Politische Eingriffe und ihre Grenzen
Noch immer dauert die Rezession an, die 2007 begann. Wie während der Großen Depression der Zwischenkriegszeit werden Autoritarismus, Isolationismus und Protektionismus zur offiziellen Regierungspolitik – wenn auch nicht notwendigerweise in allen Ländern.
In den 1920er und 30er Jahre waren es insbesondere Italien, Deutschland, Spanien, Griechenland. Aber diese Politik reichte weit darüber hinaus: 1930 vervierfachten die USA ihre Zölle mit dem Smoot-Hawley-Gesetz zunächst für landwirtschaftliche, dann auch für industrielle Waren.
Heute allerdings sind Protektionismus und Isolationismus nicht nur staatliche Politik. Private Unternehmen versuchen von sich aus, ihre Abhängigkeit von internationalen Lieferketten zu verringern und einheimische Zulieferer zu finden. Dieser Trend setzte mit der Pandemie ein, verstärkte sich mit den Kriegen in der Ukraine und in Gaza. Er entspringt einer unberechenbaren internationalen Situation. Die Dynamik der Globalisierung hat sich geändert. Zu erkennen ist dies am Verhältnis zwischen der Summe der internationalen Exporte und Importe einerseits und dem globalen Bruttoninlandsprodukt andererseits. Zwischen 1982 und 2007 stieg dieses Verhältnis um durchschnittlich 1,88 Prozent pro Jahr – zwischen 2007 und 2023 dagegen ging es jährlich um 0,07 Prozent zurück: Der Außenhandel wächst seit 2007 langsamer als die Weltwirtschaft.
Trumps Politik kam also nicht wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Sie hat Gründe, sie entspricht einem Trend nicht nur in den USA. Die Frage ist aber, ob sie erfolgreich sein kann. Zur Erinnerung: In seiner ersten Amtszeit scheiterte Trump mehrfach mit großen Vorhaben, sei es der Bau einer Grenzmauer zu Mexiko, die von der mexikanischen Regierung bezahlt werden sollte, sei es die Abschaffung von Obamacare, die Einführung hoher Zölle gegenüber China oder die Neuverhandlung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta, das nur in Cusma umgetauft worden ist.
»the most beautiful word … tariff«
Effekte des neuen US-Protektionismus sind aufgrund der internationalen Wechselwirkungen in einem System allgemeinen Ungleichgewichts nicht genau vorherzusagen. Eine Zollerhöhung um vielleicht 25 Prozent führt sicherlich zu Preiserhöhungen. Damit steigen die Steuereinnahmen. Ein Teil dieses Anstiegs wird für die Zinszahlungen auf die öffentlichen Schulden gebraucht, die aktuell bei problematischen 124 Prozent des BIP liegen. Die letzte Erhöhung des Schuldenlimits im Kongress Ende Dezember 2024 hat gezeigt, wie zugespitzt die Situation der öffentlichen Haushalte ist.
Größere Unruhe muss ein Blick auf den Aktienmarkt auslösen: Offensichtlich hat sich der S&P-500-Index weit von den Fundamentaldaten entfernt, gemessen an der Entwicklung der Profite von Kapitalgesellschaften in den USA. Anders als 1929 wird diese Blase heute nicht nur von Investoren aus den USA selbst, sondern von internationalen Anlegern genährt.

Die von Trump angekündigten Zölle werden die Preise in den USA erhöhen. Im Ergebnis werden auch die Zinsen steigen, was sichere Anlagen wie Staatspapiere für Investoren interessanter macht, Verschuldung verteuert und die Nachfrage nach Aktien senkt. Hochverschuldete Firmen wird es am härtesten treffen. Wenn diese Entwicklung vor allem in den USA erfolgt, ist ein deutlicher Rückschlag auf dem New Yorker Aktienmarkt sicher. Dann wird Präsident Trump seine Politik überdenken müssen. Anfang 2018 war es schon mal so weit, als die Fed, die US-Zentralbank, schrittweise ihre Zinsen erhöhte (»Tapering«).
Die Wallstreet und die großen IT-Konzerne, die »glorreichen 7« – Apple, Microsoft, Nvidia, Google, Amazon, Meta, und Tesla – haben die Wahl Trumps unterstützt. Die US-Regierung unterstützt das Stargate Projekt, ein neues Unternehmen, das Investitionen von 500 Milliarden Dollar in die Infrastruktur für die Künstliche Intelligenz realisieren soll. Staatliche Eingriffe und Investitionen seien unerlässlich, weil, so Elon Musk, dem privaten Sektor das Kapital für solche Unternehmungen fehle. Das war bei grundlegenden Innovationen immer so. Eine Steigerung der Aktienkurse stärkt die beteiligten Unternehmen, die mit der Reinvestition ihrer Profite den Wachstumsschub verstärken. Und die Zölle? Die Drohung mit Zollerhöhungen soll Konkurrenten unter Druck setzen. Die Umsetzung von Zollerhöhungen aber würde den US-Aktienmarkt bedrohen, was eine rasche Kursänderung erzwingen könnte.
Lektionen der Vergangenheit
Für ihre Anhänger verheißen die Zollerhöhungen eine Win-Win-Situation: geringere Importe einerseits, höhere Produktion und Beschäftigung im Inland andererseits. Doch Preiserhöhungen werden zu Zinssteigerungen in den USA führen, was Kapital aus aller Welt anzieht. Damit wird der Dollar gestärkt – und die Wirkung der Zollerhöhungen abgeschwächt, weil importierte Waren in Dollar billiger werden. Die Last der Zollerhöhungen wird so zum Teil mit den Handelspartnern geteilt. Und der starke Dollar könnte Reaktionen der Brics-Staaten provozieren, ein alternatives Handelssystem zu entwickeln, um ihre Abhängigkeit vom Dollar zu verringern.
Die aktuelle Zollpolitik der USA ist eher ein Zeichen von Schwäche als von Stärke. Im 19. Jahrhundert schützten die USA unter der Monroe-Doktrin ihre entstehende Industrie durch hohe Zölle. Als sie den Weltmarkt dominieren konnten, folgten sie einer Freihandelspolitik, die sie über das GATT ab 1948 und die WTO ab 1995 weltweit propagierten. Heute versuchen die USA, ihre verlorene Stärke durch Protektionismus zurückzugewinnen. Mit den Zollerhöhungen gestehen die USA ein, dass sie ihre einst überlegene Konkurrenzfähigkeit verloren haben. Aber es ist fraglich, ob das Rezept in der heutigen, anderen Lage wieder funktioniert.
Der aktuelle Protektionismus ist ein Versuch, die einheimische Industrie und Jobs vor der internationalen Konkurrenz zu schützen. Die bisher verfolgte neoliberale Politik wie Lohndruck und Steuersenkungen waren nicht erfolgreich. Deshalb wenden sich die USA neuen Technologien zu, künstlicher Intelligenz, Quantencomputern und vielleicht auch erneuerbaren Energien. Diese Technologien haben das Potential, ganze Branchen zu verändern und neue Märkte zu erschließen. Die USA wollen hier Wettbewerbsvorteile erzielen. Allerdings ist die Konkurrenz hart und der Erfolg alles andere als sicher.
Deshalb wird es nicht lange dauern, bis die Folgen der neuen Außen- und Zollpolitik sichtbar werden, die ersten Wirkungen machen sich schon bemerkbar. Die historische Erfahrung mit dem Smoot-Hawley-Gesetz von 1930 zeigt deutlich, dass solche umfangreichen Zollerhöhungen die Rezession nicht stoppen, sondern vertiefen. In der aktuellen Situation werden sie die geopolitischen Spannungen verschärfen und einen Zyklus von Vergeltungsaktionen starten, der die stagnierende Weltwirtschaft weiter belasten wird.
Lefteris Tsoulfidis ist Professor am Department of Economics der University of Macedonia in Thessaloniki in Griechenland.