Brasilien, Lula und die Korruption

Lula und Dilma
(CC BY 3.0 BR) http://agenciabrasil.ebc.com.br/geral/foto/2014-10/dilma-rousseff-e-reeleita

Viele können einfach nicht loslassen. Zu Ihnen gehört Luiz Inácio Lula da Silva, allgemein nur Lula genannt. Lula ist jetzt 72 Jahre alt und war von 2003 und 2011 Präsident Brasiliens. Danach konnte er nicht wieder kandidieren und hielt sich an diese Regel der Verfassung. Seine Parteigenossin Dilma Rousseff wurde seine Nachfolgerin. Lula behielt jedoch eine wichtige Rolle und wollte immer, nach Ablauf der 8 Jahre für Dilma Rousseff, erneut Präsident werden.

Hiermit wird nicht gesagt, dass Dilma Rousseff eine Marionette Lulas war/ist. Sie verfolgte durchaus eigene politische Schwerpunkte. 2016 wurde Rousseff, unter fadenscheinigen Vorwänden, durch das Parlament ihres Amtes enthoben.

Weder sie noch Lula haben die 13jährige Regierungszeit der PT genutzt, die Partei zu demokratisieren und eine/einen jüngeren NachfolgerIn aufzubauen. Sie haben immer die Macht auf sich konzentriert. Dabei verstrickten sie ihre Partei immer tiefer in die korrupten Strukturen Brasiliens (vgl. Lunapark21 Heft 39, S. 12f).

Die Quittung folgte jetzt: Lula wurde in 2. Instanz zu 12 Jahren Haft wegen Korruption verurteilt. Damit könnte er einem von ihm selbst unterschriebenen Gesetz zum Opfer fallen, das Kandidaturen verbieten, wenn Personen in 2. Instanz wegen Korruption verurteilt wurden. Lula versucht trotzdem sich irgendwie bis zur Wahl und damit zur Immunität, falls er die Wahl gewinnt, zu retten, könnte dann aber vom obersten Gericht, wegen des zitierten Gesetzes, sofort wieder des Amtes enthoben  werden.

Trotzdem stehen seine Chancen gewählt zu werden gar nicht so schlecht. Umfragen sagen ihm einen klaren Wahlsieg voraus, auch nach dem Urteil. Ob er im Oktober aber noch auf freiem Fuß ist und/oder zur Wahl antreten kann, ist höchst ungewiss. Gelingt ihm dies nicht, hat die PT keine Chance die Wahl zu gewinnen.

Es geht Lula also mehr um sich selbst und um seine Macht, als um ein politisch emanzipatives Projekt für das die PT steht, oder zumindest in den ersten Jahren unter Lulas Regierung stand.

Nun wird kaum jemand behaupten, dass die Justiz in Brasilien ein Musterbeispiel von Unabhängigkeit ist. Sie steht sicherlich der brasilianischen Bourgeoisie näher als der PT und Lula. Wer das Verfahren gegen Lula aber einfach als politischen Prozess abtut und Lula damit für unschuldig erklärt, trifft den Kern der Sache nicht, auch wenn rechte Politiker weniger hart bestraft werden, oder erst bestraft werden, wenn sie keine Ämter mehr innehaben.

Juristisch ist die Sache sowieso klar: „Es gibt keine Gleichheit im Unrecht“ (z.B. BVerfGE 50, 142, 166). Niemand kann also argumentieren, weil jemand anders milder, später oder gar nicht wegen einer vergleichbaren Sache verurteilt wurde, muss Lula entsprechend milder, später oder gar nicht bestraft werden.

Ein politisches Urteil läge nur vor, wenn die Tatsachen, wegen derer Lula verurteilt wurde, erfunden wären, um ihn verurteilen zu können. Davon kann jedoch keine Rede sein. Der Baukonzern Odebrecht und der halbstaatliche brasilianische Mineralölkonzern Petrobas, in dessen Verwaltungsrat Dilma Rousseff lange Jahre vor ihrer Präsidentschaft saß, haben ein Korruptionsnetzwerk gesponnen in das alle politischen Parteien, unstreitig auch die PT Lulas fest eingebunden waren. Lula wurde verurteilt, weil er – oder jemand aus seiner Familie – ein Apartment im Wert von 690.000,- US-$ von OAS, einem Baukonzern, der zur Odebrecht-Gruppe gehört, erhalten hat. Dass Lula (und Dilma Rousseff) von all dem nichts gewusst haben, ist absolut unglaubwürdig.

Anstatt auf Lula zu setzen, hätte die PT besser daran getan an der Aufarbeitung der Korruption auch in ihren Reihen mitzuarbeiten, sich hiervon zu distanzieren und eine/n andere/n KandidatIn zu präsentieren. Jetzt dürfte es hierzu zu spät sein und die Herrschaft der Ultra-Rechten dürfte sich nach den Wahlen im Herbst fortsetzen.

Kein Wunder, dass die brasilianische Börse nach der Verurteilung Lulas einen Satz nach oben machte.

 

Thomas Fruth ist Mitglied der Redaktion von Lunapark21. Er hat den in Bezug genommenen Beitrag zum Korruptionsskandal Odebrecht in Heft 39, S. 12f verfasst.

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