auch eine rassistische Fratze verbarg. Listfields Pinsel spielt mit Ikonen, Logos und Sinnbildern des Anything-Goes-Pop aus Werbung und Produkt-Ästhetik. Er lässt die Betrachtenden durch die Augen des in jedes Bild implementierten Astronauten in menschenleere Panoramen aus der Zukunft schauen. Die Auswahl der Bilder des US-Künstlers für dieses LP21-Spezial erzählt parallel zu den Texten eine eigene Geschichte der heutigen USA.

Unterm Strich…

… wörtliche Wiedergabe

«Ich kenne genug Stämme in Afrika. Sie (weichen) […] nur der Gewalt. Ich vernichte die aufständischen Stämme mit Strömen von Blut und Strömen von Geld»

Preußischer Generalleutnant von Trotha 1904. Verantwortlich für den Völkermord an den Herero und Nama im heutigen Namibia.

«Um den größtmöglichen Profit aus der Arbeit der Sklaven zu schlagen, muss man in der Lage sein, ihm die Gesamtheit seines Mehrprodukts zu entziehen. […] Er darf keine Kinder zu ernähren haben. Dies ist möglich aufgrund der Erneuerung der 
Sklaven durch Kauf und Raub.»

Claude Meillassoux, französischer Anthropologe, Afrikanist und Marxist

«Ich habe kein Verständnis für die Kritik an [meinem Vorfahren] König Leopold II. Er war schließlich nie im Kongo.»

Prinz Laurent von Belgien zu den Vorwürfen gegen den belgischen König Leopold II. Nach: Der Standard (Wien) vom 12. Juni 2020 [Original in Sudpresse, Belgien]. Dem belgischen König Leopold II gehörte der Kongo 23 Jahre lang und bis 1908 als Privateigentum. In dieser Zeit wurden bis zu 15 Millionen Kongolesen ermordet, Hunderttausenden wurden die Hände abgehackt, das Land wurde ausgeplündert, der erste frei gewählte Ministerpräsident des Kongo (zuvor: Belgisch-Kongo), Patrice Lumumba, wurde im Juni 1961 auf Befehl des US-Geheimdienstes CIA, mit Unterstützung des belgischen Königs Baudouin und von afrikanischen Soldaten unter belgischem Kommando ermordet.

«Ich bin sehr besorgt um das Schicksal meiner schwarzen Brüder und Schwestern, aber ich sorge mich genauso um das Los der Indianer, der Puertoricaner, der Eskimos, der Chicanos und der armen Weißen in diesem Land, um die Sinnlosigkeit des Sterbens all derer, die in die Schreckensmühlen des Vietnamkrieges hineingetrieben werden.»

Die schwarze Bürgerrechtlerin und Kommunistin Angela Davies 1972 im Prozess, angeklagt wegen „Unterstützung des Terrorismus“. Freispruch am 4. Juni 1972 nach einer internationalen Solidaritätskampagne

«Die größte Wirkung entfaltet Ronaldo, wenn er seinem Bruder die Unterscheidung zwischen „race“ und „colour“ beibringt: Du kannst so hellhäutig sein wie du willst, du bleibst ein Schwarzer.»

Barbara Schweizerhof über den Film „What You Gonna Do When the World´s on fire“ (Regie: Roberto Minervini), in: Taz vom 29. Juli 2020