Der Alternativbericht CEDAW

Bezugnehmend auf den kombinierten siebten und achten Bericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW). Verfasst und zusammengestellt von der CEDAW-Allianz zivilgesellschaftlicher Organisationen in Deutschland. Der Alternativbericht liegt seit Anfang Dezember 2016 dem UN-CEDAW-Ausschuss vor, der die Einhaltung des Übereinkommens überwacht.

 

Was ist die CEDAW-Allianz? Ein Bündnis aus so ziemlich allen Verbänden (38 Allianz-Mitglieder),  die sich mit Frauenpolitik beschäftigen. Vom Deutschen Frauenrat, der die Initiative ergriffen hat, über agisra e.V., die Frauenbrücke Ost-West, die Initiative für einen geschlechtergerechten Haushalt, bis hin zu ver.di – Bereich Genderpolitik, um nur einige herauszugreifen? Sie alle eint das frauen- und gleichstellungspolitische sowie das menschenrechtliche Engagement. Ihr gemeinsames Ziel ist die Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur „Beseitigung jeder Form von Diskriminierung

der Frau“ (CEDAW) in Deutschland. Deshalb haben sie sich zusammengeschlossen und in meist ehrenamtlicher Arbeit den Bericht erstellt. Am 14.12.2016 wurde der Alternativbericht der Bundesregierung übergeben.

 

Was will der Bericht? Der kritische Alternativbericht setzt sich mit den Themen Bildung und Rollenstereotype, Erwerbsleben, Teilhabe und Gender Budgeting, Gewalt gegen Frauen,

Gesundheit und Internationales auseinander. Die zentrale Kritik ist nicht ganz neu. Ähnliches hatte der erste Gleichstellungsbericht der Bundesregierung der 2011 unter dem Titel „Neue Wege – gleiche Chancen erschien.“ Die Kritik lautet: Die Bundesregierung hat im Berichtszeitraum keine konsistente zielorientierte Gleichstellungspolitik verfolgt; die gesetzlichen Grundlagen sind in ihrer Reichweite begrenzt und bieten keinen umfassenden Schutz vor Diskriminierung. Die CEDAW-Allianz belässt es aber nicht bei der Kritik. Mit dem umfangreichen Bericht fordert sie die Bundesregierung zu einer konsequenten Umsetzung des UN-Übereinkommens auf. Sie verweist darauf, dass die Ergebnisse

des Alternativberichts zeigen, dass gute Vorsätze alleine nicht reichen sondern dass, will man Gleichstellung erreichen und Diskriminierung beseitigen, entschlossenes politisches Handeln notwendig wird. Auch braucht es AkteurInnen, die die notwendigen Prozesse unterstützen und kritisch begleiten. Besonders wichtig ist der Hinweis, dass entschlossenes politisches Handeln nicht nur in Deutschland, sondern überall dort notwendig ist, wo der Rechtspopulismus mit seiner rassistischen, frauen- und menschenfeindlichen Agenda auf dem Vormarsch ist. Darum geht es und wir brauchen feministische Utopien, wie das „gute Leben“ eigentlich aussehen kann, von dem viele emanzipatorische und linke Feministinnen träumen.

 

Nehmen wir das Kapitel 3: Erwerbsleben

Der Bundesregierung verweist in ihrem Bericht auf die Notwendigkeit der partnerschaftlichen Arbeitsteilung im beruflichen und familiären Bereich. Damit propagiert sie (scheinbar) das Earner-Carer-Modell, will heißen sie verabschiedet sich vom „Haupternährer-Hausfrauenmodell“, und arbeitet darauf hin, dass alle Menschen berufstätig sein sollen und im Laufe ihres Lebenslaufs immer wieder Sorgearbeiten (Carearbeiten) übernehmen. Dieses Modell will sie mit Zeit, Geld und Infrastruktur fördern. Die CEDAW-Allianz kritisiert das aus diesem Grund neu eingeführte Elterngeld, das zwar Anreize für Väter schafft, sich an den Carearbeiten zu beteiligen. Mütter und Väter ohne Einkommen erhalten jedoch nur ein Mindestelterngeld, das zudem noch auf die Leistungen der Grundsicherung angerechnet wird. In Wirklichkeit erhalten sie also gar nichts. Das will die Allianz ändern. Sie will auch die Fehlanreize, die das Ehegattensplitting für eine asymmetrische Partnerschaft fordert zugunsten einer Individualbesteuerung, wie sie in fast allen europäischen Ländern längst üblich ist, abschaffen. Eine Reihe anderer Maßnahmen zum Beispiel „lebensphasenorientierte Arbeitszeitgestaltung“ (…), die gesetzlich und kollektivrechtlich abgesichert“ ist und ebenso abgesicherte „Wahlarbeitszeitansprüche der Arbeitnehmer_innen“ soll die „Vereinbarkeit“ erleichtern. Warum fordert sie keine allgemeine Arbeitszeitverkürzung im Bereich der Vollerwerbsarbeit? Sie käme allen zugute, die außerhalb der Arbeitszeit Carearbeiten übernehmen wollen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Dauerbrenner. Dabei sind nur noch ca. ein Fünftel der Haushalte „Familienhaushalte“ und nicht alle haben ein „Vereinbarkeitsproblem“. Acht Millionen Menschen in der BRD leben ohnehin als Singles. Das Wissen, dass weder Familie noch Beruf in ihrer jetzigen Form geeignet sind, „beides“ zu vereinbaren, liegt in Form von vielen Studien seit langem vor. Das traditionelle Familienmodell wusste eine männliche Arbeitsbiografie mit einer lebenslangen Hausfrauen-oder Zuverdienerinnenexistenz zu verzahnen, nicht aber zwei Erwerbsbiografien mit zwei Sorgearbeitsbiografien. Wenn sich die Strukturen der Erwerbsarbeit „familienfreundlich“ gestalten sollen, muss sich auch die „kleine in sich geschlossene Familiendreieinigkeit – Mann, Weib und Kinder“ (Lily Braun, 1902) – ändern.

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