Bessere Unternehmer

Am Ende war es Heinz Hermann Thiele doch recht. Der Großinvestor war bei der Lufthansa nach der Talfahrt des Aktienkurses eingestiegen. Nun fürchtete er, dass der Staat mit seiner Beteiligung von 5,7 Milliarden Euro den Flugbetrieb der Airline künftig mitregeln würde, was Thieles Spekulation auf einen wieder steigenden Aktienkurs gefährdet hätte. Aber auch die Kommentatoren waren sich einig: „Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer“; er müsse deshalb nach kurzer Hilfe wieder aussteigen aus dem Geschäft.

„Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer“ – das ist geschickt ausgedrückt. Der Satz impliziert nur, dass Private die besseren seien, sagt es aber nicht. Denn der Satz würde auch gelten, wenn genauso wahr wäre: „Der Private ist nicht der bessere Unternehmer“, wofür der hinreichend viele Belege erbracht hat.

Sollte der Staat aber überhaupt der bessere Unternehmer sein?

Dem angeblich besseren Privatunternehmer war ja gerade in der Corona-Krise der Fluggesellschaft, den Gastronomen, der Autoindustrie der Staat zu Hilfe geeilt, weil sie nicht damit fertig wurden und Hilfe bei jemandem suchten, der sich anders verhalten kann als ein Unternehmer.

Und jeder Bahnreisende, Fluggast und Nahverkehrsnutzer setzt eine gewisse Hoffnung darauf, dass sich dieser Staat dann nicht wie ein Privatunternehmer verhält, vielmehr den Nachbar-Sitzplatz und die nächste Reihe freihält, damit das Ansteckungsrisiko sinkt. Was unser Staat aber gerade oft nicht tut und sich dann doch wie ein Privatunternehmer verhält, der Kosten spart auf Kosten seiner Fahrgäste.

Sogar Boris Johnson hat seit März die privaten Bahn- und Busanbieter unter die staatlichen Fittiche genommen und gegen Hilfskredite und eine kleine Entschädigung die Lenkung des Nah- und Fernverkehrs im Mutterland des Wirtschaftsliberalismus übernommen. Ab 1. April werden – zeitlich befristet – die Unternehmen als im Staatsbesitz befindlich geführt. Sollte es damit möglichst schnell vorbei sein, wenn der Impfstoff gefunden wird und wieder zum Chaos privatisierter Verkehrsträger zurückgekehrt werden?

Besser wäre, wenn dies unterbliebe, denn es gibt im Kapitalismus einige Bereiche, auf die alle angewiesen sind und die nicht nach dem Gesichtspunkt der Gewinnerzielung organisiert, sondern unter wirtschaftlicher Verwendung der Mittel an der Erfüllung der Aufgabe orientiert sein sollten: Nah- und Fernverkehr, Gesundheitswesen, Ausbildung, Museen, Staatsregierung.

Und es wäre doch noch besser, dass auch die übrige Wirtschaft in einer alle Bereiche demokratisch organisierenden Gesellschaft der Kontrolle der Arbeitenden unterläge und nach einem verabschiedeten Plan die Güter und Dienstleistungen zustande brächte, die wir brauchen und wünschen und wollen. Hoffentlich führt ein solch sozialistischer Rätestaat sich nicht als besserer Unternehmer auf, der die Erde zwei- bis dreimal verbraucht.

Jürgen Bönig schreibt Geisterbahn und wünscht sich inständig, dass die Wagen nicht wieder aufs alte Gleis zurückkehren, wenn sie mal richtig abgebogen sind.