editorial

Inzwischen hofft man ja fast, dass man es mit Fake-News zu tun hat. Trump lässt in Portland einmarschieren, die Niederlande verbieten „die Antifa“, Merz will die 48-Stunden-Woche einführen, Spahn oder jedenfalls seine Nachfolgerin die Pflegestufe 1 abschaffen. Und so geht es weiter und immer weiter. „Flood the zone“, soll das Konzept heißen. Und gar nicht selten geht es auf. Wie dagegenhalten? Wir nehmen uns Zeit für dieses Heft. Und hoffen, liebe Leserin, lieber Leser, Sie tun das auch.

Während der Kapitalismus zumindest hierzulande seit sechs Jahren beweist, dass es auch ohne Wachstum geht – im Konjunkturpegel auf Seite 14 mehr dazu – stellen wir unser Spezial in den Dienst der Frage, was es mit Demokratie im Kapitalismus, noch dazu in diesem, letztlich auf sich hat. Wie immer zielen wir nicht auf fertig verpackte Antworten zum Mitnehmen, sondern auf Anregungen zum Nach- und Weiterdenken. Und so steht der Beitrag von Araz Bağban aus dem Innenleben des Iran neben dem Beitrag von Georg Fülberth über die Vorstellungen von Ulrike Herrmann zu Keynes. Sebastian Gerhardt schaut auf die Möglichkeiten und Grenzen des real existierenden Parlamentarismus, während Jürgen Bönig in die Geschichte zurückschaut und fragt, warum eigentlich populistische Diktatoren früher gewählt wurden. Heino Berg sucht in der deutlich jüngeren Geschichte nach dem Verbleib sozialistischer Perspektiven während der Wiedervereinigung, bevor schließ lich der argentinische Marxist Esteban Mercatante mit seinem Vorschlag zum ›Ökommunismus‹ zu Wort kommt. Und ringsherum: Schlaglichter einer unruhigen Gegenwart, ergänzt um künstlerische und literarische Beiträge – nicht zuletzt: Ilse Henckel zum Thema Paranoia im Kino – wie immer kongenial illustriert von Joachim Römer.

Mitten im Endspurt haben wir unsere erste Praktikantin begrüßt: Alina Kastueva hat bei Friederike Groß studiert, die aufmerksame LP21-Leser:innen im vorigen Heft getroffen haben. Nun ist sie einige Zeit bei uns und hat bereits den ersten Beitrag geleistet (Seite 47); im nächsten Heft sicher mehr. Denn: nach dem Heft ist vor dem Heft. Nummer 67 erscheint voraussichtlich um den Jahreswechsel. Das Spezial wird die Wohnungsfrage behandeln. Gerade hat die Initiative ›Deutsche Wohnen enteignen‹ ihren Entwurf eines Vergesellschaftungsgesetzes zur Diskussion vorgelegt. Von der Vorstellung einer breiten Mietsenkung ist die Initiative abgerückt. Weniger Fragen ergeben sich damit nicht, aber dazu mehr im nächsten Heft.

Erst einmal wünschen wir anregende Lektüre mit dieser Nummer – und freuen uns über Hinweise, Vorschläge, Kritik.