Altbekanntes und Neues
Alles, was im Koalitionsvertrag der Ampel zur Schiene gesagt wird, läuft auf eine Fortsetzung der – klimapolitisch und sozial – kontraproduktiven Politik der Vorgänger-Regierungen hinaus. Mit Ausnahme der folgenden Passage: „Wir werden die Deutsche Bahn AG als integrierten Konzern inklusive des konzerninternen Arbeitsmarktes im öffentlichen Eigentum erhalten. […] Die Infrastruktureinheiten (DB Netz, DB Station und Service) […] werden innerhalb des Konzerns zu einer neuen, gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte zusammengelegt. Diese gehört zu 100 Prozent dem DB-Gesamtkonzern. Gewinne aus dem Betrieb der Infrastruktur verbleiben zukünftig in der neuen Infrastruktureinheit.“
Wenn dies umgesetzt wird, ist der DB-Konzern ein völlig anderer. Damit könnte Transparenz in einem Bereich hergestellt werden, inden pro Jahr mehr als fünf Milliarden Euro fließen. Vor allem wäre das die längst fällige Anpassung an die Wirklichkeit: Rund die Hälfte des Nah- und Güterverkehrs wird von Nicht-DB-Gesellschaften (private und öffentliche) geleistet. Es gibt seit langem keinen „integrierten Konzern“ mehr; die DB ist selbst eines von vielen Eisenbahnverkehrsunternehmen und hat nur noch im Fernverkehr ein Fast-Monopol. Der Fernverkehr wiederum ist, gemessen am gesamten Schienenverkehrsmarkt, minoritär – auch wenn er mit dem ICE als Flaggschiff am prestigeträchtigsten ist (in der Grafik oben sind die Proportionen korrekt wiedergegeben).
Die vorgesehene Reform würde – allein Deutschland betreffend – die DB auf die drei Eisenbahnverkehrsunternehmen Fernverkehr, Regio und Cargo reduzieren. Da Cargo massive Verluste einfährt, da diese Verluste höher sind als die (vor allem mit staatlichen Zuschüssen gespeisten) Gewinne von DB Regio, und da DB Fernverkehr ein Plus-Minus-Null-Ergebnis aufweist, schriebe der DB-Konzern nach einer solchen Reform im Inland rote Zahlen. Schließlich gehört nach diesem Konzernumbau die deutlich profitable Infrastruktur nur noch formal zum Konzern. Eine Gewinnabführung an die Holding ist dann unterbunden. Damit hätten alle Eisenbahnverkehrsunternehmen, also auch DB Regio, DB Cargo und DB Fernverkehr, Interesse an niedrigeren Entgelten für die Nutzung von Trassen und Bahnhöfen. Was der Schiene insgesamt zu Gute käme.
Vor diesem Hintergrund ist interessant, dass der Koalitionsvertrag zu den in erster Linie im Ausland aktiven Töchtern Schenker und Arriva schweigt. Dabei machen diese die Hälfte des DB-Umsatzes aus. Offensichtlich sollen diese, bislang überwiegend profitablen Bereiche zumindest zunächst beim Konzern bleiben. Die DB würde dann weiter als Einrichtung zur Unterstützung der deutschen Außenpolitik, dann unter Annalena Baerbock, dienen – Projekte wie Tren Maya in Mexiko inbegriffen (siehe Seite 25). Das wäre fatal. Der Verkauf aller großen Auslandstöchter bleibt notwendig wie eine Konzentration der DB auf die Schiene.
Wäre nach einem solchen Umbau des System Schiene in Deutschland ideal? Mitnichten! Es wäre nur eine Anpassung an die Wirklichkeit. Die Bedingungen zum Kampf gegen die zerstörerischen Großprojekte und gegen eine Höchstgeschwindigkeitsbahn könnten sich verbessern. Das Ziel, einer einheitlichen Bahn in öffentlichem Eigentum, ohne verlustreichen Schein-Wettbewerb und nach dem Vorbild SBB/Schweiz, bleibt erhalten.