Die Neue Heimat – eine sozialdemokratische Utopie

Block 4: Geschichte

Brauchen wir den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau?

Nachkriegszeit und 
Sozialer Wohnungsbau

Der ungeheure Umfang des Wohnungsbaus in der Nachkriegszeit stellt eine der großen sozialen Leistungen in der Geschichte der Bundesrepublik dar. Der Bedarf war aufgrund der Kriegszerstörungen auch immens. Bis 1960 wurden etwa fünf Millionen neue Wohnungen gebaut, davon etwa drei Millionen im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus 1. Bis 1964 waren es sogar etwa acht Millionen Neubauwohnungen, in die in diesem Zeitraum 50 Milliarden DM aus öffentlichen Mitteln investiert wurden.2 Wohlgemerkt beziehen sich diese Zahlen auf die Phase vor Eintritt der SPD in die Bundesregierung. Dehnt man den Betrachtungszeitraum bis auf 1982 aus, kommt man seit 1950 auf 18 Millionen neue Wohnungen, wovon etwa 40 Prozent im Sozialen Wohnungsbau errichtet wurden.3

Krise des sozialen Wohnungsbaus und der Neuen Heimat

1973 war das Rekordjahr: 714.000 neue Wohnungen wurden in der Bundesrepublik in jenem Jahr erstellt, so viele wie nie davor und nie mehr danach.4 Zum Vergleich: 2017 waren es etwa 250.000 bis 300.000. Auch der Wohnungsbau der Neuen Heimat [siehe Kasten] erreichte 1972/73 mit etwa 22.000 Einheiten seinen höchsten Wert.5 Diese Zahlen wurden nie wieder erreicht. Seit Mitte der 1970er Jahre erlebten die Wohnungsmärkte einen grundlegenden Wandel. Die Wohnungsneubauzahlen der Neuen Heimat sanken bis 1982 auf unter 8.000. Insgesamt wurden 1979 nur noch 358.000 Wohnungen gebaut, im Geschosswohnungsbau sank die Zahl in dem Jahr auf nur noch 97.000. Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft insgesamt erstellte 1982 nur noch ein Fünftel so viele Wohnungen wie 1951.6

Das Ende des Massenwohnungsbaus und der entsprechende Rückgang der öffentlichen Förderung untergrub nicht nur die auf beständiges Wachstum ausgerichtete Unternehmensstrategie der Neuen Heimat, sondern darüber hinaus das Modell der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft insgesamt und das Konzept des Sozialen Wohnungsbaus überhaupt. Die Systemzwänge der Gemeinnützigkeit wirkten sich in Zeiten des drastischen Nachfragerückgangs geradezu verhängnisvoll aus: Die steuerliche Privilegierung der Gemeinnützigkeit war gekoppelt an die „Reinvestitionspflicht, die Begrenzung der Gewinnausschüttung, also die Verpflichtung der Unternehmen, ihr Kapital nicht in andere wirtschaftliche Sektoren zu transferieren, sondern im öffentlich geförderten Wohnungsbau wieder anzulegen“.7 Dieser systemimmanente Wachstumszwang musste seit den 1970er Jahren mit der Realität der Wohnungsmärkte kollidieren. Das Unternehmen Neue Heimat befand sich seit Mitte der 1970er Jahre in der Verlustzone.8 Nach 1975 baute die Neue Heimat keine Großsiedlungen mehr. Dafür nahm der Anteil an Einfamilienhäusern (in der Regel Reihenhäuser) zu, doch ein ökonomischer Ersatz für den Geschosswohnungsbau konnte das nicht sein.

Wandel in Politik 
und Gewerkschaften

Die Politik hatte das erkannt. Städtebauminister Karl Ravens (SPD) sprach 1975 offen von einem „Angebotsüberhang“ und der daraus folgenden restriktiveren Praxis der öffentlichen Förderung des Wohnungsbaus.9 Selbst Albert Vietor [siehe Kasten] sprach sich 1976 angesichts der Veränderungen auf dem Wohnungsmarkt für eine Neuausrichtung der Wohnungspolitik aus.10 Dies betraf zunächst nur die Wohnungswirtschaft, nicht zuletzt aber auch die gemeinnützigen Unternehmen insgesamt. Die Gewerkschaften selbst stellten schon in den 1970er Jahren, also vor dem Neuen-Heimat-Skandal, das Modell der Gemeinwirtschaft als unzeitgemäß in Frage.11

Die Affäre Albert Vietor entzog nicht nur der Neuen Heimat, sondern der Gemeinwirtschaft an sich das öffentliche Vertrauen. Der Regierung Kohl erschien die Gemeinwirtschaft ohnehin als Relikt einer sozialistischen Ideologie, und sie tat alles für deren Abschaffung. Zum 31. Dezember 1989 wurde das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz aufgehoben. Der DGB beschloss auf seinem Bundeskongress im Mai 1990 den vollständigen Ausstieg der Gewerkschaften aus der Gemeinwirtschaft. Im Grundsatzprogramm des DGB von 1996 kommt der Begriff Gemeinwirtschaft nicht mehr vor.12

Tatsächlich war es der Neue-Heimat-Skandal, der die Gewerkschaften geradezu in Panik trieb, weil sie befürchteten, der Ansehensverlust der Neuen Heimat könnte übergreifen auf die anderen Unternehmen der gewerkschaftlichen Gemeinwirtschaft wie die Coop, die Versicherung Volksfürsorge oder die Bank für Gemeinwirtschaft und am Ende auf die Gewerkschaften selbst. Das war nicht völlig aus der Luft gegriffen, aber die Gewerkschaften überreagierten und schickten – eigentlich ohne Not – einen ganzen Sektor einer nicht profitorientierten Wirtschaft in den Orkus. Die SPD nahm das mehr oder minder achselzuckend zur Kenntnis. Für sie hatte die Gemeinwirtschaft nie eine herausragende Rolle gespielt.

Das Ende der Neuen Heimat war nur inzident mit der Affäre Vietor verknüpft und hatte strukturelle Ursachen, die mit dem Handeln einzelner Personen nicht zu erklären sind. Die mediale Aufbauschung des „Skandals“ verstellt bis heute eine angemessene Einschätzung der ungeheuren sozialpolitischen Leistung der Neuen Heimat. Die Neue Heimat betreute 1982 etwa eine halbe Million Wohnungen, davon knapp 400.000 aus eigenem Bestand 13. Allein diese Größenordnung verdeutlicht, dass die Neue Heimat der wichtigste wohnungspolitische Akteur der Zeit von 1950 bis 1980 in der Bundesrepublik war. Hierbei geht es nicht nur um Zahlen. Die Neue Heimat, die ja nicht nur Wohnungen baute, war konstitutiv am Wiederaufbau in der Nachkriegszeit beteiligt und schuf auch in den 1960er und 1970er Jahren eine große Zahl von baulichen Zeitzeugen des „modernen Deutschlands“. Tatsächlich prägte die Neue Heimat bis Mitter der 1970er Jahre das bauliche Gesicht der Bundesrepublik.

Der Staat muss handeln

Die Neue Heimat ist heute aus dem öffentlichen Bewusstsein weitgehend verschwunden. Die Erinnerung an die Organisation der Wohnungsbauproduktion in der Bundesrepublik bis in die 1980er Jahre scheint aber heute nicht nur lohnend, sondern sogar dringend geboten. Die Ballungsgebiete Deutschlands entfalten zurzeit einen deutlichen Gravitationseffekt und ziehen immer mehr Menschen an. Die großen Städte kurbeln daher mit allen Mitteln den Wohnungsneubau an. Dabei sind vielerlei Probleme z.B. auf den Gebieten Planungsrecht, Flächenkonkurrenz oder Bürgerbeteiligung zu bewältigen. Aber immerhin schafft es eine Stadt wie Hamburg, im Jahr etwa 10.000 Wohnungen zu bauen. Noch ist die Erzielung dieser Menge nicht das vordringliche Problem, obwohl dies in der Zukunft auf immer schwierigere Randbedingungen stoßen dürfte.

Zumindest aus der Sicht sozialdemokratischer Stadtregierungen muss die Frage Sorge bereiten, wie denn „bezahlbare“ Wohnungen erstellt werden können. Damit sind Wohnungen für Einkommensgruppen wie Busfahrer, Polizisten, Krankenschwestern, Taxifahrer sowie Studenten und Auszubildende gemeint. Der frei finanzierte Wohnungsbau kann heute in den Metropolen keine Neubauwohnungen mehr erstellen, die weniger als etwa zwölf Euro Kaltmiete pro Quadratmeter kosten. In München ist man im Jahr 2018 schon bei 18 Euro angekommen. Das ist für Geringverdiener schlichtweg nicht „bezahlbar“.

„Bezahlbare Wohnungen“

Wie aber können „bezahlbare“ Wohnungen gebaut werden? Die Politik – quer durch die Parteien – ist hier weitgehend ratlos. Es rächt sich, dass diese Frage von der Politik seit Jahrzehnten ignoriert worden ist. Außer symbolischen Herumstochern im Nebel findet derzeit wenig statt. Obwohl man zugeben muss, dass die Wahrnehmung auch in der Politik für das Thema im letzten Jahr sehr stark angewachsen ist.14

Die Politik versucht mit allen Mitteln, diese Aufgabe von sich fernzuhalten. Der Markt soll es richten: Mehr Wohnungen bauen, dann entspannt sich am Ende die Lage. Der Denkfehler dabei: Auch alle weiteren nach Marktbedingungen erstellten Wohnungen bleiben oberhalb der Grenze der „Bezahlbarkeit“. Und die alte „Filtering“-Theorie gilt heute nicht mehr: Jeder Umzug führt in teurere und in der Regel auch kleinere Wohnungen. Deshalb gibt es diese quantitativ relevanten Umzugssequenzen nicht mehr. Die zurzeit viel diskutierte Senkung der Erstellungskosten durch Senkung der Baukosten mittels entsprechender planerischer Maßnahmen ist weitgehend entmystifiziert worden. Die Spielräume sind kleiner als gedacht. Die Realität: In einem äußerst angespannten Markt steigen die Baupreise und auch die Grundstückspreise. Da kann auch das „serielle Bauen“ wenig Abhilfe versprechen. Am Ende bleibt die Erkenntnis: Ohne politische Intervention wird „der Markt

’93 keine „bezahlbaren“ Wohnungen hervorbringen.

Damit erhält die Erinnerung an die Neue Heimat eine aktuelle Relevanz. Muss man heute nicht erneut – und vielleicht auf andere Weise – über den Sozialen Wohnungsbau und über gemeinnützige Wohnungsunternehmen nachdenken? Und sollte sich die Politik nicht einmal wieder an die Frage des Bodenrechts herantrauen? Es wird wieder Zeit für heutige, zeitgemäße „sozialdemokratische Utopien“, und das betrifft wohlgemerkt nicht nur die SPD.

Ullrich Schwarz studierte Germanistik und Soziologie in Hamburg, lehrte u.a. in Graz und heute an der Hafencity-Uni in Hamburg. Ehemaliger Geschäftsführer der Hamburgischen Architektenkammer und der Hamburgischen Ingenieurkammer Bau. Herausgeber der Schriftenreihe des Hamburger Architekturarchivs, das bereits in den 1980er Jahren einen Teil des „Nachlasses“ der Neuen Heimat – u.a. das Foto- und Filmarchiv – rettete und in dem Buch und der Ausstellung „Die Neue Heimat-eine sozialdemokratische Utopie“, München und Hamburg 2019 öffentlich machte.

Buch:

Ullrich Schwarz (Hg.): neue heimat, Das Gesicht der Bundesrepublik. Bauten und Projekte 1947 – 1985, München, Hamburg 2019, 808 Seiten, 960 historische und Farbabbildungen

Anmerkungen:

1 Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, 5. Band, Bundesrepublik und DDR 1949 – 1990, München 2008, S.58; Ulrich Herbert, Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, München 2014, S.623.

2 Werner Abelshauser, Die langen fünfziger Jahre, Wirtschaft und Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1966, S. 54

3 Rudi Ulbrich, Entwicklung und Stand der Wohnungsversorgung, in: Walter Prigge, Wilfried Kaib (Hg.): Sozialer Wohnungsbau im internationalen Vergleich, Ffm. 1988, S.80-93.

4 Klaus von Beyme, Wohnen und Politik, in: Ingeborg Flagge (Hg.) Geschichte des Wohnens, Bd. 5, 1945 bis heute, Aufbau, Neubau, Umbau, Stuttgart 1999, S.81-152, hier S. 107.

5 Peter Kramper, Neue Heimat, Unternehmenspolitik und Unternehmensentwicklung im gewerkschaftlichen Wohnungs- und Städtebau 1950-

1982, Stuttgart 2008, S. 618f.

6 Hans Joachim Kujath, Die Träger der sozialen Wohnungsversorgung, in: Prigge/ Kaib 1988, S. 123-141, hier S. 134; Ulbrich 1988, S. 81

7 Kujath 1988, S. 129

8 Kramper 2008, S. 512.

9 Kramper 2008, S. 474

10 Albert Vietor, Aufgaben und Ziele der Wohnungs- und Städtebaupolitik neu überdenken, in: Neue Heimat Monatshefte 12/1976, S. 11-14, hier S. 12

11 Kramper 2008, S.589f.

12 Werner Abelshauser, Nach dem Wirtschaftswunder, Der Gewerkschafter, Politiker und Unternehmer Hans Matthöfer, Bonn 2009, S. 586-589; Horst-Udo Niedenhoff, Gegenmacht oder Gestaltungskraft? Die Entwicklung der DGB-Grundsatzprogramme, Köln 1997, S.73.

13 Kramper 2008, S. 622

14 Der Staat muss handeln, Der Architekturtheoretiker Ullrich Schwarz über Aufstieg und Fall des gewerkschaftlichen Wohnungskonzerns, Interview von Frank Keil in der taz nord am 21. Juni 2019, S.56


Die Neue Heimat war ein gemeinnütziges Bau- und Wohnungsunternehmen mit Hauptsitz in Hamburg, das seit 1952 dem DGB gehörte und mit Heinrich Plett (1908-1963) zum größten Wohnungsbauunternehmen der BRD aufstieg. Die NH setzte nach Ende des Massenwohnungsbaus weiter auf eine problematische Expansion und dabei vor allem auf das Baugeschäft im Ausland. Parallel deckte der SPIEGEL im Februar 1982 auf, wie sich die Leitung unter dem neuen NH-Chef Albert Vietor (1922-1984) persönlich bereichert hatte. Dieser Skandal zusammen mit der fragwürdigen Expansion führte zum Zusammenbruch der NH. Die auf überbewertete Grundstücke aufgenommenen Kredite konnten nicht mehr bedient werden und der DGB und die beteiligten Gewerkschaften wickelten das vielfach verflochtene Unternehmen aus gemeinnützigen und gewinnorientierten Geschäftsbereichen über mehrere Etappen bis 1998 ab. Dabei wurden große Wohnungsbestände an private Interessenten und an kommunale T räger verkauft.

Der Gedanke an den gemeinnützigen Wohnungsbau war danach lange Zeit erledigt. Dieser auch politische Zusammenbruch der Gemeinwirtschaft ist von den Beteiligten kaum verarbeitet worden, obwohl Aufstieg und Zusammenbruch der NH mit den spezifischen Gründen in der Unternehmensstrategie gut wissenschaftlich analysiert worden sind, vor allem durch die Publikationen von Peter Kramper.


„Der Staat muss handeln“

Frank Keil, taz nord: Was waren die Folgen der Krise und der Abwicklung der Neuen Heimat für den Wohnungsbestand?

Ullrich Schwarz: Es gab vor der Wiedervereinigung in der alten Bundesrepublik vier Millionen Sozialwohnungen, die von den gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen, aber auch von anderen Unternehmen errichtet worden sind. Dieser Bestand ist abgeschmolzen worden auf höchstens eine Million – so ganz genau weiß man das nicht. Und noch eine Zahl: Im vergangenen Jahr wurden gerade mal 27.000 Sozialwohnungen gebaut. In ganz Deutschland! Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Wobei Hamburg mit ungefähr 5.000 Wohnungen Vorreiter ist.

F. K.: Was kann man nun tun? Das Prinzip der Gemeinnützigkeit wieder einführen?

U.S.: Die Experten sagen, das Prinzip der Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau kann man im großen Stil nicht wiederherstellen. Das ist allemal vorbei, und es macht wenig Sinn, über neue gemeinnützige Großunternehmen zu reden. Aber der Staat kann und muss handeln: Das beginnt damit, wie er mit seinen eigenen Grundstücken und Gebäuden umgeht, mit seinem Grund und Boden. Und: Der Staat kann auch selbst bauen. Und so wird ein Begriff wichtig, den es seit einigen Jahren kaum noch gibt: kommunaler Wohnungsbau. Wir alle kennen das Beispiel Wien: Die Stadt Wien baut Wohnungen, und zwar im großen Stil! Und behält sie und verkauft sie nicht. Und der Boden, auf dem die Wohnungen stehen, gehört ihr auch und zwar für alle Ewigkeiten.

F. K.: Geld vom Staat, damit bezahlbarer Wohnraum entsteht?

U.S.: Wenn der Staat Geld in die Hand nimmt und es vergibt, dann nicht für jedermann, sondern man müsste das mit Auflagen verbinden: für wen mit welchem Einkommen und welcher sozialen Lage wird gebaut, also eine Rückkehr zum sozialen Wohnungsbau. Wichtig: Die entstehenden Sozialwohnungen müssten eine lange Bindung erhalten. Denn die derzeitigen Projekte, auch in Hamburg, haben Mietbindungen von zum Teil nur fünf Jahren. Und keiner weiß, was danach passiert. Das geht natürlich nicht. Früher gab es Mietbindungen von 30 Jahren, aber noch besser wäre die unendliche Bindung, und da muss sich die Politik bewegen.

F.K.: Die Politik muss sich bewegen, postulieren Sie generell, nicht nur die SPD. Wie sieht es mit der Wohnungsbaupolitik der Grünen aus?

U.S: Die Grünen interessieren sich zumindest derzeit für Fragen nach dem Wohnungsbau nicht so wirklich. Die Grünen sind zu großen Teilen gesettelt, und die alten, sozialen Fragen werden ausgeblendet, weil es sie individuell in ihrem Leben nicht oder kaum gibt – die Frage etwa nach bezahlbarem Wohnraum, die stellt sich nicht. Es sind die Young Urbanites, die ordentlich versorgt sind, gut ausgebildet, die gute Jobs haben. Und die „Wohnungsnot!“ schreien, weil sie nicht in Hamburger Stadtvierteln wie Eimsbüttel oder Ottensen wohnen können. Aber nicht, weil sie es sich nicht leisten könnten, sondern weil der Wohnungsmarkt dort leergefegt ist. Die können zwischen 1.500 und 2.000 Euro an Miete für eine Wohnung zahlen und das tun sie dann auch. Von daher ist ihre Problemwahrnehmung auch anders.

Aus: Interview von Frank Keil mit Ullrich Schwarz in der taz nord am 21. Juni 2019, S. 56 · Mit freundlicher Genehmigung der taz nord und von Frank Keil.