Die Händler des Todes: Waffenexport

Aus: LunaPark21 – Heft 17

Rüstungsexporte sind einerseits Ausdruck der ökonomischen Stärke der jeweiligen Rüstungsindustrie, aber auch der politischen Stärke ihrer jeweiligen nationalen Homebase. Waffenlieferungen festigen politische Allianzen. Das kann erklären, warum die USA trotz des Rüstungsbooms in den Jahren der Bush-Präsidentschaft beim Waffenexport deutlich zurückfielen. Dieser Rückgang spiegelt die wachsende politische Isolierung der USA in diesen Jahren, aber auch die zunehmende Exportstärke von westeuropäischen Konzernen und die Rückkehr Russlands in den globalen Rüstungsmarkt. Während die USA in den 90er Jahren noch die unangefochtene Nr. 1 beim globalen Geschäft mit dem Tod waren, stieg im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts die EU zum Weltchampion in dieser zweifelhaften Liga auf (Grafik 5). Sie vereinigt zusammen mehr als ein Drittel der weltweiten Rüstungsexporte auf sich. Der Rückfall der USA ist beträchtlich: von über 50 Prozent in der 1. Hälfte der 90er Jahre auf rd. 30 Prozent in der 2. Hälfte des letzten Jahrzehnts. Vergleicht man dieses Jahrzehnt mit dem davor liegenden, so sank der Anteil von EU und USA zusammen um rd. 10 Prozent auf nunmehr knapp zwei Drittel der globalen Waffenexporte. Hauptgrund dafür ist die Rückkehr Russlands in das Rüstungsgeschäft.

Eine etwas detailliertere Untersuchung zeigt, dass diese Verschiebung der Relationen beim Waffenexport auf bedeutsame politische Um- und Neugruppierungen hindeutet. So stiegen die russischen Rüstungsausfuhren in die VR China mit dem Jugoslawienkrieg sprunghaft an und halten sich seither auf hohem Niveau: Rund 40 % der russischen Exporte gingen im Zeitraum 1999 bis 2008 nach China. Umgekehrt kommen 89 % aller chinesischen Rüstungseinfuhren aus Russland. Weitere 30 Prozent der russischen Kriegsprodukte gehen nach Indien, das im letzten Jahrzehnt rd. 80 % seiner importierten Waffen aus Russland bezieht – mit deutlich steigender Tendenz. Der drittgrößte Abnehmer russischer Rüstungsgüter ist Algerien (über 8 Prozent), das v.a. in den letzten Jahren seine Armee mit Hilfe russischer Lieferungen modernisierte. Hauptabnehmer für chinesische Waffen ist Pakistan; China bekommt dort aber in den letzten Jahren zunehmend Konkurrenz von den USA. Darüber hinaus liest sich die Reihe der Länder, die von China und Russland mit Waffen beliefert werden, wie das „who is who“ potentieller Militärinterventionen der USA bzw. des Westens: Iran, Syrien, Sudan, Venezuela.

Die Waffenexportstrategie der USA kennzeichnet, dass sich über 70 Prozent der Rüstungsgüter relativ gleichgewichtig auf strategische Brückenköpfe in zentralen Weltregionen bündeln: Japan, Südkorea und Taiwan in Ostasien; Kolumbien in Südamerika, Großbritannien und Griechenland in Europa. Im Nahen Osten hält man sich mehrere Eisen im Feuer: Israel, Ägypten, Türkei, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate (VAE) zählen zu den Großabnehmern.

Innerhalb der EU konzentrieren sich fast drei Viertel aller Rüstungsexporte auf vier Staaten: Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien. Dabei hat Deutschland in der zweiten Hälfte des letzten Jahrzehnts Frankreich als Nr. 1 abgelöst und sich deutlich an die Spitze gesetzt (siehe Grafik 6). Bei den Zielländern europäischer Waffenexporte zeigen sich folgende Schwerpunkte: Deutschlands eindeutiger Fokus liegt auf Griechenland und der Türkei, die zu jeweils 13 Prozent bedient werden. So nützlich können Spannungen fürs Geschäft sein. Zusätzlich fällt auf, dass Deutschland zum zweitgrößten Lieferanten für Israel hinter den USA aufgestiegen ist. Frankreichs Fokus liegt mittlerweile auf der Golfregion. Fast ein Fünftel aller Exporte geht an die Nahost-Despotien VAE und Saudi-Arabien. Letzteres ist – neben den USA – auch Zielland Nr. 1 für britische Rüstungsgüter.

Zwei Regionen verdienen besondere Aufmerksamkeit: zum einen der Nahe Osten. Mit seinem Ölreichtum ist er im Brennpunkt nicht nur westlicher Interventionen, sondern auch enormer Rüstungsströme. Fast ein Fünftel aller weltweiten Kriegswaffenexporte gehen in die Golfregion, davon stammen wiederum fast 80 Prozent aus den Rüstungsfabriken von USA und EU. Dabei haben sich die Gewichte verschoben. Der Anteil der USA sank von 63,8 Prozent (1991-2000) auf 48 Prozent (2001-2010), die Europäer steigerten ihren Anteil in den Vergleichszeiträumen von 22,5 Prozent auf 31 Prozent. Russland konnte sich auf knapp 10 Prozent fast verdoppeln. Nach dem Krieg gegen den Irak dient das westliche Engagement nun offensichtlich vollends der Konfrontation mit Syrien und Iran, die – auch rüstungspolitisch – mit Russland bzw. China verbunden sind. Der zweite große Magnet für Rüstungsströme befindet sich im Pazifik. Fast 15 % aller globalen Rüstungsexporte fließen nach Japan, Südkorea, Taiwan, Singapur und Australien. Quelle sind zu 97 Prozent die NATO-Staaten (67 Prozent USA, 29 Prozent EU). Fast die Hälfte aller westlichen Rüstungsexporte fließen in diese beiden Spannungsgebiete Nahost und Pazifik.

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